Themenspezial: Verbraucher & Service Datenskandal

Politik in Deutschland zweifelt an Facebooks Aufklärungs-Versprechen

Sind auch Facebook-Nutzer aus Deutschland von dem Datenskandal um Cambridge Analytica betroffen? Facebook erklärt seine Bereitschaft zur Aufklärung - doch Politikern reicht das nicht.
Von dpa / Dominik Haag

Facebook Facebook in der Schieflage.
dpa
In Deutschland wächst die Kritik an der Aufklärungsbereitschaft von Facebook nach dem Skandal um den Missbrauch von Nutzerdaten. Der Großteil der Fragen bleibe weiterhin unbeantwortet, sagte Thomas Jarzombek (CDU), Sprecher des Bundestags-Ausschusses Digitale Agenda, heute nach einem Treffen mit Facebook-Vertretern in Berlin. Man habe keinerlei Auskunft darüber erhalten, ob und wie viele der mehr als 30 Millionen Nutzer in Deutschland betroffen gewesen seien. Diese Frage will am Montag auch Justizministerin Katarina Barley (SPD) ranghohen Vertretern von Facebook Europe stellen.

Facebook will den Nutzern mehr Kontrolle geben

Facebook Facebook in der Schieflage.
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Barley wird unter anderem mit Facebooks Politik-Chef in Europa, Sir Richard Allan, über die Folgen des Skandals sprechen. Allan, britischer Baron, ehemaliger Politiker und Archäologe, gilt als Cheflobbyist von Facebook Europe. Seit 2009 arbeitet er als Politik-Direktor für das Unternehmen.

Facebook unterstrich heute erneut seine Bereitschaft, Konsequenzen zu ziehen. "Unsere Priorität ist es nun, die Vorfälle aus der Vergangenheit aufzuklären, Datenmissbrauch in Zukunft zu vermeiden und den Menschen mehr Kontrolle zu geben", erklärte Semjon Rens von Facebook Deutschland. Bereits seit 2014 hätten Apps nur noch einen limitierten Zugriff auf Nutzerdaten. Dieser werde weiter eingeschränkt.

"Persönliche Daten sind der Rohstoff unserer digitalisierten Zeit, sie sind sozusagen das Erdöl des 21. Jahrhunderts, wenn man so will", sagte Barley heute im Bundestag. "Und das weckt Begehrlichkeiten." Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass unsere Daten uns auch manipulierbar machten, dann sei das der Datenskandal um Cambridge Analytica. Menschen seien in deren Folge mit politischen Botschaften bombardiert worden, "je nachdem, wie sie eingeschätzt waren".

Keine Angaben zu Datenmissbrauch in Deutschland

Am vergangenen Wochenende war bekannt geworden, dass die britische Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica sich über eine App unerlaubt Zugang zu einigen Daten von mehr als 50 Millionen Profilen von Facebook-Nutzern verschafft hatte. Mit dem Datenbestand soll auch gezielt der Wahlkampf von US-Präsident Trump unterstützt worden sein. So sollen etwa potenziellen Wählern der Demokratin Hillary Clinton Aufforderungen geschickt worden sein, nicht zur Wahl zu gehen. Facebook-Chef Mark Zuckerberg hatte sich nach tagelangem Schweigen entschuldigt und weitere Änderungen beim Zugang zu den Nutzerdaten angekündigt.

Auch ob weitere Datenbestände mit Informationen aus Deutschland im Umlauf sein könnten, habe Facebook heute nicht beantwortet, sagte Jarzombek. "Obwohl der Vorfall schon 2015 entdeckt wurde, gab es bisher offenbar weder Informationen an die betroffenen Nutzer, noch konnte eine Auskunft gegeben werden, inwieweit deutsche Nutzer betroffen waren", kritisierte der CDU-Politiker. Um das herauszufinden, will der Digital-Ausschuss des Bundestages die Facebook-Geschäftsführerin vorladen. "Wir werden deshalb Sheryl Sandberg nach Ostern in den Ausschuss einladen", sagte Jarzombek dem Handelsblatt. "Wir wollen wissen, ob auch deutsche Nutzer von Datenmissbrauch betroffen sind." Außerdem solle Sandberg darüber aufklären, wie viele Apps es auf der Facebook-Seite gebe, um damit Datenbestände zu generieren. "Vor allem wollen wir wissen, ob zu der Quiz-App vergleichbare Apps auf Deutsch eingesetzt werden, um mit den daraus gewonnen Daten Wahlen zu beeinflussen."

Neue Datenschutz-Grundverordnung wird Facebook empfindlich treffen

Auch die Grünen-Politikerin Tabea Rößner beklagte, dass von Facebook heute nicht mehr als "Beruhigungsfloskeln" zu hören gewesen seien. "In Wahrheit hat die Plattform die Augen verschlossen und ihr Geschäftsmodell geschützt." Die Probleme seien seit langem bekannt, aber alle Kritik sei bei Facebook "auf taube Ohren gestoßen".

Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff äußerte Zweifel am Aufklärungswillen von Facebook-Chef Zuckerberg. "Das Geschäftsprinzip von Facebook ist ja gerade, Daten zu generieren und sie gewinnbringend zu vermarkten. So gesehen würde ich jetzt nicht unbedingt behaupten wollen, dass ich ihm das per se glaube, aber er kann es ja auch unter Beweis stellen", sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur.

Barley verwies aber auch auf die neue Datenschutz-Grundverordnung, die am 25. Mai europaweit in Kraft treten wird. Dann können bei Verstößen Bußgelder in Höhe von vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes verhängt werden. Für Facebook werde das eine beträchtliche Summe sein, sagte Barley.

Es gibt auch Unterstützung

Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) hat das weltgrößte Internet-Netzwerk gegen Kritik in Schutz genommen. "Es handelt sich um kriminelles Verhalten von Cambridge Analytica, die Daten wurden ohne Wissen oder Zustimmung von Facebook entwendet und von Cambridge Analytica genutzt", sagte der Leiter Digitalpolitik & Public Affairs im BVDW, Joachim Jobi, dem Handelsblatt. "Dies ist kriminelles Verhalten, das man nie ganz ausschließen kann, das ist auch in der analogen Welt so."

Mit Blick auf das Krisenmanagement lobte Jobi die Reaktion von Facebook. Der Konzern habe die internen Richtlinien verschärft und auch versprochen, die Kontrolle dauerhaft zu intensivieren. "Der Übeltäter ist Cambridge Analytica – dieser sollte wegen dieses krassen Fehlverhaltens bestraft werden", forderte der BVDW-Experte.

Der Verband wandte sich zugleich gegen Forderungen nach schärferen Datenschutzgesetzen. "Das ist reiner Populismus", sagte ein Sprecher dem Handelsblatt. Weder die ab Mai geltende europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) noch die geplante ePrivacy-Verordnung, mit der sich Internetnutzer künftig gegen die Verarbeitung ihrer Kommunikationsdaten wehren können sollen, seien dafür die richtigen Instrumente und sollten "nicht zulasten der gesamten digitalen Wirtschaft missbraucht werden dürfen".

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