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Streit: Aus für UKW-Frequenzen in Deutschland droht

Kein Aprilscherz: Ab 1.4. könnte es auf vielen UKW-Frequenzen in Deutschland nur noch rauschen. Hintergrund ist ein Streit zwischen neuen Antenneneignern und Sendernetzbetreibern.
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Ab 1.4. könnte es auf vielen UKW-Frequenzen nur noch rauschen Ab 1.4. könnte es auf vielen UKW-Frequenzen nur noch rauschen
Foto: Media Broadcast
Die Radiosender sprachen sich für einen freien Markt aus und stehen nun vor einem großen Scherbenhaufen: Aufgrund eines Streits zwischen Antennen- und Sendernetz-Betreibern könnten ab April zahlreiche UKW-Sender im gesamten Bundesgebiet zeitweise stillgelegt werden, berichtet die Mitteldeutsche Zeitung unter Berufung auf Angaben der Sendenetzbetreiber Divicon Media und Uplink Network. Es sind sowohl öffentlich-rechtliche Sender als auch Privatradios betroffen.

Hintergrund für die dramatische Entwicklung ist der Ausstieg der Media Broadcast aus dem UKW-Geschäft: Die neuen Eigentümer der Antennen haben viel Geld - auch für ältere Anlagen - ausgegeben und wollen nun Preiserhöhungen von 25 bis 30 Prozent durchsetzen, damit die Antennen weiter die UKW-Wellen versenden. Die Netzbetreiber, die für die Signalzuführung bis zur Antenne zuständig sind, wollen die neuen Preise aber nicht akzeptieren. Die Antenneneigner drohen daher mit der Abschaltung der Signale und damit der Sender. Auf UKW könnte es dann auf vielen Frequenzen ab 1. April nur noch rauschen.

Landesmedienanstalten beschwichtigen

Ab 1.4. könnte es auf vielen UKW-Frequenzen nur noch rauschen Ab 1.4. könnte es auf vielen UKW-Frequenzen nur noch rauschen
Foto: Media Broadcast
Die Landesmedienanstalten hatten aufgrund der aktuellen Probleme zu einem runden Tisch zum Thema UKW-Verbreitung eingeladen. An der Diskussion beteiligt haben sich einige Antenneninvestoren, der Standortinhaber (DFMG), Sendernetz-Betreiber und Vertreter der Privatradios sowie ARD und Deutschlandradio. Ebenfalls teilgenommen haben Vertreter der Länder, der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamts.

In dem Gespräch ging es darum, die offenen Fragen, die durch den Verkauf der Infrastruktur im Markt entstanden sind, in einer gemeinsamen Runde zu erörtern. Durch den Tag des Eigentumsübergangs der Antennen zum 1. April standen die Vertragsverhandlungen zudem unter einem hohen zeitlichen Druck.

Die Anwesenden waren sich darüber einig, dass die Gespräche zwischen den Marktbeteiligten mehr Zeit benötigen. Die anwesenden Antennenbesitzer haben daher in Aussicht gestellt, den Sendebetrieb unverändert über den 31. März 2018 hinaus fortzuführen, damit die Verhandlungen zu einem erfolgreichen Ende geführt werden können.

APR sieht wesentliche Probleme nicht gelöst

Die Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR) ist mit dem Ergebnis dennoch unzufrieden: Es hätten wichtige Antennenbesitzer beim Runden Tisch gefehlt, somit stehe die Abschaltung vieler UKW-Frequenzen zum 1. April immer noch im Raum.

Die für einige Programmveranstalter katastrophale standortbezogene Berechnung, das Erhöhungsverlangen und schließlich die Preiskalkulation der Telekom-Tochter DFMG als Turmbetreiber, blieben zudem ungelöst. Während Ex-Monopolitist Media Broadcast dank einer Mischkalkulation den Hörfunkanbietern einheitliche, stabile und faire Preise anbot, wird aufgrund der Liberalisierung nun jeder einzelne UKW-Sendestandort anders bewertet: Die Kosten richten sich neben der Sendeleistung auch etwa nach der Höhe der Antenne über Grund und der Anzahl der Mieter.

Streit um UKW im Digitalzeitalter eigentlich skurril

Skurril ist die gesamte Angelegenheit aber auch aus einem anderen Grund: Es wird um einen Übertragungsweg gestritten, der eigentlich in Techniker-Kreisen längst als überholt gilt und im Vergleich zu digitalen Verbreitungswegen völlig überteuert ist. Mit dem digital-terrestrischen Radio DAB+ steht seit nunmehr sieben Jahren ein wesentlich effektiverer und effizienterer Verbreitungsweg zur Verfügung. Doch bislang gibt es abgesehen von eher schwammigen Bekundungen aus der Politik nach dem Motto "Wir wollen das Digitalradio weiterentwickeln" keinerlei Migrationsszenarien auf dem Weg zur digitalen Terrestrik - ganz anders als beim Fernsehen, wo bereits im Jahr 2014 der letzte analoge Sender abgeschaltet wurde.

Hintergrund ist, dass vor allem die privaten UKW-"Platzhirsche" den Umstieg zu DAB+ bislang blockieren. Sie fürchten, durch mehr Konkurrenz ihre bisherige Marktposition und -dominanz zu verlieren, und treten gegenüber der Politik als eine starke Lobby auf. Ein UKW-Abschaltdatum kommt für sie nicht infrage.

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