Beschlossen

Facebook, Google & Co. bekämpfen Online-Terror besser

Ein Terror­anschlag mit Toten auf der Live­streaming-Platt­form von Face­book - das soll es künftig nicht mehr geben. Branchen­riesen stellen konkrete Schritte und Inves­titionen in Aussicht.
Von dpa /

Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, und Jacinda Ardern, Premierministerin von Neuseeland, geben nach dem Christchurch-Gipfel eine Pressekonferenz. Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, und Jacinda Ardern, Premierministerin von Neuseeland, geben nach dem Christchurch-Gipfel eine Pressekonferenz.
Bild: dpa
Im Kampf gegen Terror­videos im Netz haben Inter­netgi­ganten wie Amazon, Face­book oder Google und 17 Staaten ein inter­natio­nales Bündnis geschmiedet. Anlass für den "Christ­church-Gipfel" in Paris war der Terror­anschlag in Neusee­land Mitte März mit 51 Toten. Der Täter über­trug seinen Angriff mit einer Helm­kamera über Face­book zu großen Teilen live ins Internet. Davon gibt es auch ein insge­samt 17-minü­tiges Video, das millio­nenfach ange­klickt wurde.

"Es ist das erste Mal, dass Regie­rungen und Technik­unter­nehmen zusam­menkommen", sagte die neusee­ländi­sche Premier­minis­terin Jacinda Ardern. Sie hatte gemeinsam mit Frank­reichs Staats­chef Emma­nuel Macron die Initia­tive ange­stoßen. "Wir haben konkrete Maßnahmen beschlossen, damit sich ein Drama wie in Christ­church nicht wieder­holen kann", sagte Ardern am Mitt­woch.

In dem Aufruf wird versi­chert, dass die Grund­sätze eines freien und offenen Inter­nets sowie die Meinungs­frei­heit respek­tiert werden.

Micro­soft, Twitter, Face­book, Google und Amazon machen mit

Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, und Jacinda Ardern, Premierministerin von Neuseeland, geben nach dem Christchurch-Gipfel eine Pressekonferenz. Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, und Jacinda Ardern, Premierministerin von Neuseeland, geben nach dem Christchurch-Gipfel eine Pressekonferenz.
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Die Internet-Unter­nehmen Micro­soft, Twitter, Face­book, Google und Amazon begrüßten die Initia­tive und stellten mehr konkrete Schritte sowie Inves­titionen zum Kampf gegen Terror-Inhalte im Netz in Aussicht. Sie betonten zugleich, dass es hier um komplexe Probleme gehe, bei denen die gesamte Gesell­schaft gefor­dert sei. Die Unter­nehmen sagten laut Aufruf zu, Inhalte mit terro­risti­schem Inhalt sofort zurück­zuziehen.

Deutsch­land gehört nach fran­zösi­schen Angaben zu den insge­samt 17 Ländern, die den Aufruf mittragen. Weitere Staaten sind Kanada, Groß­britan­nien, Austra­lien und Japan. Die Regie­rung von US-Präsi­dent Donald Trump schloss sich hingegen nicht an. Das Weiße Haus erklärte, man unter­stütze zwar die grund­legenden Ziele, sei aber derzeit nicht in der Lage, den Aufruf mitzu­tragen. Die Hinter­gründe blieben zunächst offen. Die "Washington Post" berich­tete, Mitar­beiter der Regie­rungs­zentrale hätten Bedenken geäu­ßert, dass das Papier mögli­cher­weise gegen den 1. Zusatz­artikel der US-Verfas­sung verstoße. Dieser unter­sagt es dem Kongress, Gesetze zu verab­schieden, die die Meinungs- und Pres­sefrei­heit einschränken.

Regel­verlet­zungen bei Face­book härter bestraft

Face­book kündigte pünkt­lich zum "Christ­church-Gipfel" neue Einschrän­kungen für die Platt­form an. So sollen Nutzer schon nach einer schwer­wiegenden Regel­verlet­zung "eine bestimmte Zeit lang" keine Live-Videos über­tragen dürfen. Als ein Beispiel-Zeit­raum für eine Sper­rung wurden 30 Tage ange­geben. Als Beispiel für einen schwer­wiegenden Regel­verstoß nannte Face­book die Weiter­leitung eines Links zu einer Mittei­lung einer Terror­gruppe ohne Einord­nung.

Mehrere Staats- und Regie­rungs­chefs waren nach Paris gekommen, unter ihnen Jorda­niens König Abdullah II. oder Kanadas Premier Justin Trudeau. Deutsch­land war laut Élyséekreisen als Beob­achter einge­bunden. Macron hatte bereits in der vergan­genen Woche mit Face­book-Chef Mark Zucker­berg über den Kampf gegen Hass im Netz beraten.

Frank­reich führt im laufenden Jahr die Runde der großen Indus­trie­staaten (G7). Zudem wurde das Land in den vergan­genen Jahren schwer vom isla­misti­schen Terro­rismus getroffen - rund 250 Menschen wurden getötet.

Algo­rithmen beein­flussen die Gesell­schaft

Ardern sagte, der soge­nannte Christ­church-Appell sei nur ein Ausgangs­punkt: "Wir werden das nicht mit einer Erklä­rung regeln." Es gehe nicht um die Offen­legung von Geschäfts­geheim­nissen der Unter­nehmen. "Wir müssen jedoch wissen, wie Algo­rithmen unsere Gesell­schaften beein­flussen können."

Mit dem Wort Algo­rithmus wird eine Reihe von Anwei­sungen bezeichnet, die in Compu­tersys­temen ausge­führt werden, um ein Problem oder eine Aufgabe zu bewäl­tigen. Die Algo­rithmen von Face­book hatten zum Teil Probleme, von Nutzern neu hoch­gela­dene Kopien des Christ­church-Videos zu entde­cken, wenn sie etwas verän­dert worden waren. Face­book will nun in einem 7,5 Millionen Dollar teuren Forschungs­projekt gemeinsam mit Wissen­schaft­lern die Bild­erken­nung in Video­aufnahmen verbes­sern.

Neusee­land hatte nach dem Anschlag des austra­lischen Rechts­extre­misten rasch gehan­delt und Sturm­gewehre und halb­auto­mati­sche Waffen verboten.

Europa war bisher im Kampf gegen Terror­propa­ganda im Netz nicht tatenlos. Die EU-Kommis­sion schlug 2018 vor, Inter­netfirmen unter Andro­hung empfind­licher Strafen zum raschen Löschen zu zwingen. Bei mehr­maligen Verstößen drohen dem Vorschlag zufolge Geld­bußen. Dies ist aller­dings noch nicht gültiges Recht, da die EU-Staaten und das Euro­papar­lament sich noch auf eine gemein­same Posi­tion einigen müssen.

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