Obergrenzen

Fair-Use-Grenze beim Roaming: Das gilt für Handy-Nutzer

Die soge­nannte Fair-Use-Grenze oder -Policy soll die über­mäßige Nutzung der neuen EU-Roaming-Verord­nung verhin­dern. Wir erklären Ihnen ausführ­lich, was die Rege­lung für Sie bedeutet.
Von Thorsten Neuhetzki /

Roam like at home (RLAH) heißt die seit Juni 2017 gültige EU-Verord­nung, die im Kern besagt, dass ein Handy­tarif aus Deutsch­land zu glei­chen Kondi­tionen auch im EU-Ausland (sowie Norwegen, Liech­tenstein und Island) gelten muss. Doch ganz so einfach ist es doch nicht: Es gibt insbe­sondere beim Daten-Roaming Ausnahmen, die zu einer Kosten­falle werden können - ab dem ersten Monat im Ausland. Weitere Ausnahmen gibt es für eine dauer­hafte Nutzung eines Tarifes im Ausland. Diese beiden so genannten Fair-Use-Regeln sollen die Anbieter davor schützen, dass sie durch inten­sive Nutzung des Tarifes im Ausland durch ihren Kunden zuzahlen müssen. Wie Sie das Daten-Roaming am Handy akti­vieren können, zeigen wir Ihnen für Android und iOS.

Hohes Daten­volumen bei nied­rigem Preis: Einschrän­kung erlaubt

Justitia vor der Europa-Flagge Die Fair-Use-Policy soll verhindern, dass Kunden sich die EU-weit günstigsten Tarife herauspicken
Bild: (c) dpa
Auf den ersten Blick gibt es in Deutsch­land kaum Flat­rates mit unli­mitierter Daten­nutzung. Tatsäch­lich aber geht die EU auch bei einem gedros­selten Tarif von einer unli­mitierten Flat­rate aus. Um zu erfahren, wie viel Daten­traffic dem Kunden ohne Aufpreis zusteht, kommt eine Formel zum Einsatz. Sie lautet (Monats­preis durch Groß­handels­preis) x 2. Dieser Groß­handels­preis soll bis zum Jahr 2027 jähr­lich weiter sinken und die Daten­volumen im Ausland dadurch steigen.

Die Groß­handels­preise (Netto) im Einzelnen:

  • im Jahr 2024 1,8445 Euro (netto 1,55 Euro)
  • im Jahr 2025 1,547 Euro (netto 1,30 Euro)
  • im Jahr 2026 1,309 Euro (netto 1,10 Euro)
  • ab dem Jahr 2027 1,19 Euro (netto 1,00 Euro)
Ob ein Anbieter diese Regel einsetzt, obliegt ihm selbst. Er ist berech­tigt, den Aufpreis zu nehmen, muss es aber nicht.

Reiner Volu­mentarif wird kompli­zierter berechnet

Für den Fall, dass ein Kunde wirk­lich nur ein Inklu­sivvo­lumen hat und danach offline ist, darf der Anbieter jenen Kunden, die kein unbe­grenztes Daten­volumen nutzen, einen Betrag für über­mäßiges Roaming in Rech­nung stellen, wenn sie weniger als 1,8445 Euro pro Giga­byte bezahlen. Hat ein Kunde zu Hause einen Vertrag mit unli­mitierter Tele­fonie und SMS sowie 3 GB Daten für 30 Euro monat­lich, so muss der Kunde 30 (Euro) durch 3 (Giga­byte) teilen - also Grund­gebühr geteilt durch Daten­volumen - und bekommt einen Wert von 10 (Euro pro Giga­byte). Dieser Wert liegt über den genannten 1,8445 Euro, die gebuchten 3 GB können voll­umfäng­lich im EU-Ausland genutzt werden.

Hat der Kunde zum glei­chen Preis aber 20 GB Daten­volumen gebucht, so liegt der rech­neri­sche Wert bei 1,50 Euro pro GB (30 ÷ 20 = 1,5). In diesem Fall kommt eine weitere kompli­zierte Formel zum Einsatz, die den Groß­handels­preis für Daten von 1,8445 Euro beinhaltet. Dazu wird der Monats­preis des Vertrags durch diesen Groß­handels­preis geteilt (30 ÷ 1,8445 = 16,26) und dieser Wert von 16,26 verdop­pelt. Das Ergebnis von 32,52 ist die Höhe des Giga­byte-Volu­mens, dass der Nutzer im EU-Ausland ohne weitere Kosten versurfen kann. Darüber hinaus darf der Anbieter Kosten von 1,8445 Euro pro GB berechnen.

Wichtig: Der Anbieter muss über dieses Limit infor­mieren und auch mitteilen, wenn das Volumen im Ausland verbraucht wurde.

Dauer­hafte Nutzung im Ausland nicht ohne Weiteres zulässig

Der Handy­tarif sollte in dem Land abge­schlossen worden sein, in dem die Nutzung vorrangig erfolgt. Denn wenn der Tarif inner­halb von vier Monaten den über­wiegenden Teil der Zeit im Ausland genutzt wurde, ist der Anbieter berech­tigt, vom Kunden einen Nach­weis für die zukünf­tige Haupt­nutzung im Inland zu verlangen. Wie die Anbieter das umsetzen werden, bleibt abzu­warten. Als Beleg will Telefónica beispiels­weise folgende Doku­mente gelten lassen: Ein Nach­weis über ein dauer­haftes Voll­zeit­beschäf­tigungs­ver­hältnis, wieder­keh­rende Voll­zeit­stu­dien­kurse, Erklä­rungen und Nach­weise von Arbeit­gebern oder Bildungs­ein­rich­tungen, eine Eintra­gung im Einwoh­ner­register, aus der hervor geht, dass sich der Kunde im Mitglied­staat dauer­haft aufhält, und andere vernünf­tige Unter­lagen, die stabile Bindungen oder den festen Wohnort belegen können (beispiels­weise Miet­ver­träge). Erfolgt dieser Nach­weis nicht, darf dem Kunden ein Aufschlag zu seinem natio­nalen Tarif in Rech­nung gestellt werden.

Je nach Hand­habung des Anbie­ters und Möglich­keit des Nach­weises dürften somit selbst Winter-Resi­denzler auf Mallorca eine Nutzungs­mög­lich­keit beim EU-Roaming haben. Auch für Pendler sollte es keine Probleme geben. Aller­dings: Wer sich gezielt im Ausland einen Billig-Vertrag zulegt, ohne jegliche Bezie­hung zu dem Land zu haben, der wird künftig zuzahlen müssen.

Die wich­tigsten Hinweise zum EU-Roaming finden Sie in unserem Ratgeber-Artikel: Der Euro-Tarif im Detail.

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