Verstopftes o2-Netz

o2 UK drosselt Kunden beim Datenroaming

Seit in der EU Roaming zu gleichen Konditionen wie im Heimatland gilt, nutzen vor allem britische Kunden von o2 UK die Möglichkeiten exzessiv. Allerdings dermaßen stark, dass sich o2 UK zu drastischen Maßnahmen genötigt sieht.
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EU-Roaming Gedrosselt: Britische o2-Kunden im EU-Ausland laden zu viel herunter
Logo: o2, Fotos: md3d - fotolia.com/ teltarif.de, Montage: teltarif.de
Urlaubszeit ist Reisezeit und so langsam entdecken die europäischen Mobil­funk­kunden die neuen EU-Richtlinien für Roaming und nutzen sie entsprechend kräftig, stärker als erwartet. Das führt bereits zu den ersten Überlastungen der Netze im EU-Ausland.

Aus England kommt nun die Nachricht, dass der Netz­betreiber o2 UK eingeräumt habe, die Daten­rate seiner Kunden im Ausland zu drosseln, um eine Über­lastung der Netze zu vermeiden.

Die Kollegen von Golem hatten daraus zunächst die Vermutung abgeleitet, dass o2 generell seine Kunden im EU-Ausland drosselt. Das ist nach Auskunft eines Sprechers von Telefónica Deutschland und Hintergrund-Informationen aus unternehmens­nahen Kreisen jedoch nicht der Fall. Eigene Erfahrungen der Redaktion mit deutschen originalen o2- und migrierten E-Plus-/BASE-SIM-Karten im europäischen Ausland bestätigen die Informationen. Golem hat seine Meldung inzwischen entsprechend korrigiert.

Wie die englische Zeitschrift The Register weiter ausführt, habe o2 UK zugegeben, als "vorüber­gehende Maßnahme" die im Ausland erziel­bare Datenrate per LTE seiner Kunden zu drosseln, um den gestiegenen Anforderungen im Netz gerecht werden zu können.

Eingebrochene Datenübertragung

Aufgefallen war das Problem einem o2-UK-Kunden, der seit dem 15. Juni, als die Roaming­gebühren weg­gefallen waren, in Dublin (Irland) keinen Zugriff mehr auf das örtliche LTE-Netz bekam. Infolge dessen ist seine Datenrate via LTE auf etwa 0,5 Mbit/s erheblich gesunken. Der Kunde führte einige Speedtests mit SIM-Karten verschiedener britischer Netz­betreiber in Irland durch und kam zu dem Schluss, dass o2 UK im Moment das schlechteste Angebot für Daten­roaming im EU-Ausland biete.

"Man konnte das richtig sehen", berichtete der Kunde im englischen o2-UK-Kundenforum, "Das Telefon startete mit mehr als 10 Mbit/s und rutschte dann sofort auf 0,5 Mbit/s runter. Ich war schockiert, weil ich kein LTE nutzen konnte." Der Kunde rief die o2-Hotline an und forderte sie auf, die Drossel raus­zunehmen und den LTE-Zugriff wieder frei­zuschalten. Ihm sei es vorgekommen, als ob sein Netz­betreiber ein Geiz­kragen sei, der ihm einfach nicht mehr zugestehen wollte.

In einer Stellung­nahme gegenüber The Register betonte o2 UK, das sie durch "Shaping" und Drossel­maßnahmen ihre Dienste schützen müssten, um wenigstens noch eine bestimmte Datenrate gewähr­leisten zu können. Offenbar nutzen zu viele Kunden von o2 UK im Ausland zu viele Daten. "Das Daten­roaming habe alle Erwartungen übertroffen", sagte eine Sprecherin des britischen Netz­betreibers, "weswegen wir vorüber­gehend Maßnahmen ergreifen mussten." Diese Firewalls seien aber nur temporär und würden in den nächsten Wochen wieder zurück­gefahren, heißt es seitens o2 UK.

