Interview

o2-Chef Haas: Regierung verantwortlich für schwache Netze

o2-Chef Haas plädiert für kostenlose Lizenzen gegen verbindliche Ausbauverpflichtungen. Gespartes Geld könnte in den Netzausbau fließen.
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Telefónica Deutschland (o2) Chef Markus Haas beim Kapitalmarkt-Tag von o2 Telefónica Deutschland (o2) Chef Markus Haas beim Kapitalmarkt-Tag von o2
Foto: Telefónica o2
Der CEO von Telefónica Deutschland, Markus Haas, hat der Bundesregierung eine Mitschuld an den Problemen im deutschen Mobilfunknetz gegeben. „Der bisherige Weg in Deutschland war falsch“, sagte Haas der heutigen Ausgabe der Wirtschaftszeitung Handelsblatt. Deutschland sollte wie in Frankreich die Lizenzen für den nächsten Mobilfunkstandard 5G kostenlos vergeben und dafür an Ausbauverpflichtungen knüpfen, in Fachkreisen spricht man vom "französischen Modell".

Haas gegen vierten Anbieter

Telefónica Deutschland (o2) Chef Markus Haas beim Kapitalmarkt-Tag von o2 Telefónica Deutschland (o2) Chef Markus Haas beim Kapitalmarkt-Tag von o2
Foto: Telefónica o2
Haas sprach sich gegen den Vorschlag von United-Internet-(1&1)-Gründer Ralph Dommermuth aus, ein weiteres Mobilfunknetz aufzubauen. „Wenn jemand glaubt, er löse die Infrastrukturprobleme in Deutschland mit einem vierten Netz, der ist aus meiner Sicht auf dem Holzweg“, stellte Haas klar. Ein neuer Wettbewerber werde keine Funklöcher schließen, sondern bestehende Investitionen entwerten. „Mit Blick darauf, dass Deutschland eine so schlechte Infrastruktur hat, muss sich die Bundesnetzagentur fragen, ob sie die Spielregeln nachträglich weiter verschärfen und die Netzbetreiber noch mehr schwächen will.“ Die Bundesnetzagentur hatte bereits angedeutet, dass eine direkte Vergabe nicht "gerichtsfest" sein könnte und besteht auf einer Auktion, die für die Anbieter jedoch "teuer" werden könnte.

Teure Lizenzen drosseln Netzausbau

Bei der legendären UMTS-Auktion (im Jahre 2000) hatte der deutsche Staat für sechs Lizenzen rund 50 Milliarden Euro eingenommen. Für jede einzelne Lizenz waren somit etwas über 8 Milliarden Euro zu zahlen. Unterstellt man Kosten für eine Basisstation von 200 000 Euro, hätte man dafür (rechnerisch) alleine 40 000 Stationen aufbauen können.

E-Plus: Aufwand unterschätzt

Gegenüber dem Handelsblatt räumte der Telefónica-Deutschlandchef ein, die Fusion mit E-Plus unterschätzt zu haben. „Die Komplexität, ein solches Vorhaben in Deutschland mit allen Genehmigungen umzusetzen, haben wir etwas unterschätzt“, sagte Haas. Bis Jahresende werde die 2014 angestoßene Integration abgeschlossen sein, versprach Haas.

Aktuell liegt Telefónica Deutschland mit rund 45 Millionen Mobilfunkkunden knapp vor den Konkurrenten Telekom und Vodafone. Im Oktober 2014 hatte Telefónica (o2) den Netzanbieter E-Plus übernommen. Im Geschäftsjahr 2017 erwirtschaftete das Unternehmen mit rund 9300 Mitarbeitern einen Umsatz von 7,3 Milliarden Euro.

Zu einem ähnlichen ablehnenden Ergebnis war die internationale Unternehmensberatung Redburn gekommen, die einen vierten Netzbetreiber für "nicht machbar" hält.

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