Chronik

Nokia: Tops und Flops des finnischen Handy-Herstellers

So lief es bislang, wie geht es weiter?
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Den Trend zu Klapp-Handys hatte Nokia Mitte des zurückliegenden Jahrzehnts vollkommen verschlafen. Einige Versuche, doch noch in dieses lukrative Geschäft einzusteigen, gab es aber dennoch. Einer ist das Nokia 6170, das allerdings ohne erweiterbaren Speicher und, trotz viel Platz unter der Klappe, mit einem Mini-Display auf den Markt kam. Die Käufer überzeugte das wenig, sie hatten sich zumeist längst bei Samsung oder Sony Ericsson umgesehen oder wurden bei Motorola und dem Erfolgsmodell RAZR V3 fündig.

Flop: 2004 die Walkie-Talkie-Funktion Push-to-Talk

Mit Push-to-Talk sollte eine neue Zeitrechnung im Mobilfunk anbrechen. Die Technik funktionierte ähnlich wie CB-Funk, Sprachdaten wurden aber per GPRS, EDGE oder UMTS übertragen. Einzig T-Mobile und Base machten in Deutschland mit. Nokia stattete lange Zeit einige Mittelklasse- und Topmodelle mit Push-to-Talk aus, musste aber erkennen, dass sich der CB-Funk auf dem Handy nicht durchsetzten sollte. Im Sommer 2008 stellte T-Mobile dann das Angebot ein.

Top: 2005 das Foto-Smartphone Nokia N90

Nokia: Tops und Flops des finnischen Handy-Herstellers Nokia N90
Bild: Nokia
Nicht schlecht staunten Journalisten und Anwender vor sechs Jahren über das Nokia N90. Es richtete sich an Nutzer, die mit den bisherigen Handy-Kameras nicht zufrieden waren und bot eine 2-Megapixel-Kamera von Carl Zeiss mit Autofokus. Zudem ließ sich das Display wie bei einem Camcorder anwinkeln. Die Kamera war zudem drehbar und konnte so auch für Videotelefonie eingesetzt werden.

Top: 2006 das Messaging-Handy Nokia E70

Auch wenn sich das Konzept nicht durchsetzen konnte: Das Nokia E70 gefiel. Seine Besonderheit: Im zugeklappten Zustand sah es aus wie ein gewöhnliches Handy. Erst auf den zweiten Blick wurde ersichtlich, dass es eine horizontal ausklappbare Tastatur bot, die sich links und rechts vom Display niederließ und sich so per Daumeneingabe für längere Texte eignete. Zielgruppe: jugendliche Vielschreiber. An Bord waren außerdem UMTS und WLAN.

Flop: 2006 das Edel-Handy Nokia 8800

Nokia beliefert zwar schon seit langem die Handy-Designer von Vertu, wollte aber auch eine eigene Edelserie im Programm haben. Eines der Modelle war das Nokia 8800, ab 2006 in verschiedenen Editionen erschienen. Trotz des stolzen Preises von etwa 800 Euro musste es ohne Speicherkartenslot auskommen und gehörte zu den anfälligsten Geräten überhaupt: Softwarefehler, Tastatur- und Elektronikprobleme machten Nokia einen Strich durch die Rechnung. Und die zahlende Kundschaft war verärgert.

Flop: 2007 der Akku-Sünder Nokia N95

Vom Prinzip her war das Nokia N95 ein tolles Smartphone. Es brachte als erstes Nokia-Telefon einen GPS-Empfänger mit und fotografierte mit satten 5 Megapixel. Auch WLAN und HSDPA gehörten zur Ausstattung. Die Nutzer waren dennoch wenig erfreut. Denn nach wenigen Stunden war Schluss mit lustig und das N95 musste an die Steckdose. Meist überstand es nicht einmal einen Arbeitstag. Das kennen wir heute von Touchscreen-Boliden zwar auch, damals war es aber ein echter Aufreger. Erst mit einer neuen Firmware brachte Nokia die Probleme einigermaßen in den Griff. Der Nachfolger N96 baute auf der N95-Technik auf und bot sogar einen DVB-H-Empfänger. Zu dumm, dass sich das Handy-Fernsehen zum Flop entwickelte.

