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Der vierte Anbieter: Kommt er oder nicht?

Die verschärften Vorgaben der Bundes­netz­agentur reichen nicht aus, um einem vierten Anbieter den Weg zu ebnen. Die Entscheidung bleibt offen. Ralph Dommermuth überlegt noch.
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1&1-United-Internet Gründer Ralph Dommermuth möchte als vierter Anbieter starten. Oder doch nicht? 1&1-United-Internet Gründer Ralph Dommermuth möchte als vierter Anbieter starten. Oder doch nicht?
Foto: Picture Alliance / dpa
Die Spieler um die begehrten 5G-Lizenzen sind mehr oder weniger bekannt: Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica o2. Dann wäre da noch ein möglicherweise "vierter Anbieter", die United-Internet AG, besser bekannt unter dem Markennamen 1&1 und ihr Gründer Ralph Dommermuth.

Der würde gerne als vierter Anbieter starten. Da er aber natürlich aus dem Nichts heraus keine Flächendeckung hinzaubern kann, stellt er sich vor, dass die etablierten Anbieter (also Telekom, Vodafone, Telefónica o2) verpflichtet werden, ihn in ihren Netzen "national" roamen zu lassen. Zu verständlicherweise möglichst günstigen Preisen und am besten ohne jede Möglichkeit, dass ein Netzbetreiber "nein" dazu sagen kann.

BNetzA macht den Einstieg schwer

1&1-United-Internet Gründer Ralph Dommermuth möchte als vierter Anbieter starten. Oder doch nicht? 1&1-United-Internet Gründer Ralph Dommermuth möchte als vierter Anbieter starten. Oder doch nicht?
Foto: Picture Alliance / dpa
Die Bundesnetzagentur mache neuen Anbietern den Einstieg in den Markt schwer, sagte Konzernchef Ralph Dommermuth dem in Düsseldorf erscheinenden Handelsblatt. Er erwäge daher, nicht in die Auktion einzusteigen: „Es sieht momentan nicht besonders gut aus.“ Er werde aber die finalen Bedingungen abwarten, die am 26. November beschlossen werden.

Die Auflagen der Netzagentur sehen keine Pflicht zum National Roaming vor, das Neueinsteigern pauschal ermöglichen würde, die Netze der etablierten Konkurrenten gegen eine Miete zu nutzen – lediglich Verhandlungen sind obligatorisch. Wie diese genau ablaufen sollen, ist bislang aber offen.

Das findet Dommermuth nicht so gut: „Ohne ein klares Regelwerk gibt es keine Chancengleichheit“, sagt er. „Denn auf welcher Basis sollen ansonsten Preisverhandlungen zwischen uns und dem Oligopol der drei größten europäischen Telekommunikationsgesellschaften laufen?“

Auf die Frage des Handelsblattes, ob die veränderten Ausschreibungsbedingungen für die Versteigerung der 5G-Mobilfunklizenzen aus seiner Sicht eine Verbesserung oder eine Schlechterstellung seien, antwortet er: "Es gibt weitergehende Regeln für die Versorgung von Verkehrswegen – und das ist gut und richtig. Bei den Rahmenbedingungen für einen Neueinstieg hat sich hingegen nicht viel getan."

Mehr Wettbewerb - unklar definiert

Die Netzagentur spricht von einem „stärkeren Bekenntnis zu mehr Wettbewerb“, was für Dommermuth unklar definiert ist. Wenn die Bundesnetzagentur sich nicht zu einem in vielen anderen Ländern üblichen, verpflichtenden National Roaming durchringen möchte, sondern stattdessen kommerzielle Einigungen vorschreibe, "dann brauchen wir zumindest klare Regeln", findet Dommermuth. Und das ist plausibel. "Auf welcher Basis sollen ansonsten Preisverhandlungen zwischen uns und dem Oligopol der drei größten europäischen Telekommunikationsgesellschaften laufen? Geht es bei den Preisen für National Roaming um Herstellungskosten plus einen angemessenen Gewinnaufschlag für den Netzbetreiber? Oder um Retail-Preise abzüglich Kosten für unsere Wertschöpfung und einen üblichen Gewinn? Oder orientieren wir uns an anderen europäischen Märkten?"

Das größte Problem sieht Dommermuth: "Ohne ein klares Regelwerk gibt es keine Chancengleichheit. Denn wenn ein Neueinsteiger im Vorfeld der Frequenzauktion den Kalkulationsrahmen für National Roaming nicht zumindest grob abschätzen kann, dann kann er kein optimales Gebot abgeben. Welche Kosten soll er für die Mitnutzung vorhandener Netze während der Jahre des Netzaufbaus annehmen?"

