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Streaming: Geldspritze für ProSieben

Nach der italie­nischen Gruppo Mediaset ist nun auch der tsche­chische Investor Daniel Kret­insky mit einem Akti­enpaket bei ProSieben einge­stiegen. Vor allem für den Strea­ming-Markt ist dies ein deut­liches Signal.
Von Björn König

ProSieben-Zentrale in Unterföhring Zentrale der ProSiebenSat.1 Media SE in Unterföhring
Foto: ProSiebenSat.1 Media SE
Pier Silvio Berlus­coni und Daniel Kret­insky könnten unter­schied­licher nicht sein. Der eine ist promi­nenter Sohn des ehema­ligen italie­nischen Premier­minis­ters Silvio Berlus­coni und steuert in Italien den größten privaten Medi­enkon­zern Mediaset. Zum Netz­werk des Unter­nehmers mit Sitz in Mailand gehören nicht nur die größten italie­nischen Privat­sender wie Italia 1 und Canale 5, sondern auch zahl­reiche Pay-TV-Ange­bote, darunter der Strea­ming-Dienst Mediaset Play.

Daniel Kret­insky hingegen tritt weniger öffent­lich­keits­wirksam auf. Der Sohn einer ehema­ligen Rich­terin am tsche­chischen Verfas­sungs­gericht agiert eher unauf­fällig im Hinter­grund. In Deutsch­land wurde sein Name hingegen kürz­lich bekannt, als er mit einer größeren Betei­ligung beim Düssel­dorfer Handels­konzern Metro einstieg. Eher uner­wartet hat er sich nun zusammen mit dem Investor Patrik Tkac eben­falls ein größeres Akti­enpaket an der ProSiebenSat.1 Media SE gesi­chert. Bran­chen­experten fragen sich nun, was haben die beiden Inves­toren mit ProSieben vor?

Berlus­coni will paneu­ropäi­schen Medi­enkon­zern

ProSieben-Zentrale in Unterföhring Zentrale der ProSiebenSat.1 Media SE in Unterföhring
Foto: ProSiebenSat.1 Media SE
Den euro­päischen Medi­enkon­zernen geht es schlecht. Einer­seits brechen die klas­sischen Werbe­umsätze weg, ande­rerseits müssen sich die Unter­nehmen neuer US-Strea­ming-Konkur­renz aus dem Netz stellen. Um auf Dauer wett­bewerbs­fähig zu bleiben, ist aus Sicht von Berlus­coni eine kriti­sche Größe notwendig, welche man auf natio­naler Ebene nicht errei­chen könne. Was ihm vorschwebt, ist ein von Mediaset kontrol­lierter, paneu­ropäi­scher Medi­enkon­zern. Unter diesem Dach sollen sich neben Mediaset die fran­zösi­sche TF1 und eben ProSiebenSat.1 zu einer schlag­kräf­tigen Einheit verbinden. Die nied­rige Börsen­bewer­tung der ProSieben-Aktie nahm Berlus­coni bereits zum Anlass, mit einer größeren Betei­ligung einzu­steigen. Nun eben folgte Kret­insky, welcher in der Medi­enbranche eben­falls kein unbe­schrie­benes Blatt ist. In Tsche­chien ist er seit 2014 Mitin­haber am Czech News Center von Ringier Axel Springer.

Bestä­tigung für Conzes Stra­tegie

In Unter­föhring wertet man die neue Betei­ligung unter­dessen als Bestä­tigung der eigenen Stra­tegie und begrüßt den Eintritt des neuen Inves­tors. Der ehema­lige Dyson-Manager und heutige ProSieben-CEO Max Conze hatte das Unter­nehmen seit seinem Amts­antritt vor allem im Bereich Strea­ming neu ausge­richtet. Sein primäres Ziel besteht darin, mit "Joyn" eine gemein­same Strea­ming-Platt­form nach dem Vorbild des US-Dienstes "Hulu" zu schaffen. Im Unter­schied zu Netflix und Amazon Prime Video ist Joyn jedoch kein reiner SVoD-Service, sondern enthält vor allem auch lineares Live-TV. Zudem ist Joyn auch ohne kosten­pflich­tiges Abon­nement, dafür jedoch mit Werbe­einblen­dungen nutzbar. Ende des Jahres soll es darüber hinaus eine kosten­pflich­tige Premium-Vari­ante geben, in der dann im Rahmen des SVoD-Ange­bots weitest­gehend auf eigene Werbe­einblen­dungen verzichtet werden soll.

Bleibt ProSieben eigen­ständig?

Inter­essant ist nun, ob ProSieben in seiner jetzigen Form lang­fristig als euro­päischer Medi­enkon­zern und damit Wett­bewerber zu Disney, Netflix und Amazon eine reelle Zukunft hat. Die Betei­ligungen zweier euro­päischer Inves­toren stimmen dies­bezüg­lich zunächst einmal positiv. Man sollte aber nicht vergessen, dass das Unter­nehmen nach der Insol­venz des Kirch-Impe­riums schon einmal in der Hand von US-Inves­toren lag. Zunächst der Saban Capital Group und später aus einem Konsor­tium der Betei­ligungs­gesell­schaften Permira sowie KKR. Der Einstieg eines US-Medi­enkon­zerns bei ProSieben erscheint aber zumin­dest aktuell eher unwahr­schein­lich.

Gute Gründe dafür gibt es auch: NBC Universal hatte sich in der Vergan­genheit bereits mit dem Free-TV-Sender "Das Vierte" in Deutsch­land die Finger verbrannt und diesen an einen russi­schen Investor verkauft, welcher den Kanal mangels Erfolges wiederum an Disney durch­reichte. Der Micky Maus-Konzern selbst zieht sich aufgrund des Enga­gements mit Disney+ derzeit aller­dings eben­falls aus dem linearen TV-Geschäft zurück. Zudem plant auch WarnerMedia den Start eines eigenen Strea­ming-Dienstes in Europa und dürfte schon deshalb kaum Inter­esse an einem Enga­gement im deut­schen Free-TV haben.

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