Telekom-Chef Wössner: Viel regulatorische Probleme
Dirk Wössner erläuterte beim Jahresendgespräch die regulatorischen und organisatorischen Hürden beim schnellen Netzausbau in Deutschland.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Beim Jahresendgespräch stellte Telekom Deutschland Chef Dirk Wössner Ideen zur Beschleunigung und Vereinfachung der Genehmigungsbedingungen in Deutschland vor. Alle Vorschläge klingen vernünftig und logisch, aber die aktuelle Lage sieht leider anders aus.
Mustergenehmigung für Mobilfunk?
Dirk Wössner erläuterte beim Jahresendgespräch die regulatorischen und organisatorischen Hürden beim schnellen Netzausbau in Deutschland.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
So wird für Mobilfunksender beispielsweise eine „Mustergenehmigung“ vorgeschlagen, d.h. eine Basisstation wird in einer bestimmten Konfiguration einmal zugelassen und nach diesem Baumuster kann sie dann überall sofort aufgebaut und eingeschaltet werden, die Genehmigungsbehörden könnten dann im Nachhinein bei begründeten Problemen tätig werden.
Die Freileitung braucht ein Genehmigungsupdate
Wenn ein Bauernhof über eine Freileitung an Holzmasten erschlossen ist, darf nicht einfach das Kupferkabel durch ein Glasfaserkabel (mit Stahlseil wegen der Stabilität und Zugbelastung) ausgetauscht werden. Nein, das wäre ein „Update“, d.h. jeder Mast müsste mit Leitplanken versehen und nach den neuesten Sicherheitsvorschriften extra markiert werden.
Unterschiedliche Genehmigungen - je nach Bundesland
Genehmigungen sind je nach Bundesland unterschiedlich. Gemeinden, die eine Förderung beantragen wollen, gehen ein hohes Risiko ein, wenn die Förderung am Ende nicht so klappt, wie gedacht. Viele Gemeinden seien organisatorisch gar nicht in der Lage, diese Antragsverfahren durchzuführen. Wössner könnte sich vorstellen, den Gemeinden bei der Antragstellung zu helfen, "aber das dürfen wir nicht!"
Kein digitaler Prozess - kein Workflow
Wössner bemängelte: „Es fehlt ein volldigitales Verfahren, es gibt keinen klaren „Workflow“ (klar definierter Arbeitsablauf). Das sogenannte „Förderregime“ müsse vereinfacht werden, es solle freie Bahn frei für Kooperationen eben.
Warten auf Genehmigung zur Kooperation
Der aktuelle Antrag von Telekom und EWE zur Genehmigung einer gemeinsamen Ausbaugesellschaft für Glasfaser hätte planmäßig 3 Monate dauern sollen, daraus wurden bislang 9 Monate, derzeit sei wohl die letzte Phase erreicht, aber offizielle Informationen gebe es nicht.
„Wie darf man sich über Ausbau abstimmen?“ Kartellrechtlich sei das alles überaus heikel.
Gesellschaftlichen Konsens umsetzen
Dabei gebe es längst einen gesellschaftlichen Konsens über den Ausbau digitaler Infrastruktur. Wössner stellte auch die Frage, ob eine einheitliche bundesweite Regulierung der Telekom noch sinnvoll sei. Schon beim BREKO Abend hatte Wössner bekannt gegeben, dass die Telekom über 3 Millionen Haushalte mit schnellem Internet versorgt, das sie von Drittlieferanten bezieht und es soll mehr werden, aber die rechtlichen Rahmenbedingungen sind kompliziert.
Renaissance des Wholebuy?
Der „Wholebuy“ (= Telekom kauft Leistungen von Drittanbietern ein) werde schrittweise immer besser, habe aber noch nicht volle Funktionalität erreicht. So könne MagentaTV bei Zulieferung der Signalleitung und des Datenstroms über Fremdanbieter nur in der OTT-Lösung gebucht werden.
Es gäbe Stadtwerke, die die Telekom nicht auf ihre Leitungen lassen wollten. Es gäbe kleinere Netzbetreiber, die anfangs Bedenken hätten, die Telekom zu beliefern, doch dort finde ein Umdenken statt.
Es gäbe sogar Netzinhaber, die auf der Suche nach Betreibern eines bereits aufgebauten Netzes seien, was auch die Telekom leisten könne. Bei kleineren Netzbetreibern gehe noch die Angst um, bei einer Zusammenarbeit mit der Telekom in den Sog der Regulierung zu geraten.
Fertige Glasfaser einkaufen?
Die Telekom plane auch bei Fremdlieferanten FTTH einzukaufen, derzeit noch im Testmodus. Auch der Verkauf von FTTH-Glasfaseranschlüssen an andere Anbieter sei angedacht, es gebe schon Anfragen, aber dafür fehlten noch die genauen Regulierungen der Bundesnetzagentur. FTTH ist ein Regulierungsthema, der Regulierungsrahmen ist noch unklar, es gibt deutliche Unterschiede, ob Sie ein Mehrfamilienhaus in der Stadt oder ein Einfamilienhaus auf dem Land mit Glasfaser anschließen wollen.
FTTB (Glasfaser nur bis zum Haus in den Keller) hält Wössner für eine „Übergangstechnologie“, die richtige Lösung sei FTTH bis zum Kunden in die Wohnung zu liefern.
Viele gute Absichten
Dabei hat Wössner bemerkt, dass alle Beteiligten durchaus gute Absichten hätten. Der Streit um Trenching (=Auffräsen der Gehwege) ist kein Geld-Thema, sondern ein Kompetenz-Thema. Muss eine Glasfaser „frostsicher für die Ewigkeit“ verlegt werden? „Man kann sie sogar in einer Wasserleitung verlegen, die Glasfaser kann nicht einfrieren.“ Beim Trenching kann der Bautrupp etwa 750 Meter pro Tag in einem Ort verlegen. Durch klassisches Aufgraben sinkt die Rate auf 100 bis 150 Meter pro Tag. „Trenching bedeutet weniger Stress für Anwohner.“ Dabei kann sich Wössner durchaus eine rechtliche Absicherung gegen spätere Folgeschäden bei beschädigten Trenching-Leitungen vorstellen, um die „Angst“ vor dieser Technik zu nehmen.
Trenching sei 40-50 Prozent pro laufender Meter günstiger, anders herum gerechnet könnte man 30-40 Prozent mehr Ausbau pro Jahr fürs gleiche Geld leisten. Auch wenn von öffentlichen Gebäuden als Standort gesprochen werde, viele öffentliche Gebäude hätten die bestehenden Mobilfunk-Mietverträge gekündigt, offenbar weil Mieter im Haus dagegen seien.
Kundenbeschwerden halbiert
Neben allerlei regulatorischen Problemen gibt es auch gute Nachrichten. 30.000 Mitarbeiter/innen im Service der Telekom bedienen aktuell 60 Millionen Kunden und fuhren 40.000 Einsätze im Außendienst vor Ort. Dabei hätten sich in den letzten zwei Jahren die Kundenbeschwerden halbiert.
Die Zahl der geplatzten Techniker-Termine (Techniker angekündigt, kam aber nicht) sei auf unter 1,5 Prozent gedrückt worden. An der Hotline konnte die Wartezeit der Anrufer auf einen Mitarbeiter um 25 Prozent auf unter zwei Minuten gesenkt werden. 42 Prozent der Probleme konnten im ersten Anruf geklärt werden.