Digitalradio

Qual der Wahl beim zweiten DAB+-Bundesmux

Die Landesmedienanstalten stehen vor einer schwierigen Aufgabe: Bis spätestens Juni wollen sie einem Plattformbetreiber die Lizenz für den zweiten DAB+-Bundesmux erteilen. Inzwischen sind mehr Details zu den Bewerbern bekannt.
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Digitalradios mit DAB+ werden immer beliebter Digitalradios mit DAB+ werden immer beliebter
Bild: Imperial/Telestar
Vier Bewerber haben sich – wie berichtet – auf die Ausschreibung für den zweiten Bundesmux beworben. Die Landesmedienanstalten stehen nun vor einer schwierigen Aufgabe, denn die Bewerberkonzepte sind hochkarätig. Für den Markt am besten wäre eine Einigung mehrerer Bewerber. Diese zeichnet sich jedoch bisher nicht ab.

Radi/o Digital GmbH plant Spartenkanäle

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Bild: Imperial/Telestar
Die Radi/o Digital GmbH hat sich überraschend als Plattformbetreiber für den zweiten DAB+-Bundesmux beworben. Jetzt hat Ulrich Ende, früherer Geschäftsführer des Nachrichtensenders N24, als Mitinitiator gegenüber teltarif.de weitere Details des Konzeptes verraten. Im Gegensatz zur Bewerbung von Absolut Digital, das sich mit 16 Musikkanälen positionieren will, plant Ende Kanäle, die vor allem mit Inhalten glänzen sollen: "Radio lebt von Personality und Inhalten. Musikplaylisten suchen sich junge Leute dagegen heute im Internet".

Innerhalb von zwölf Monaten sollen zunächst acht Programme auf Sendung gehen, die Reichweite soll zum Start weg rund 50 Prozent der Bevölkerung betragen. Geplant ist ein Start in Großstädten und Ballungsgebieten sowie entlang der wichtigsten Autobahnen.

Programmlich sind unter anderem ein Sender für Frauen, ein gesellschaftsrelevantes Wortprogramm mit Talkthemen, ein Jugendprogramm für "Digital Natives" von 12 bis 21 Jahren sowie ein "Überraschungsradio zum Thema Sport" geplant. Laut Ende habe die GmbH eine solide Finanzierungsgrundlage, um die Anfagskosten von rund fünf Millionen Euro pro Jahr zu stemmen. Die Vermarktung der Spartenprogramme soll über die Airmotion Media, ein Spezialdienstleister für kontextrelevante und native Werbeformen, laufen.

Bei den Wortbeiträgen soll es eine Kooperation mit der digitalen Nachrichtenagentur spot-on-news geben. Ende hat ferner angekündigt, dass die GmbH dem Verein Digitalradio Deutschland beitreten will. Obwohl das Business-Modell darauf ausgelegt ist den gesamten Mux alleine zu betreiben, verschließe man sich möglichen Einigungsgesprächen mit Mitbewerbern nicht, so Ende.

In einen Multiplex passen aber bis zu 16 Kanäle. Da die Radi/o Digital GmbH nur acht Programme selbst plant, spekulieren Branchenkenner darauf, dass die Hälfte des Muxes treuhändisch für einen weiteren Veranstalter verwaltet wird. Das könnte der Hamburger Bauer-Verlag sein, der zuvor als potenzieller Plattformbetreiber gehandelt wurde, sich aber nicht direkt beworben hat. Bauer bringt große Radioerfahrungen mit und betreibt zahlreiche DAB/DAB+-Sender in Großbritannien und Skandinavien.

Media Broadcast: Potenzielle Anbieter stehen Schlange

Den größten Anbieter-Pluralismus dürfte das Konzept der Media Broadcast mit sich bringen. Der Netzbetreiber will ein Bouquet vor allem mit bekannten Veranstaltern schnüren, die nicht auf dem ersten Bundesmux vertreten sind. Hierfür stehen potenzielle Anbieter geradezu Schlange: Bestätigt haben ihr Interesse bereits die Rock Antenne (Antenne Bayern), Kultradio (Bayern) und Domradio (NRW), gehandelt werden auch weitere Namen wie die Schlagerwelle radio B2, der Kindersender Radio Teddy, Jazzradio (Berlin), die Alternative-Welle egoFM oder planet radio, der Jugendsender von HitRadio FFH aus Hessen.