Top: 2008 der Business-Experte Nokia E71

Trotz zahlreicher Flops baute Nokia immer wieder gute Geräte. Eines ist ohne Frage das Nokia E71 mit einer Volltastatur im Blackberry-Design. Durch die lange Akkulaufzeit, eine gute Ausstattung mit HSDPA, WLAN und GPS und Software-Erweiterbarkeit war es besonders bei Geschäftsleuten sehr beliebt. Auch in Sachen Design schraubte sich Nokia mit dem E71 wieder etwas nach vorne, nachdem zuletzt viele Geräte als zu plastiklastig und unschick galten.

Flop: 2008 die Musikflatrate Comes with Music

Die Idee einer Musik-Flatrate war keineswegs schlecht, haben wollte sie aber trotzdem keiner. Zumindest nicht von Nokia. Und das, obwohl Nokia sie den Käufern gewisser Geräte fast kostenlos dazugab. Das Konzept funktionierte folgendermaßen: Kleiner Aufpreis zum Handy und unbegrenzte Musik für einen festgelegten Zeitraum. Da die Dateien aber mit einem DRM-Schutz versehen waren und somit nicht mit allen Geräten abgespielt werden konnten und auch noch Kosten für die Datenübertragung aufs Handys anfielen, konnte sich Nokia nicht gegen etablierte Musikhändler wie Apple (iTunes) oder Musicload durchsetzen. Anfang dieses Jahres stampfte Nokia den Dienst, mittlerweile unter dem Namen Ovi Music, ein.

Flop: 2009 Symbian goes Touchscreen

Datenblätter

Seit Ende 2007 war das Apple iPhone und die Bedienung eines Handys über Touchscreen in aller Munde – und Nokia brauchte noch bis Anfang 2009, um endlich ein Touchscreen-Gerät auf den Markt zu bringen. Das Nokia 5800 XpressMusic kam mit einem druckempfindlichen Touchscreen und hatte keine Chance gegen das iPhone, dennoch verkaufte es sich ordentlich. Problematisch war aber das Betriebssystem. Nokia hatte einfach das bekannte Symbian-System für Touchscreens angepasst – und das funktionierte mehr schlecht als recht. An den Komfort anderer Geräte kam die 5th Edition von Symbian S60 niemals heran. Mittlerweile wurde sie durch Symbian^3 abgelöst. Zwei Jahre zuvor hatte Nokia mit dem Betriebssystem Maemo schon einmal versucht, alles besser zu machen, war aber gescheitert. Maemo lief nur auf einem einzigen Smartphone-Modell, heißt mittlerweile MeeGo und gilt noch immer als einer der Hoffnungsträger im Hause Nokia.

Flop: 2009 der Netbook-Einstieg mit Booklet 3G

Um neue Geschäftsbereiche zu erschließen, stieg Nokia vor zwei Jahren ins lukrative Netbook-Geschäft ein. Das Booklet 3G war und ist ohne Frage ein mehr als ordentliches Netbook, kostete aber deutlich mehr als die Konkurrenzprodukte und bot wenig Mehrwert. Nokia warb verstärkt mit dem eingebauten Mobilfunkmodem, das gibts aber auch als USB-Stick für jedes andere Gerät.

Top: 2010 die kostenlose Navigation Ovi Maps

Nokia: Tops und Flops des finnischen Handy-Herstellers Nokia: Chronik der Tops und Flops
Grafik: teltarif.de
Zum Abschluss noch ein Top: Anfang 2010 verkündete Nokia, die hauseigene Navigationssoftware für Handys ab sofort kostenlos anzubieten. Das bedeutet: Wer ein bestimmtes Nokia-Gerät kauft, erhält die Software kostenlos dazu und kann sich Karten zur weltweiten Navigation bei Nokia herunterladen. Der Vorteil gegenüber Programmen wie Google Maps: Für die sprachgesteuerte Navigation mit Ovi Maps fällt kein Datentransfer an, was besonders im Ausland hohe Kosten vermeidet. Ovi Maps lässt sich auch auf günstigen Smartphones wie dem Nokia 2710.

Fazit: Vom Vorreiter zum Sorgenkind

Unsere objektive Auswahl und die Bewertung der einzelnen Highlights ist natürlich nicht möglich. Fest steht nur: Nokia hat in der Vergangenheit für einige Paukenschläge gesorgt und war in vielen bereiche vorne dabei. In den vergangenen Jahren verzeichnete der Hersteller jedoch auch einige Flops. Wir sind gespannt, wie der neue Kurs, den CEO Stephen Elop morgen früh auf dem Strategy and Financial Briefing in London verkünden wird, aussehen wird.

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