IFA

Politik: Digitalradio-Pflichtchip & Rundfunknetz-Regulierung

Die Politik will jetzt im zweiten Anlauf die Interoperabilität bei Radiogeräten auf den Weg bringen. Außerdem sollen Rundfunknetze wieder einer Regulierung unterzogen werden, damit es nicht zu Ausfällen kommt.
Von der IFA in Berlin berichtet

Auf mehreren Panels während des Digitalradiotags auf der IFA diskutierten Markt­teil­nehmer über die Ergebnisse des Digitalisierungsberichtes und die künftigen Herausforderungen für den Hörfunk.

Rechtsstreit beim zweiten Bundesmux bremst Wachstum bei DAB+

Cornelia Holsten, Vorsitzende der Direktoren­konferenz der Landes­medien­anstalten, zeigte sich von den guten Zahlen für das Digitalradio DAB+ beeindruckt. Die Entwicklung trotze allen Skeptikern und verdeutliche, dass DAB+ "mehr und mehr an Fahrt aufnimmt". Sie lobte die zunehmende Vielfalt durch neue Programme. Die Hörer wüssten das zu schätzen. Wichtig sei es aber, dass der Rechtsstreit zum zweiten nationalen Bundesmux beigelegt werden müsste. Sie forderte die Streithähne auf, "hier auf der IFA bei einer Tasse Kaffee" doch nochmal ihre Positionen zu überdenken um zu einer Einigung zu kommen. Panel auf dem Digitalradiotag Panel auf dem Digitalradiotag
Foto: Michael Fuhr
Den Rechtsstreit beim zweiten Bundesmux sieht Martin Deitenbeck, Geschäftsführer der Sächsischen Landesmedienanstalt (SLM), als einen der Gründe, warum das Wachstum bei DAB+ nach wie vor nur linear, aber nicht überproportional sei. Mit weiteren 16 nationalen Hörfunkprogrammen würde das digital-terrestrische Radio noch weit attraktiver. Er zeigte sich besonders zufrieden mit der Entwicklung in Sachsen, das bei der Marktdurchdringung hinter Bayern auf Platz 2 liegt. Die beiden regionalen Multiplexe in Leipzig und Freiberg hätten zu einer deutlichen Attraktivitätssteigerung bei DAB+ geführt, hier seien 30 Prozent mehr DAB+-Radios verkauft worden als in anderen Landesteilen.

Digitalradio-Pflicht im Telekommunikationsgesetz

Die Bevollmächtigte des Landes Rheinland-Pfalz für Medien und Digitales, Staatssekretärin Heike Raab, forderte in ihrer Keynote eine schnelle Anpassung der Regelungen zur Interoperabilität durch einen Digitalradio-Pflichtchip im Telekommunikationsgesetz. Es gehe darum, dem Hörfunk in der digitalisierten Welt von morgen zukunftsfähige Entwicklungsperspektiven zu eröffnen. Dabei will sie die Umsetzung des Europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation auf Radiogeräte erweitern und im Vergleich zur restlichen EU, wo die Regelung nur für Autoradios gelten soll, in Deutschland auf alle Radiogeräte ausweiten.

Um künftig Probleme wie beim vergangenen UKW-Streit mit der Drohung von Abschaltszenarien zu verhindern, spricht sie sich für eine Weiterbetriebspflicht bei Rundfunknetzen aus. Ähnliches gebe es bei der Energieversorgung. Man wolle eine entsprechende Regulierung der Rundfunknetze auf den Weg bringen.

Thomas Fuchs, Direktor der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein, warnte in diesem Zusammenhang vor einem Verkauf der Funktürme durch die Deutsche Telekom, was zu noch größeren Problemen als beim UKW-Streit führen könnte. Dies sei für den Rundfunkmarkt ein "gefährliches Thema". Als der WDR seine alten TV-Umsetzer-Masten verkauft hatte, hätten die Käufer die Mietpreise um das fünffache erhöht.

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