ProSiebenSat.1: Übernahme durch Mediaset?
ProSiebenSat.1 steht vor tiefgreifenden Veränderungen
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Es war schon nach 22 Uhr, als am Donnerstag eine Meldung auf Twitter die Runde machte: ProSiebenSat.1-Vorstandschef Max Conze verlässt den Medienkonzern mit sofortiger Wirkung und wird durch Finanzchef Rainer Beaujean ersetzt. Was für Außenstehende nach einer ganz gewöhnlichen Personalie aussieht, dürfte in der deutschen Medienbranche ein gewaltiges Beben auslösen. ProSieben richtet sich jetzt mit dem Abgang Conzes neu aus: Und das wird Veränderungen für Zuschauer und Wettbewerber mit sich bringen.
Revolte aus Mailand
ProSiebenSat.1 steht vor tiefgreifenden Veränderungen
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Zu den großen Anteilseignern von ProSiebenSat.1 gehört unter anderem der italienische Medienkonzern "Mediaset". Dieser wird von Pier Silvio Berlusconi, Sohn des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi geleitet. Sein Ziel ist es, mit ProSiebenSat.1 und der französischen TF1 unter dem Dach von Mediaset einen paneuropäischen Medienkonzern in Konkurrenz zu Netflix und Amazon zu formen. Max Conze stand den Italienern allerdings stets mit Vorbehalten gegenüber, er sah nur wenige Synergieeffekte zwischen ProSiebenSat.1 und Mediaset. Dass sich die Anteilseigner aus Mailand mit diesem Umstand nicht abfinden, war allerdings zu erwarten. Es gab also gewissermaßen eine Art "Palastrevolte", in der die wichtigsten Aktionäre den Vorstand aus dem Amt drängen wollen. Dazu gehört auch der tschechische Investor Daniel Kretinsky, welcher schon als Anteilseigner von Metro für Furore sorgte. Eine Verschmelzung mit der italienischen Mediaset wird nun deutlich wahrscheinlicher.
Fokus auf lokale Inhalte
Doch was bedeutet dies nun konkret? Klar ist: ProSieben wird nun alle Bereiche veräußern, die nicht mehr zum Kerngeschäft gehören. Das betrifft vor allem die E-Commerce-Aktivitäten der NuCom-Group (u.a. ElitePartner, Verivox, flaconi und Parship.de). Das frei gewordene Kapital fließt dann voraussichtlich wieder ins Kerngeschäft mit TV-Entertainment und Streaming. Will heißen: Joyn dürfte ebenso wie das Free TV-Geschäft eine große Finanzspritze bekommen. Investiert werden soll vor allem in lokale Live-Inhalte. Zuschauer erwartet also in Zukunft noch mehr eigenes Programm, sowohl auf den frei empfangbaren Sendern als auch im kostenpflichtigen Premium-Angebot. Das dürfte auch dringend notwendig sein, immerhin startete kürzlich mit Disney+ ein weiterer großer US-Player auf dem deutschen Markt und auch RTL will sein SVoD-Produkt TVNOW mit eigenen Inhalten weiter ausbauen.
Späte Strategiewende
Die Entscheidung, sich wieder auf das Kerngeschäft zu konzentrieren, ist mit Sicherheit folgerichtig. Man wird in den kommenden Monaten beobachten müssen, mit welchen neuen Eigenproduktionen ProSieben bzw. Joyn die Zuschauer zurück vor den Fernseher holen möchte. Doch auch wenn man bei den Inhalten nun mehr Geld in die Hand nehmen will, wird es nicht einfacher. Zwar sind lokale Inhalte gegenüber den US-Streamern ein großes Plus, doch letztendlich haben Netflix, Amazon & Disney einfach das größere Portemonnaie. Und daran wird langfristig weder ein neuer Vorstandsvorsitzender oder eine andere Strategie bei ProSiebenSat.1 etwas nachhaltig ändern können. Letztendlich müssen die Zuschauer entscheiden, was sie gerne sehen möchten. Die Erfahrung zeigt aber schon jetzt, dass US-Blockbuster nach wie vor unschlagbar sind.