Kabellecks

Neue Kabel-Internet-Technik DOCSIS 3.1 könnte UKW und DAB+ stören

Durch die neue Kabel-Internet-Technik DOCSIS 3.1 könnte es zu Störungen beim terrestrischen Radioempfang kommen. Grund sind schlecht abgeschirmte Kabel. Wir erklären, was man sowohl als Kabelkunde als auch Beeinträchtigter tun kann.
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DOCSIS 3.1 könnte UKW und DAB+ stören DOCSIS 3.1 könnte UKW und DAB+ stören
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Wie bereits gemeldet, steht der analoge UKW-Hörfunk in den Kabelnetzen möglicherweise vor dem Aus, da der Frequenzbereich (87,5 bis 108 MHz) künftig von der Kabel-Internet-Technik DOCSIS 3.1 mitgenutzt werden soll. Das neue Protokoll könnte aber auch erhebliche Störungen bei der analogen terrestrischen UKW-Übertragung verursachen. Grund sind viele undichte Stellen im Breitbandkabelnetz. In Fachkreisen spricht man von so genannten von "Kabellecks". Bisher erfreuen sich diese sogar hier und dort noch über Beliebtheit, da man als "Zaungast" ohne Kabelanschluss Kabel-TV-Programme per Antenne empfangen oder mehr Sender mit einem einfachen UKW-Radio hören kann. Die undichte Stelle im Breitbandkabel fungiert wie eine Sendeantenne und überträgt die TV- und Kabel-UKW-Signale in die Luft, je nach Größe des Lecks in einem Radius von bis zu 100 Metern.

DOCSIS 3.1: Rauschen im gesamten UKW-Spektrum und DAB+-Aussetzer bei undichten Netzen

DOCSIS 3.1 könnte UKW und DAB+ stören DOCSIS 3.1 könnte UKW und DAB+ stören
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Bei DOCSIS 3.1 könnte sich die ungewünschte Ausstrahlung dagegen durch ein breitbandiges Rauschen im gesamten UKW-Spektrum äußern, das selbst den Empfang von Ortssendern beeinträchtigen könnte. Doch nicht nur UKW wäre betroffen, sondern auch der Digitalfunk DAB+, denn dessen Frequenzen liegen im oberen Bereich der für DOCSIS 3.1 vorgesehenen Frequenzen (5 bis 204 MHz für den Upstream). Schon heute gibt es bei schlecht abgeschirmten Netzen Störungen des DAB+-Empfangs durch das Breitbandkabel und umgekehrt. Denn momentan senden auf den von DAB+ genutzten Frequenzblöcken auch analoge Fernsehsender im Kabel. Das Resultat ist eine Dämpfung der Signalstärke bei DAB+-Übertragungen bis hin zu kompletten Aussetzern. Vor allem aus Großstädten werden diese Probleme häufig gemeldet. Umgekehrt dringen die DAB+-Signale auch in schlecht abgeschirmte Kabelnetze ein, bei analogen TV-Sendern gibt es dann erhebliche Bildstörungen.

Die rechtliche Grundlage zur Nutzung bestimmter Frequenzbereiche wurde auf diversen Funkkonferenzen als internationaler Beschluss gefasst und in Deutschland durch die Bundesnetzagentur überwacht. Eigentlich sollten sich terrestrische und Kabel-Ausstrahlungen nicht in die Quere kommen. Aufgrund der gleichzeitigen Verwendung der Frequenzen kann es bei schlechten oder fehlerhaften Verteileranlagen oder unzureichend abgeschirmten Kabeln jedoch Empfangsbeeinträchtigungen geben.

Kabel-UKW in ganzen Straßenzügen terrestrisch empfangbar

Wir haben den Test in einem Wohngebiet in Wiesbaden gemacht und auf UKW eine nur im Kabel belegte Frequenz (hr4 auf 89,0 MHz) eingestellt. In ganzen Straßenzügen konnten wir das Kabel-Signal im Autoradio hören, teilweise war der Empfang so stark, dass sogar das RDS-Signal durchkam. An genau diesen Stellen könnte ein durch DOCSIS 3.1 verursachtes Rauschen künftig den UKW-Empfang beeinträchtigen.

In der Regel treten die Empfangsbeeinträchtigungen durch unzureichend geschirmte Anschlusskabel zwischen Anschlussdose und Fernsehgerät auf, seltener auch am Verteilerkasten. Bei Auftritt dieser Empfangsbeeinträchtigungen sollten sich betroffene Kunden in jedem Fall an den Kabelnetzbetreiber oder den Fachhandel wenden. Diese können über geeignete Maßnahmen, wie beispielsweise den Austausch alter oder schlechter Anschlusskabel, aufklären. Es empfiehlt sich doppelt abgeschirmte Kabel mit wenigstens 85 dB "Schirmmaß" zu verwenden.

Störungen bei der Bundesnetzagentur melden

Bei erheblichen Störungen können sich Kunden auch an die Funkstörungsannahme der Bundesnetzagentur wenden oder eine E-Mail an funkstoerung@bundesnetzagentur.de schreiben. Die Rufnummer der Funkstörungsannahme (04821- 89 55 55) ist 24 Stunden am Tag erreichbar. Die Behörde überwacht auch von sich aus sporadisch mit Messfahrten die Abstrahlung aus Kabelnetzen. Dies geschieht aber häufig nur in kritischen Bereichen, etwa in der Nähe von Flughäfen, wo auch der Flugfunk durch Kabellecks gestört werden könnte.

Umgekehrt sollten aber auch die Kabelnetzbetreiber selbst ein großes Interesse an dichten Netzen haben, gerade wegen des Internet/Telefonie-Angebotes in ihren Netzen. Denn ein von innen nach außen undichtes Netz ist umgekehrt auch von außen nach innen undicht und lässt terrestrische Störer hinein. Vor allem im Rückkanal-Bereich der Kabelnetze, der derzeit noch bei 65 MHz endet, können Störeinstrahlungen zur Blockade ganzer Netzbereiche für die Internetnutzung führen. Aufgrund der Vielzahl von maroden Kabeln und Verteilanlagen vor allem in Städten ist es jedoch Utopie zu glauben, dass künftig jedes Loch gestopft werden könnte.

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