Roamingprobleme nicht nur bei o2 UK

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Schon Anfang der Woche hatten sich Kunden des britischen Discounters Virgin Mobile beschwert, sie können auf dem Festland beziehungs­weise Kontinental­europa überhaupt nicht mehr roamen. Damit hat o2 UK aber rein gar nichts zu tun, denn Virgin-Mobile-Kunden nutzen das Netz von BT Mobile, ehemals EE (Everything Everywhere). Das wiederum ist aus den ehemaligen Netzen von Orange UK und T-Mobile UK entstanden und gehört jetzt zur British Telecom, womit es wiederum indirekt zur Deutschen Telekom gehört. Hier wurde ähnlich wie bei bestimmten deutschen Discount-Angeboten das Roaming-Angebot offenbar komplett eingestellt, um die Kosten im Griff halten und günstige Tarife realisieren zu können.

Man sieht: Die Briten haben ähnliche Probleme, wie sie auch auf dem deutschen Markt bekannt sind.

o2 Deutschland drosselt auch, aber anders

Telefónica Deutschland drosselt seine Kunden bei Roaming derzeit auch, allerdings nicht auf dieselbe Art und Weise wie o2 UK. Bei deutschen Kunden wird erst ab Erreichen der vertrag­lichen Volumen­grenze gedrosselt und das auf maximal 250 Kbit/s, wie ein ehemaliger o2-Mitarbeiter gegenüber teltarif.de erklärte.

Gleichwohl tauchen immer wieder einzelne Beschwerden über schlechte Erreich­barkeit auf oder Probleme, abgehenden Telefonate im Ausland aufzu­bauen. So wurden mit +49 oder 0049 gewählte existierende Ruf­nummern im Ausland als "nicht vergeben" angesagt. Roaming-Kunden sind im Ziel­land mit derselben Fehler­meldung nicht erreich­bar. Diese Probleme müssen nicht unbedingt mit dem heimischen Netz­anbieter zu tun haben, sondern können schlicht auch auf örtliche Über­lastungen im Urlaubs­land zurück­zuführen sein. Grund dafür ist, dass Roaming-Kunden oft eine niedrigere Priorität als heimische Kunden im jeweiligen Netz haben.

Aber auch Kunden großer Anbieter wie der Deutschen Telekom können im Ausland über ungewohnte Probleme berichten. So funktioniert das LTE-Roaming in vielen Ländern nicht störungs­frei. Zwar können sich Telekom-Kunden in alle LTE-Netze Frankreichs oder Spaniens einbuchen, zeit­weise fließen dabei aber keine mobilen Daten. VoLTE-Roaming ist generell noch nicht aktiviert, da die dahinter­liegenden technischen und organisatorischen Abläufe extrem kompliziert sind. Die einzige Abhilfe ist hier die LTE-Funktion des eigenen Handys im Urlaub abzuschalten. Oft kann es sein, dass LTE erst zu einem späteren Zeitpunkt wieder funktioniert, wie Tests der teltarif.de-Redaktion im Ausland ergaben.

Geklagt wird oft auch, dass im besuchten Land nur noch ein Netz von mehreren dort möglichen Anbietern genutzt werden kann. Das vor Ort mögliche Netz hängt oft von der Gesell­schafts­struktur des eigenen Anbieters und dessen Partner­netzen sowie internen Verrechnungs­verträgen ab. Manchmal kann auch eine mehrfach hinter­einander durch­geführte manuelle Netz­wahl Abhilfe schaffen. So können beispiels­weise Vodafone-Kunden in Österreich oft nur Mobilkom A1 als Partner­netz nutzen. Mit etwas Beharr­lichkeit bucht sich die SIM-Karte aber auch bei T-Mobile Austria oder Drei, ehemals Orange, ein.

In einem gesonderten Artikel erklären wir, wie Sie mit ihrem Android-Smartphone im EU-Ausland mit LTE surfen können.

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