No More Local: o2 stellt lokalen Dienst ein
Aus mit lokaler Werbung: Der Dienst wird eingestellt.
Screenshot: teltarif.de
Im Jahr 2013 hat der Netzbetreiber o2 sein "o2 More Local" gestartet. Die Idee: Geschäfte, die in der Nähe liegen, können interessierten Kunden ihre Angebote übermitteln. Geht ein o2-Kunde durch die Hauptstraße und kommt in die Nähe eines Schuhladens, könnte doch eine SMS eintreffen, die darauf hinweist, das die lange gesuchten schicken Stiefel endlich lieferbar sind, und bei Nennung eines Codes aus der SMS gibt's noch ein paar Prozent Rabatt.
Einfaches System
Der Charme des Systems: Es funktionierte mit jedem einfachen Handy, ein GSM-Handy der ersten Generation reichte schon. Über die eingebuchte Sendestation weiß der Netzbetreiber ungefähr, wo sich der Kunde befindet und in größeren Städten sind Funkzellen ohnehin etwas kleiner, das passt schon so ungefähr.
Da man den Datenschutz beachten musste, wurde der Dienst stark beworben, denn interessierte Kunden mussten sich dafür explizit freischalten lassen. Kunden, die einen neuen Vertrag abgeschlossen haben, wurde der Dienst meist (offiziell nach Rückfrage und Zustimmmung) mitaktiviert, weil das dem Verkäufer ein paar Euro mehr Provision einbrachte.
Ein paar Beispiele
Eine SMS konnte auch so aussehen: Donnerstag ist o2 Kinotag. Ein Ticket kaufen, das zweite schenkt o2. Sie sind ganz in der Nähe: Cineplex Rundkino, Prager Str. 6. Gleich hier Gutscheincode sichern: bit.ly/o2_kinotag und einen Film Ihrer Wahl genießen. Mehr zu o2 More Local: g.o2.de/local
Eine andere: Noch nicht gefrühstückt? Starten Sie mit dem extra leckeren All you can eat-Frühstücksbuffet der XY Hotels für nur 10 Euro in den Tag. Von 6.30-10 Uhr. Sie befinden sich ganz in der Nähe: XY Hotel Dresden, ZZ Straße 5. Kommen Sie vorbei. Einfach SMS vorzeigen. Mehr zu o2 More Local: (Link entfernt)
Dabei wurde ein Hotel oder Kino in der Nähe des o2-Kunden ausgewählt, falls vorhanden.
Sogar Werbung per MMS
Der Autor bekam einst von o2 More Local eine MMS mit Bild zugeschickt, dass es bei einer bekannten Burger-Brat-Kette wenige Meter entfernt einen Rabatt gäbe. So steuerte er diesen Laden mit dem Auto an, bestellte und beim Bezahlen stellte sich heraus, dass im Bild der MMS nach Hochvergrößerung eine "PLU"-Nummer enthalten gewesen wäre, die für den Rabatt entscheidend gewesen wäre. Der Burger-Brater war pragmatisch und verschenkte als Kompensation jede Menge Gutscheine, für einen späteren erneuten Besuch.
Kassenzettel einschicken
Wer beim Bekleidungsladen H&M einkaufen ging und einen Kassenzettel über 30 Euro fotografierte und an o2 schickte, konnte 1 GB freies Datenvolumen bekommen. Wie erfolgreich diese Aktion am Ende war, wurde nie bekannt.
SMS kündigt Ende an
Aus mit lokaler Werbung: Der Dienst wird eingestellt.
Screenshot: teltarif.de
In diesen Tagen erhalten Kunden, welche diese Option gebucht haben, folgende SMS:
"Lieber o2 Kunde, der kostenlose Service o2 More Local, mit dem Sie standortbezogen besondere Angebote erhalten haben, wird zum 30.4.2020 eingestellt. Deshalb müssen wir den Service hiermit zu diesem Datum kündigen. Die Beendigung des Services verläuft automatisch, Sie müssen nichts weiter tun. Danke für Ihr Verständnis. Ihr o2 Team“
Hintergründe vorerst unklar
Warum das Angebot eingestellt wurde, kann nur vermutet werden. Offenbar gab es zu wenige Unternehmen, die auf diesem Kanal werben wollten, und für die Kunden gab es zu selten oder gar nie "passende" Angebote, weswegen o2 nach immerhin sieben Jahren diese Hoffnungen auf neue Geschäftsmodelle aufgegeben hat.
Vielleicht ist es auch ein gesteigertes Datenschutzbewusstsein, dass die Kunden zögern oder ablehnen lässt. Die gesammelten Datenmengen lassen sich natürlich dazu nutzen, um zum Kauf einer Tasse Kaffee oder von Schuhen zu verführen. Mit bösem Willen könnte man daraus auch einen Strick drehen: Wenn ein Nutzer sehr oft Kaffee trinkt und dabei viel Kuchen isst, könnte die Krankenversicherung sich weigern, eine Behandlung wegen Herzproblemen, Übergewicht oder Diabetes zu bezahlen. Mit den gewonnenen Informationen könnten auch Wahlen beeinflusst werden, indem man den Wählern zielgruppengerechte Versprechungen macht. Das wird beispielsweise in den USA vermutet, wo die Firma Cambridge Analytica mit Daten aus Facebook den Wahlkampf des späteren Gewinners Trump datentechnisch "versorgt" hat.
Update 19:10 Uhr: o2 bestätigt Einstellung
Soeben bestätigte uns eine Sprecherin von o2 die Einstellung des Dienstes. Ein Nachfolge-Dienst sei nicht geplant. Ende des Updates