Themenspezial: Verbraucher & Service Boom

Online-Shopping: Zoll kontrolliert massenhaft Päckchen

Der Zoll hat wegen des Booms im Online-Shopping viel zu tun. Die Beamten kontrollieren im Postzentrum Niederaula Sendungen aus aller Herren Länder. Nicht selten findet er Waffen, Fälschungen und fragwürdige Medikamente.
Von dpa / Marleen Frontzeck-Hornke

Heiße Waren aus dem Internet - Zoll kontrolliert massenhaft Päckchen Heiße Waren aus dem Internet - Zoll kontrolliert massenhaft Päckchen
Bild: dpa
Säckeweise türmen sich die Post­sendungen aus aller Welt in großen Roll­behältern vor den Förder­bändern. Durch den wachsenden Internet­handel ist das Arbeits­aufkommen im Inter­nationalen Postzentrum (IPZ) in Niederaula rasant gestiegen. Das IPZ in Osthessen ist nach dem Post­zentrum im Frankfurt eines der größten bundesweit, wie der Zoll erklärt. Verarbeitet werden auf dem riesigen Areal in Niederaula vor allem kleinere Sendungen wie Maxibriefe oder Päckchen. Das aber in großer Zahl: 1,2 Millionen Sendungen laufen pro Monat auf.

Und die Zahl steigt wegen der Einkäufe im Web pro Jahr um 15 Prozent. Durch den Boom im Online-Geschäft haben auch die Beamten mehr Arbeit. Die Zöllner entdecken vermehrt Waffen, gefälschte Konsumgüter, Medikamente und gefährliche Waren, die nicht den Richtlinien der Produkt­sicherheit entsprechen.

Zoll macht kuriose Funde

Heiße Waren aus dem Internet - Zoll kontrolliert massenhaft Päckchen Heiße Waren aus dem Internet - Zoll kontrolliert massenhaft Päckchen
Bild: dpa
Die Zöllner machen bei ihrer Arbeit zuweilen auch kuriose Funde - obwohl sie mühsam getarnt oder versteckt wurden. Entdeckt wurde schon seltene, unter Artenschutz stehende Kakteen. Sie befanden sich verborgen in mexikanischen Folklore-Puppen. Kokain in Filzstiften, gefährliche Chemikalien und sogar radioaktiv strahlende Stoffe waren schon dabei.

Aufmerksamkeit erregen auch Sexspiel­zeuge aus Asien, die wegen mangelnder Produkt­sicherheit aus dem Verkehr gezogen werden. Besonders viel Post kommt mittlerweile aus China, laut Zoll sind es rund 70 Prozent der monatlich 1,2 Millionen Sendungen.

Die Zahl der beanstandeten Päckchen - ganz gleich woher - steigt pro Jahr um etwa 25 Prozent, wie Zoll­oberinspektor Mario Wild sagt. Die Personal­situation spitze sich deswegen immer weiter zu. Sein Kollege Michael Bender erklärt: "Bei den Massen an Postsendungen kann hier nur risiko-orientiert kontrolliert werden. Alles in Augenschein zu nehmen, und hundert­prozentige Sicherheit zu gewährleisten, ist unmöglich."

Verbotene Waren aufspüren

Welche Postsendungen Verdacht auf sich ziehen und kontrolliert werden - das beruht auf Erfahrungs­werten, wie Wild sagt. Einzelheiten möchte er nicht verraten. Dienstgeheimnis. Aber manch eine verdächtige Sendung lässt sich bereits ertasten. So zeigt Wild einen gepolsterten Umschlag. In ihm befinden sich Schlagringe. Immer wieder entdeckt werden auch Messer, Präzisions­schleudern und Stahlruten. "Diese Fälle werden dann zur Straf­verfolgung an die Staats­anwaltschaft gegeben."

