Themenspezial: Verbraucher & Service Diskussion

Private vs. Öffentlich-Rechliche: Streit um den Rundfunk­beitrag

Auf den Medientagen in München debattieren die Medienmacher unter anderem über ein typisch deutsches Thema: den Rundfunkbeitrag von derzeit 17,50 Euro monatlich pro Haushalt.
Von Rita Deutschbein mit Material von dpa

Streit über den Rundfunkbeitrag Streit über den Rundfunkbeitrag
Bild: dpa
Die Geschäftsführerin von RTL Deutschland, Anke Schäferkordt, hat den Minister­präsidenten vorgeworfen, die privaten Medien im Wettbewerb mit öffentlich-rechtlichen und Internet­giganten im Stich zu lassen. Zur Eröffnung der Medientage München sagte sie: "Die Marktverzerrung durch mehr als acht Milliarden Euro Rundfunk­beitrag bei ARD und ZDF muss endlich eingedämmt werden. Wie die Ergebnisse der Minister­präsidenten­konferenz vorige Woche zeigen, ist die Verflechtung von Politik, Gremien und Anstalten unverändert eng. Keiner traut sich an die dringend notwendigen, wirklichen Veränderungen heran."

Streit über den Rundfunkbeitrag Streit über den Rundfunkbeitrag
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Die Minister­präsidenten hatten vergangene Woche in Saarbrücken vereinbart, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio mehr Freiheit bei ihren redaktionellen Angeboten im Internet bekommen sollen. Schäferkordt kritisierte das: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bekomme so den Auftrag, "mit Beitragsgeldern die amerikanischen Plattformen durch kostenlose Zurverfügung­stellung originärer Produktionen zu stärken, während die privaten Medien (...) mit diesen Plattformen über tragfähige Geschäftsmodelle verhandeln. Hut ab vor dieser Spitze der Wettbewerbs­verzerrung!"

Hintergrund: Von der GEZ zum Rundfunk­beitrag

Seit dem 1. Januar 2013 ist jeder Haushalt in Deutschland verpflichtet, den Rundfunk­beitrag zu zahlen. Zu Beginn der Einführung lag die Höhe der Gebühr bei monatlich 17,98 Euro, sie wurde zum 1. April 2015 aber auf die aktuell noch geltenden 17,50 Euro im Monat gesenkt.

Im Vergleich zur alten Rundfunkgebühr, auch GEZ genannt, gilt die Abgabepflicht für Privat­personen nun nicht mehr pro Empfangsgerät, sondern pro Haushalt. Zudem ist es Seh- und Hörgeschädigten seit der Umstellung auf die neue Rundfunkgebühr nicht mehr möglich, sich vollkommen von der Zahlung befreien zu lassen. Sie müssen in der Regel einen ermäßigten monatlichen Rundfunk­beitrag zahlen.

Immer wieder kommen Diskussionen über eine Erhöhung des Beitrags auf. Kosten von monatlich über 19 Euro pro Haushalt sind seit Längerem schon im Gespräch. Zuständig für die Ermittlung des Finanzbedarfs ist die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunk­anstalten (KEF).

Streit um Gelder

Der künftige ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm lehnte bei den Medientagen den Vorschlag ab, einen Teil der Rundfunkbeiträge privaten Anbietern zu überlassen: "Die Privaten haben sehr hohe Gewinne, haben über die vergangenen Jahre sehr gut verdient. Insofern mutet der Ruf nach öffentlichen Geldern merkwürdig an." Trotz voller Kassen sei der Anteil politischer Angebote bei den großen Privat­sendern gesunken. "Bevor man hier nach öffentlichen Mitteln ruft, könnte die eigene Etatsituation hier durchaus mehr ermöglichen", sagte BR-Intendant Wilhelm, der Anfang Januar den ARD-Vorsitz übernimmt.

Der Gastgeber der Medientage, Siegfried Schneider, hatte am Montag eine Reform des Rundfunk­beitrags zugunsten privater Anbieter vorgeschlagen: "Ein Teil der jährlichen Einnahmen könnte ja ausgeschrieben werden, zum Beispiel für die Produktion eines politischen Magazins. Darauf könnten sich dann private ebenso wie öffentlich-rechtliche Medien bewerben", sagte Schneider der Deutschen Presse-Agentur. Er ist Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien und derzeit Vorsitzender der Direktoren­konferenz der Landes­medien­anstalten in Deutschland.

Mehr Freiräume für digitale Medien

Der Google-Deutschland-Chef Philipp Justus forderte in München mehr Freiräume für digitale Medien: "Ich sehe in Deutschland noch viel zu häufig den Reflex, jedes neue Medium umgehend mit alter Regulierung beschränken zu wollen." Auf diese Weise könne Deutschland nicht international wettbewerbsfähig sein. "Wir brauchen mehr Möglichkeiten für digitale Innovationen und nicht das Ausbremsen, weil wir das Gefühl haben, wir müssen alte Modelle schützen", sagte Justus.

Ein großer Trend sind nach Überzeugung des Google-Managers digitale Sprachassistenten: "Die Interaktion zwischen Nutzern und Geräten wird in den nächsten Jahren immer mehr über gesprochene Sprache stattfinden." Auf mobilen Geräten werde schon jetzt jede fünfte Google-Suchanfrage gesprochen statt geschrieben.

Auch das selbstfahrende Auto der Zukunft ist für Medienanbieter nach Expertenansicht eine große Chance: "Wenn die Fahrzeit zur Freizeit wird, wird der Fahrersitz zur Fernsehcouch", sagte der Vodafone-Deutschland-Chef Hannes Ametsreiter.

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