Stationärer Handel

Gesichtserkennung im Supermarkt

Vorm Nudelregal gibt es das aktuelle Spaghetti-Angebot aufs Handy und auf jedem Apfel klebt ein Strichcode mit genauen Herkunftsdaten. Mit mehr Transparenz und immer genaueren Angeboten für Kunden geht der Handel in die Offensive.
Von dpa / Stefan Kirchner

Stationärer Handel digital Der stationäre Handel in Deutschland will digital stärker aufrüsten
Foto: picture alliance / dpa
Der Kampf um den gläsernen Kunden gegen dem boomenden Onlinehandel geht in die nächste Runde: Nur wer den Verbraucher genau kennt, kann mit dem pass­genauen Angebot punkten und so mehr Umsatz erzielen, beschwören Firmen. Ganz gleich, ob es um ein Angebot für Spaghetti im preis­günstigen Doppelpack, Duschgel mit 30 Prozent Rabatt oder Einladungen zum exklusiven Shopping-Event geht.

Bei ihrem Angebot sollen die Läden dagegen künftig auf mehr Transparenz für Kunden setzen. So soll ein Aufkleber mit einem Strichcode für die Nachverfolgbarkeit von Produkten nach den Plänen des Kölner Unternehmens GS1 noch dieses Jahr auch auf Obst und Gemüse in den Auslagen vieler Läden zu finden sein. Das Unternehmen vermarktet bereits Strichcodes für das Kassieren und die Kennzeichnung von Fleisch und Fisch.

Kundendaten im Blickfeld

Stationärer Handel digital Der stationäre Handel in Deutschland will digital stärker aufrüsten
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Vor allem die Sammlung und Nutzung von Kundendaten sei für viele stationäre Händler zum Thema geworden, sagt Regina Haas-Hamannt, Leiterin Innovation bei GS1. Der deutsche Ableger des US-Unternehmens will mit einem am Montag in Köln vorgestellten Trainings-Supermarkt stationären Händlern einen Blick in die Zukunft ermöglichen. Träger des Unternehmens sind unter anderem Handel und Industrie.

Während die Analyse des Einkaufs­verhaltens für viele Online-Anbieter schon längst selbst­verständlich ist, hat der stationäre Handel dort nach Einschätzung von Experten noch Nachhol­bedarf. Kunden des Unternehmens seien große Discounter ebenso wie Supermärkte und kleinere Händler, sagt Haas-Hamannt.

Mit Kameras zur Gesichts­erkennung in einigen Läden der Supermarkt­kette Real hatte der Düsseldorfer Handels­konzern Metro zuletzt für Aufsehen gesorgt. Um ziel­gerichtete Werbung anbieten zu können, wird dabei der Blick­kontakt der Kunden mit der Kamera aufgezeichnet. Datenschutz­rechtliche Probleme sehe man nicht, betonte Metro-Chef Olaf Koch jüngst. Auch nach Einschätzung des Bayerischen Landesamts für Datenschutz­aufsicht ist der Vorstoß unbedenklich, wie das Handelsblatt berichtete. Eine Identifizierung des Kunden dürfe es bei dem Kameraeinsatz aus rechtlichen Gründen ohnehin nicht geben, erklärt Haas-Hamannt.

Automatisierung der Einkaufserfahrung

In dem Trainings-Supermarkt von GS1 gibt der Kunde hingegen beim Betreten mithilfe seines Handys seine Daten preis und erhält im Gegenzug per App prompt ein individuelles Rabatt-Angebot. Wer bereits von zu Hause aus sein Abendessen geplant hat, erhält Vorschläge für Zutaten. Wenn etwas im Regal fehlt, bekommt es der Kunde automatisch nach Hause geliefert. Und beim Verlassen des Ladens wird die Rechnung für die Einkäufe schon vom Konto abgebucht. Für all das muss der Kunde zuvor allerdings sein Einverständnis erklärt haben.

Experten wie Kai Hudetz vom Kölner Institut für Handels­forschung sehen in dem Trend nicht nur eine Rückbesinnung auf das alte Tante-Emma-Prinzip im digitalen Zeitalter, sondern auch eine Waffe im Überlebens­kampf vieler Läden. "Wir glauben, dass die genaue Kenntnis des Kunden ein Schlüssel ist. Dafür brauchen wir mehr Daten", sagt der Forscher. Für viele kleine Boutiquen oder auch Tante-Emma-Läden sei es schon früher ein Erfolgs­rezept gewesen, die Bedürfnisse der Kunden genau zu kennen. Sparrunden mit immer weniger Personal in den Läden hätten dies jedoch zunichte gemacht.

Amazon als Wachstumsmotor?

Der US-Angreifer Amazon, der in den stationären Handel drängt, zwinge die Branche zurück zu den Wurzeln, meint Hudetz. Auch große Handels­unternehmen hätten mittlerweile unter dem Druck des Online-Handels begonnen, das Thema mit Hochdruck zu verfolgen.

Mit der Kundenkarte ist seit langem ein Klassiker unter den Systemen zur Datensammlung im Einsatz. Laut einer Studie der Unternehmens­beratung Nielsen sammeln fast drei Viertel der Deutschen Punkte. Treibende Kraft hinter dem Interesse der Verbraucher an Kundenbindungs­programmen und Treue­aktion seien oft finanzielle Vorteil wie etwa Rabatte, erläutert Nielsen-Chef Ingo Schier. Künftig könnten ganz neue Modelle dazukommen.

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