Initiator des zweiten Bundesmuxes ist der Leipziger Immobilienunternehmer Steffen Göpel. Dieser plant 16 bundesweite Programme: Bestehende private Angebote, aber auch neue Sender von Göpels Unternehmen "Digital Audio Broadcast Plattform GmbH", deren Formate noch nicht auf dem ersten Multiplex vertreten sind. Die neuen Angebote sollen keine reinen Musikstreams, sondern moderierte Programme sein, berichtet das Branchenfachblatt „text intern“. Media Broadcast wäre im Falle, dass Göpel zum Zuge käme, nicht Plattformbetreiber, sondern der technische Anbieter für das neue Programmbouquet.

Bis April haben Bewerber Zeit sich zu einigen

Für eine etwaige Einigung haben die Bewerber bis Ende April Zeit. Sollten sich alle vier untereinander einigen, könnte die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der Medienanstalten schon in ihrer Sitzung am 16. Mai eine Entscheidung treffen. Sollte es dagegen keine Einigung zwischen allen Antragstellern geben, was zu erwarten ist, muss die Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) der Medienanstalten eine Auswahlentscheidung treffen. Das soll voraussichtlich am 6. Juni geschehen. Der zweite Bundesmux soll mittelfristig über den bundeseinheitlichen Kanal 5A verbreitet werden. Da dieser aber aufgrund von Interferenzen mit dem Polizeifunk vorerst nicht zur Verfügung steht, wird zunächst auf Interims-Kanälen gesendet. In weiten Teilen Deutschlands ist das voraussichtlich der Kanal 9B, im südlichen Baden-Württemberg der 8C, und im südlichen Bayern der 10D.

Auch nach zweitem Bundesmux genügend Frequenzen für weitere länderübergreifende Sender

Wie Thomas Fuchs, Direktor der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) und Koordinator des Fachausschusses "Netze, Technik, Konvergenz" auf einer Veranstaltung in Berlin sagte, werde es nach dem zweiten keinen weiteren Bundesmux mehr geben. Trotzdem haben freilich auch darüber hinaus unzählige Veranstalter die Chance länderübergreifend zu senden: Es stehen genügend Frequenzen für lokale, regionale oder landesweite Bedeckungen zur Verfügung – bis zu sechs Multiplexe pro Region. Wer jetzt nicht beim zweiten Bundesmux zum Zuge kommt, müsste sich bei regionalen Ausschreibungen der einzelnen Bundesländer bewerben.

Länder nehmen Roadmap zur Kenntnis

Etwas magerer ist die Ausbeute der Rundfunkkommission der Länder: Diese hat in ihrer Sitzung am 15. März den „Aktionsplan für die Transformation der Hörfunkverbreitung in das digitale Zeitalter“ zur Kenntnis genommen, ohne ihn eindeutig zu befürworten oder abzulehnen. Einen Monat zuvor ist der Aktionsplan, der auch als „Roadmap“ bezeichnet wird, im Digitalradio Board des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infratstruktur (BMVI) mit überwältigender Mehrheit beschlossen worden.

Für den Entwurf des Aktionsplans zeichnen das Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur sowie Rheinland-Pfalz als Federführer verantwortlich. Bei der Diskussion wurde hervorgehoben, dass bei einer schwierigen topografischen Lage eine flächendeckende Versorgung weder mit UKW noch mit Internetradio möglich beziehungsweise wirtschaftlich ist. Daher sind Alternativen wie DAB+ notwendig. Ein klares Bekenntnis für DAB+ als Hörfunkstandard der Zukunft haben die Länder aber nicht vorgelegt, vielmehr klingt die Stellungnahme danach, als wolle man die Entwicklung beim terrestrischen Digitalradio weiter in erster Linie dem Markt überlassen.

In einer weiteren News finden Sie weitere Details zur DAB+-Radmap.

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