Facebook-Skandal: Politiker fordern Konsequenzen
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ermahnt Facebook und soziale Netzwerke.
dpa
Mit Blick auf den Datenskandal um Facebook hat
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Macht der sozialen Medien
kritisiert. "Die großen Plattformen im Internet mit ihren Hunderten
Millionen von Nutzern machen es möglich, dass Falschinformationen und
Verschwörungstheorien heute in Windeseile verbreitet und massenhaft
"geteilt" werden", sagte er heute in Berlin. "Es sind
Parallelwelten entstanden, in denen die Selbstbestätigung durch den
Austausch mit Gleichgesinnten vorherrscht und alles ausgeblendet
wird, was der eigenen Sichtweise widerspricht", sagte er.
Bedrohung für das demokratische System
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ermahnt Facebook und soziale Netzwerke.
dpa
Schon längst müssten professionelle Journalisten im Kampf um
Aufmerksamkeit gegen Algorithmen und Meinungsroboter antreten,
erklärte Steinmeier. Die digitalen Medien hätten eine "gewaltige
Kraft" und könnten die "epidemische Verbreitung von Desinformation"
bewirken. Kritische journalistische Medien seien daher notwendiger
denn je. Dazu gehöre auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Durch
Fakten-Checks müsse Verschwörungstheorien entgegengesteuert werden.
In eine ähnliche Kerbe schlägt auch die bundesweit für Facebook zuständige Hamburger Datenschutzbehörde und fordert Konsequenzen. "Dass Wahlen eine freie und unbeeinflusste Willensbildung der Wähler ermöglichen, war stets Wesenskern der demokratischen Staaten. Davon kann im Zeichen der Digitalisierung nicht mehr ausgegangen werden", sagte der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar dem Handelsblatt. "Der Gesetzgeber muss daher klare Bedingungen schaffen, die einer verdeckten Manipulation politischer Entscheidungen entgegenwirken."
Das fordere "stärkere Transparenz- und Rechenschaftspflichten der sozialen Netzwerke und deren effiziente Kontrolle". Caspar sieht in der Nutzung der verfügbaren Daten durch den Einsatz insbesondere von "maßgeschneiderten" sogenannten Dark Ads oder von Social Bots für die Zwecke von politischen Parteien und Interessengruppen eine "zentrale Bedrohung des demokratischen Systems". Das Problem werde in den USA mittlerweile wesentlich ernster genommen als in der EU. Der hierzulande bestehende Datenschutz erschwert zwar die missbräuchliche Sammlung und Nutzung von Informationen über die Wähler im Vergleich zu den USA", erklärte Caspar. "Aber auch in Europa sind die Schäden, die durch Ausnutzung der intransparenten Plattformen und der jederzeitigen Verfügbarkeit von Wählerprofilen seitens sozialer Netzwerke am demokratischen System drohen, immens."
Facebook muss seiner Verantwortung endlich gerecht werden
"Es wird sich auch in den Vereinigten Staaten zunehmend die Frage stellen, ob angesichts der Bedeutung von Daten und den Möglichkeiten des Missbrauchs nicht auch dort eine stärkere Regulierung der Internetgiganten angezeigt ist", sagte der digitalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jens Zimmermann, ebenfalls dem Handelsblatt. "Unabhängig von den rechtlichen Fragen muss Facebook angesichts seiner Relevanz für die individuelle und gesellschaftliche Kommunikation endlich seiner Verantwortung für den sorgsamen Umgang mit Daten gerecht werden."
Für den FDP-Digitalexperten Manuel Höferlin zeigt der aktuelle Fall, dass es auch unter den Datenanalysten "schwarze Schafe" gebe. "Sollte sich herausstellen, dass Cambridge Analytica durch eine Umfrage unter Facebook-Nutzern an Daten gelangt ist und diese in fragwürdiger Weise kommerziell genutzt hat, so darf dies nicht ohne Konsequenzen für Facebook im Umgang mit solchen Kunden bleiben", sagte Höferlin dem Handelsblatt. "Eine Verwendung von Daten in dieser Form entspricht in keiner Weise meiner Vorstellung von einer bewussten und selbstbestimmten Preisgabe und Nutzung persönlicher Daten."
Der Datenskandal zeige zudem, dass Datenschutz und Datensicherheit immer wichtiger würden. "Diese müssen zu einem umfassenden Datenrecht weiterentwickelt werden, das Verbraucher und Nutzer einerseits vor Datenmissbrauch schützt und es Unternehmen andererseits ermöglicht, an den wachsenden Möglichkeiten digitaler Geschäftsmodelle teilzuhaben", sagte Höferlin. "Dies wird zukünftig eine zentrale Aufgabe der gesamten Politik sein."
Die User sollten wichtigstes Kapital sein
Auch Dorothee Bär (CSU) hat das US-Unternehmen Facebook direkt gewarnt. "Ich kann den Verantwortlichen nur raten, in Europa nicht einen weiteren Konflikt zu schüren", sagte die neue Staatsministerin für Digitales heute der Tageszeitung "Die Welt".
"Auch ein Unternehmen wie Facebook unterliegt Recht und Gesetz", stellte Bär klar. Die CSU-Politikerin hofft dabei hierzulande auf die europäische Datenschutz-Grundverordnung, die in zwei Monaten in Kraft treten soll. "Europa hat künftig einen längeren Hebel. Das wird auch unseren deutschen Kontrollbehörden helfen", erklärte Bär. Facebook fordert sie auf, "zu realisieren, dass sein wichtigstes Kapital nicht die Werbeeinnahmen sind, sondern das Vertrauen seiner Nutzerinnen und Nutzer".
Der SPD-Datenschutzexperte Ulrich Kelber forderte unterdessen, dass die rechtlichen Regelungen für die Bildung von personalisierten Profilen überprüft werden müssten. Er sehe in diesem Punkt Nachbesserungsbedarf. "Die EU muss darauf pochen, dass die neue Datenschutz-Grundverordnung konsequent umgesetzt wird", sagte Kelber den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die SPD hatte Kelber erst vergangene Woche als Nachfolger der Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff (CDU) vorgeschlagen.
Facebook muss erklären wie Nutzer besser geschützt werden
Die Grünen forderten von Facebook eine Erklärung, wie es die Privatsphäre seiner Nutzer künftig besser schützen will. Nutzer hätten ein Recht darauf, zu wissen, mit wem ihre Daten möglicherweise geteilt und wie sie verwendet worden seien. "Facebook steht hier in der Pflicht und hat im Falle von Datenmissbrauch nicht nur eine Mitverantwortung, sondern muss auch aufzeigen, wie Datenmissbrauch zukünftig verhindert werden soll", sagte der Digitalexperte der Grünen, Dieter Janecek, dem Handelsblatt. "Sollten unrechtmäßig erhaltene und zudem hochsensible Nutzerdaten zu Wahlkampfzwecken eingesetzt worden sein, ist das ein handfester Skandal."