In anderen Fällen ist es schwieriger, verbotene Waren aufzuspüren. Massenhaft werden auch Medikamente, Aufputsch- und Potenzmittel durch die Welt geschickt. Zolloberinspektor Wild überprüft eine verdächtige Sendung mit einem Röntgengerät, wie man es von Handgepäck-Kontrollen im Flughafen kennt. Auf dem Monitor sind deutlich kleine Ampullen zu erkennen. "Vermutlich Wachstumshormone", sagt Wild, als er den Inhalt des geöffneten Päckchens prüft.

Besonders häufig entdeckt werden auch Diätprodukte mit fragwürdigen Inhaltsstoffen oder Potenzmittel. "Vieles davon stammt aus China, Indien und Pakistan. Diese Präparate einzunehmen, ist lebens­gefährlich. Sie können alles Mögliche enthalten", warnt Wild. Wer solche Pillen privat bestellt, den erwarte ein Bußgeld. Wer in gewerblichen Mengen ordert, gegen den wird ein Verfahren eröffnet.

Verstöße gegen die Produktsicherheit

Das zahlenmäßig größte Problem sind für den Zoll die Verstöße gegen die Produktsicherheit, etwa wenn das CE-Zeichen auf den Waren fehlt oder es gefälscht wurde. Elektro- und Technikartikel, Werkzeuge und auch Spielzeuge sind oft davon betroffen. Sie werden beanstandet, weil sie für den Nutzer gefährlich werden können. Der Zoll sei hier zum Schutz der Verbraucher aktiv, erklärt Bender.

Eine gewaltige Welle an Arbeit erreichte den Zoll durch den kurzzeitigen Hype mit Fidget Spinnern. Bei den kleinen Handkreiseln handelt es sich um Spielzeug. Auch für sie gelten besondere Einfuhr­vorschriften. Dabei geht es hauptsächlich darum, dass das Spielzeug sicher sein muss. Aber der Löwenanteil der meist aus Asien stammenden Handkreisel blieb bei den Zoll­kontrollen hängen. Etwa 18000 Bestellungen pro Woche seien im Sommer aus dem Verkehr gezogen worden, erklärt Wild.

Die Sendungen wurden wieder zurückgeschickt - sie wiesen zum Beispiel leicht abbrechende oder scharfkantige Teile auf. Doch der Handkreisel-Hype ist mittlerweile abgeflaut.

Markenschutz und gefälschte Produkte

Tätig wird der Zoll auch, wenn es um Markenschutz und gefälschte Produkte namhafter Hersteller geht. Nachgemachte und zu günstigen Preisen angebotene Kleidung, Schuhe, Taschen, Parfüm und Accessoires werden entdeckt. Zoll­oberinspektor Wild hält eine Sonnenbrille eines italienischen Modelabels in der Hand, nachdem die Sendung von der Post für ihn geöffnet wurde. "Die ist auch gefälscht", sagt er mit Kennerblick. Er vermisst zum Beispiel das CE-Zeichen. Das gesetzlich vorgeschriebene Prüfzeichen bezeugt vereinfacht gesagt, dass das Produkt den Handels­anforderungen der EU entspricht.

Wenn bei einer Kontrolle alles glatt läuft, werden die Postsendungen mit einem grünen Aufkleber versehen. Darauf steht: Zollamtlich abgefertigt. Die Postsendung kann zugestellt werden.

Die Zöllner bemerken bei Kontrollen auch immer wieder, dass verschickte Waren auf den beiliegenden Rechnungen günstiger gemacht werden, um Steuern zu sparen. Für alles über 22 Euro - dort liegt die Wertgrenze - werden Abgaben erhoben. Daher müssen die Beamten auch häufig Plausibilitäts­prüfungen und Internet-Recherchen zur Preisermittlung vornehmen. In 4000 bis 5000 Fällen pro Monat werden die Empfänger deswegen im Nachhinein zur Kasse gebeten. "Daher hat die Arbeit des Zolls auch einen monetären Aspekt", sagt Wild. Das bedeutet: Es kommen zusätzlich Steuer­einnahmen in die Staatskassen.

Mehr zum Thema Online-Shopping