Themenspecial Breitband-Internet Netzpolitik

Politik will Milliarden in den Breitbandausbau investieren

Die Netzneutralität soll per Gesetz gesichert werden
Von Jennifer Buchholz

Die große Koalition aus CDU und SPD will künftig stärker auf einen schnelleren Ausbau von Internet-Breit­band­ver­bindungen setzen. Dabei soll notfalls die Inter­net­ver­sorgung sowie die Netz­neutralität auch mit Hilfe eines Gesetzes geregelt werden. In den vergangenen Tagen hatte die Koalitions­arbeitsgruppe Wirtschaft über das Thema diskutiert. Vor allem der Internet­ausbau in ländlichen Gebieten soll vorangetrieben werden. Finanziert werden soll das Vorhaben unter anderem durch den Bund.

Die Wirtschafts­politiker von Union und SPD wollen durchsetzen, dass bis Ende nächsten Jahres etwa 75 Prozent aller deutschen Haushalte mit einem Internetanschluss mit einer Über­tragungs­geschwindigkeit von mindestens 50 MBit/s versorgt werden können. Bis zum Jahr 2018 soll dann die flächen­deckende Ver­sorgung der Internet-Breitband­verbindungen umgesetzt sein. Die Vorschläge ent­sprechen Plänen der Bundes­netz­agentur, die diese im Juni vorgelegt hatte.

Die Arbeitsgruppe will mit ihrem Vorhaben unter anderem verhindern, dass die digitale Spaltung zwischen Stadt und Land weiter zunimmt. Schließlich seien besonders die ländlichen Regionen betroffen. Diese Sonder­behandlung für den Breit­bandausbau wird von den Politikern als sogenannte Da­seins­vorsorge im EU-Binnen­markt angesehen, bei dem regionale Unternehmen und Betriebe von wett­bewerbs­rechtlichen Regelungen ausgenommen werden.

Unter der schwarz-gelben Koalition wurde das Thema Breit­band­ausbau nach Meinung der derzeitigen Koalitionsarbeitsgruppe eher vernachlässigt.

Finanzierung erfolgt durch Staat und Bürger

Breitbandausbau und Netzneutralität sollen bis 2018 umgesetzt werden Breitbandausbau und Netzneutralität sollen bis 2018 umgesetzt werden
Bild: Telekom
Die Arbeitsgruppe strebt zudem eine Finanzierung ihres Vorhabens durch private Investitionen, Förderungen des Bundes in Höhe von jährlich einer Milliarden Euro sowie durch ein Sonder­finanzierungs­programm "Premium­förderung Netzausbau" bei der staatlichen Förderbank KfW an. Auch Bürger sollen den Ausbau zusätzlich mittels eines „Breitband-Bürgerfonds" finanziell unterstützen können. Sie würden zusätzlich entsprechende Renditen für ihre Geld­anlage erhalten. Ähnliche Finanzierungs­modelle sind bereits für den Ausbau der Strom­trassen vorhanden. Diese Fonds sollen vor allem den Privat­personen zugute kommen, die den Ausbau aus beruflichen Gründen vorantreiben wollen.

Wird die Netzneutralität bald Gesetz?

Neben der Gleichberechtigung deutscher Haushalte liegt für die Wirtschafts­politiker der großen Koalition die Netz­neutralität im Fokus der Pläne.

Für die Tele­kommunikations­anbieter bedeutet Netz­neutralität, dass alle Daten im Internet unabhängig von kommerziellen Interessen gleichberechtigt befördert werden. Es dürfen demnach keine Inhalte bestimmter Anbieter bevorzugt werden. Folglich dürfte zum Beispiel die Telekom dann nicht mehr die Daten ihres eigenen Multimedia-Angebots T-Entertain bevorzugt behandeln, so wie sie es derzeit tut. Im Gegensatz zu der Standard­internet­verbindung werden die Datenpakete aus dem Entertain-Angebot nicht zum monatlich verfügbaren Datenvolumen hinzugerechnet - die Daten für andere Multimedia-Dienste aber schon. Doch nicht nur die Telekom verfährt so. Denn wie Berec, ein Gremium europäischer Re­gulierungs­stellen für elektronische Kommuni­kation feststegellt hat, werden sowohl im Festnetz als auch im Mobilfunk bestimmte Datenpakete bei einigen Anbietern ausgebremst, um die Dienste für eigene Mobilfunkkunden unattraktiv zu machen. Die Arbeitsgruppe will dagegen verstärkt auf die Einhaltung der Netzneutralität der gesamten Tele­kommuni­kations­branche achten.

Umsetzung der Netzneutralität beim Mobilfunk

Angelehnt wird der Plan einer Netzneutralität fürs Internet an die Mobilfunkbranche. Hier wurde versucht, ähnliche Pläne umzusetzen. Demnach sollen zum Beispiel bei der Telekom Musikdienste wie Spotify zusätzlich hinzu gebucht werden können, ohne dass dessen Nutzung das mobile Datenvolumen beeinflusst. Aller­dings wird die Nutzung konkurrierender Musikstreming-Angebote, die nicht Kooperationspartner der Telekom sind, vom Datenvolumen abgezogen. Damit wird die Netzneutralität in gewisser Weise ausgehebelt. Eine gesetzlich vorgeschriebene Netzneutralität hat es in Deutschland bislang nicht gegeben.

Weiterhin fordern Union und SPD, dass das Tele­kommunikations-Gesetz zu einem "Internet-Gesetzbuch" erweitert wird. Darin sollen auch Punkte zum Thema Ver­braucher­schutz und Sicherheit im Internet behandelt werden.

Breitbandversorgung deutscher Haushalte

Derzeit besteht laut Bundes­netzagentur bei etwa jedem zweiten Haushalt in Deutschland die Möglichkeit, einen Breit­band­internet­anschluss zu buchen. Demnach hat seit Ende 2012 fast jeder Zugang zu Leitungen mit mindestens 1 MBit/s. Bevorzugt bei dem Ausbau wurden bislang ländliche Regionen, die vermehrt mit dem Mobilfunkstandard LTE versorgt wurden.

Diese Sonderstellung erfolgte auf Grund der Verpflichtung der Mobil­funkanbieter, unter­versorgte Gebiete mit dieser Funktechnik zu versorgen. Allerdings lässt sich in dem LTE-Atlas erkennen, dass es bislang noch lange keine flächendeckende LTE-Versorgung gibt.

Auf der folgenden Seite lesen Sie, was IT-Experten aus Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft über die Regierungspläne denken.

Mehr zum Thema Netzausbau