Streaming

TVNOW Premium: RTL-Streaming-Dienst im Test

"Alles inklu­sive. 4,99 Euro im Monat." Ein voll­mundiges Verspre­chen, das TVNOW auf der Anmel­deseite für seinen kosten­pflich­tigen Strea­ming-Dienst abgibt. Doch kann die RTL-Tochter zu diesem Dumping-Preis auch mit den US-Giganten Netflix und Amazon mithalten? Wir haben uns das Angebot aus Köln genau ange­schaut.
Von Björn König

John Malkovich als Hercule Poirot Exklusiv bei TVNOW: Agatha Christies "Die Morde des Herrn ABC" mit John Malkovich als Hercule Poirot.
Foto: Mediengruppe RTL
Eine bekannte Redensart lautet: "Wer billig kauft, kauft zweimal". Was bei Waren gilt, muss aber noch lange nicht auf Strea­ming-Dienste zutreffen. Oder viel­leicht doch? Bei TVNOW könnte der Eindruck immerhin leicht aufkommen, denn eine Strea­ming-Flat mit wirk­lich vielen inter­essanten Inhalten kann es doch nicht dauer­haft zum Dumping-Preis geben. Immerhin verlangt der Bran­chen­primus Netflix selbst für sein Stan­dard-Abo in HD mitt­lerweile fast satte 12 Euro im Monat.

Auch beim Wett­bewerber Amazon kostet der Film- und Seri­enspaß knapp 8 Euro im Monat, sofern man eben­falls monat­lich kündigen möchte. Zwar ist dann auch der kosten­lose Versand als Prime-Mitglied inklu­sive, dennoch ist die Diffe­renz deut­lich. So viel gleich vorweg: Das Verspre­chen, für 4,99 Euro im Monat "alles inklu­sive" anzu­bieten, konnte TVNOW zumin­dest in unserem Test nicht einhalten. Dennoch gab es durchaus einige sehens­werte Über­raschungen im Programm.

Das Angebot

John Malkovich als Hercule Poirot Exklusiv bei TVNOW: Agatha Christies "Die Morde des Herrn ABC" mit John Malkovich als Hercule Poirot.
Foto: Mediengruppe RTL
RTL hat sich ein unge­wöhn­liches Konzept für seinen Strea­ming-Dienst ausge­dacht. Einige Inhalte gibt es nämlich auch ohne Abo gratis, dafür aller­dings nur im Browser. Wer in der App schauen möchte, braucht in jedem Falle das zuvor genannte Premium-Abo für 4,99 Euro pro Monat. Die gute Nach­richt zuerst: Es gibt nur ein monat­lich künd­bares Abo-Modell. Dafür sind dann die RTL-Sender sowie das zuge­hörige VoD-Angebot in HD-Qualität inklu­sive. RTL verspricht zudem weniger Werbung und ein 30-Tage-Archiv für Sendung nach Ausstrah­lung. Neben den Free-TV-Sendern gibt es außerdem noch Live-Streams der Pay-TV-Sender RTL Crime, RTL Living, und GEO Tele­vision sowie den neuen Seri­ensender NOW.

Binge-Watcher bekommen bei TVNOW tatsäch­lich das eine oder andere High­light geboten. Insbe­sondere für Fans des Genres Krimi gibt es exklu­sive Erst­ausstrah­lungn, wie beispiels­weise "Die Wahr­heit über den Fall Harry Quebert" mit Patrick Dempsey oder John Malko­vich als Hercule Poirot in Agatha Chris­ties "Die Morde des Herrn ABC". Weitere exklu­sive Produk­tionen sind unter anderem "Mary kills People" sowie die Emmy-nomi­nierte Serie "Schitt's Creek" mit Eugene Levy in der Haupt­rolle.

Auf der Minus-Seite steht dann aller­dings viel abge­stan­dene Kost aus dem Programm der RTL-Sender­familie. Darunter befindet sich beispiels­weise "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" oder "Die Bache­lorette". Ein weiterer Nach­teil: Die bislang kosten­lose Watchbox-App wurde einge­stellt, deren Inhalte finden sich nun bei TVNOW Premium bzw. sind nur noch über den Browser kostenlos verfügbar. Das ist beson­ders für Chro­mecast-Nutzer ärger­lich.

Die Konkur­renz im Vergleich

Der Knack­punkt bei TVNOW ist wie auch bei Joyn das mangelnde Angebot an hoch­karä­tigen Eigen­produk­tionen. Hier haben Netflix und Amazon als inter­natio­nale Anbieter mit viel Kapi­talein­satz natür­lich ganz andere Möglich­keiten. So besteht der Katalog von Netflix mitt­lerweile über­wiegend aus Eigen­produk­tionen, während Lizenz­ware mehr und mehr in den Hinter­grund rückt. Das hat unter anderem auch mit dem Start des neuen Konkur­renten Disney+ zu tun. In unserem Test konnte auch die tech­nische Qualität im Vergleich zu den US-Wett­bewer­bern kaum über­zeugen. So gab es immer wieder Unter­brechungen bzw. Verzö­gerungen im Stream.

Wer zumin­dest das Basis­angebot von TVNOW auf dem Fire TV sehen möchte, schaut eben­falls buch­stäb­lich in die Röhre. Die Fire-TV-App richtet sich ausschließ­lich an zahlende Premium-Abon­nenten. Auch beim Thema Live-TV kann das RTL-Angebot kaum mithalten: Beim Mitbe­werber Joyn sind nicht nur die Programme der ProSieben-Gruppe sondern darüber hinaus die öffent­lich-recht­lichen Sender und zahl­reiche weitere Privat­sender von Disco­very Networks und Viacom verfügbar. Selbst Zattoo bietet eine kosten­lose Vari­ante mit deut­lich mehr Programmen und Chro­mecast-Unter­stüt­zung. Mit Einschrän­kungen kostenlos gibt es hier zumin­dest auch eine App für den Amazon Fire TV.

Fazit: TVNOW Premium

Wer kein einge­fleischter RTL-Fan ist, kann sich die 4,99 Euro im Monat getrost sparen. Weder das inhalt­liche Angebot noch die tech­nische Umset­zung können im Vergleich mit Joyn oder Zattoo über­zeugen, von Netflix und Amazon mal ganz zu schweigen. Übri­gens muss man sich bei TVNOW trotz monat­licher Gebühr auch weiterhin Werbung anschauen. Sowohl regulär im Live TV als auch per App mit einem Spot vor der Sendung. Einzig die Pay-TV-Sender RTL Crime, Living und GEO sind ein gewisses Allein­stel­lungs­merkmal, das jedoch unserer Ansicht nach den Preis nicht recht­fertigt.

Wer eine kosten­freie Vari­ante aus Live-TV und VoD-Angebot sucht, ist bei Joyn defi­nitiv besser beraten. Wer für den Strea­ming-Spaß einige Euro im Monat parat hat, geht besser zu Amazon, Netflix oder wartet auf das voraus­sicht­lich noch in diesem Jahr star­tende Disney+. RTL wäre sicher­lich besser beraten, die eigenen Live-TV-Sender und VoD-Inhalte in Joyn beizu­steuern. Das ist gerade auch im Sinne der Zuschauer, welche dann nicht mehrere Apps für alle Inhalte der deut­schen Sender instal­lieren müssten.

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