Dommermuth kann rechnen

Dommermuth hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er rechnen kann. "Monatlich nur drei Euro Unterschied pro Kunde ergeben beispielsweise bei zehn Millionen Kunden 360 Millionen Euro jährliche Mehr- oder Minderkosten." Das Geld könnte man besser bei der Frequenzversteigerung einsetzen.

Die harten Auflagen für 5G bringen die etablierten Netzbetreiber auf die Barrikaden. Dommermuth sieht, dass vorhandene Netzbetreiber den Betrieb ihrer Netze für die Jahre des Übergangs bis zur flächendeckenden 5G-Versorgung genau kalkulieren und auf dieser Basis einen genauen Business-Plan aufstellen und ein optimales Gebot ermitteln können.

Kommt United Internet oder nicht?

Und schließlich die alles entscheidende Frage: "Wie hoch ist aktuell die Wahrscheinlichkeit, dass Sie als vierter Anbieter neben den großen Drei, Telekom, Vodafone und Telefónica, in die Frequenz-Auktion einsteigen?"

Die vielsagende Antwort: "Es sieht momentan nicht besonders gut aus, aber bis zum 26. November ist ja noch etwas Zeit. Wir warten die endgültigen Bedingungen ab, analysieren alles genau und entscheiden dann. So haben wir es von Anfang an gesagt."

Was hätten die Kunden von United Internet als viertem Netzanbieter?

Dommermuth gibt sich hier selbstbewusst: "Unsere Kunden schätzen die Qualität unserer Produkte, unsere Innovationen und unseren vielfach ausgezeichneten Service. Und unsere günstigen Preise. Unser Angebot an Deutschland ist, dass wir von Anfang an ein echtes 5G-Netz bauen, auf Basis eines speziellen 5G-Antennenrasters. Diese Antennen schließen wir an unser Glasfasernetz an, welches zu den leistungsfähigsten in Deutschland zählt. Anschließend gäbe es in Deutschland einen harten Wettbewerb um echtes 5G, zum Wohle von Bürgern und Unternehmen. Denn durch unseren Markteinstieg käme das Oligopol sicher in Bewegung. Und könnte sich nicht nur auf das Schließen von Funklöchern konzentrieren, was ja mit herkömmlicher Technik funktioniert. Die bisherigen Anbieter müssten ebenfalls kraftvoll in den 5G-Ausbau investieren!"

Eine Einschätzung

Durch den Erwerb der Drillisch AG, die bis zu 30 Prozent der Netzkapazitäten von o2 nutzen darf, durch die Zuteilung einer eigenen Mobilfunkvorwahl, von der nicht zweifelsfrei bekannt ist, ob sie genutzt wird resp. freigeschaltet ist, könnte United Internet schon heute als vierter "Netzbetreiber" auftreten. Der Aufwand wäre aber beträchtlich. Die eigene Vorwahl müsste mühsam mit allen aktiven Netzbetreibern verhandelt werden, damit sie auch aus allen Netzen erreichbar ist. Die möglichen Einnahmen aus Interconnect sind reguliert und für alle Anbieter gleich.

Im Moment verkauft Drillisch Minuten, SMS und Megabytes im Netz von o2 und kann hier 2G, 3G und 4G nutzen. Vereinzelt gibt es noch Tarife im Netz von Vodafone, wo aber nur 2G und 3G genutzt werden können, die Telekom hat das Unternehmen nach einem gütlich beigelegten Streit nicht mehr im Portfolio. Mit seinen extrem günstigen Tarifen, die überwiegend im Online-Handel verkauft werden, hat sich 1&1/Drillisch einen gewissen Marktanteil erobert.

Neue weitere Kunden wären mit 5G nur dann zu erzielen, wenn das Angebot noch günstiger als alle Anbieter und zugleich die Netzversorgung genauso gut wie bei den anderen Anbietern oder besser wäre. Das kommt einer Quadratur des Kreises ziemlich nahe. Andererseits hat 1&1 aus den turbulenten Anfangszeiten gelernt, macht heute vieles richtig und hat vieles organisatorisch besser im Griff als mancher etablierter Anbieter. Man darf gespannt sein.

Alle Netzbetreiber liebäugeln übrigens damit, die ältesten Netze abzuschalten, um die dadurch frei werdenden Frequenzen und Technikerkapazitäten für die neueren Netze nutzen zu können. Doch es gibt auch gravierende Argumente gegen eine solche Abschaltung.

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