Breitbandausbau

Mehr Glasfaser, mehr Ärger

Der Ausbau von schnellen Internet-Anschlüssen ist in der Politik eins der Top-Themen - allerdings gibt es eine Menge Streit darüber, wie der Breitbandausbau am besten zu bewerkstelligen ist.
Von Jan Rähm

Verlegung von Glasfaser-Kabeln für schnelle Internetanschlüsse Verlegung von Glasfaser-Kabeln für schnelle Internetanschlüsse
Bild: dpa
Der Ausbau einer schnellen Internet-Anbindung in Deutschland ist – zumindest politisch – eines der Top-Zukunftsthemen. Nicht nur hat Deutschland derzeit ganze drei "Internet-Ministerien", sondern auch diverse Förderprogramme für den Netzausbau auf Landes- wie Bundesebene. In Deutschland gibt es allerdings auch eine Menge Streit darüber, wie der Netzausbau vonstatten­gehen soll. In dieser Woche stand beides auf der Tagesordnung: Ärger über behinderten Netzausbau und die Bilanz von nunmehr vier Förderrunden der Breitbandförderung des Bundes.

Verlegung von Glasfaser-Kabeln für schnelle Internetanschlüsse Verlegung von Glasfaser-Kabeln für schnelle Internetanschlüsse
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Am Donnerstag trat ein sichtbar zufriedener Bundesminister Alexander Dobrindt vor die Presse und resümierte die Breitband-Gigabit-Strategie des Bundes: Von vier Milliarden Euro seien mehr als 3,1 Milliarden Euro in den Breitband-Ausbau geflossen: "Seit April 2016 haben wir mit unserem Bundesprogramm insgesamt schon 290 000 Kilometer neue Glasfaser ermöglicht", so Dobrindt. In der zu Ende gegangenen vierten Förderrunde seien 209 Förderbescheide übergeben worden. Landkreise und Kommunen in unterversorgten Regionen könnten sich über rund 865 Millionen Euro Fördermittel freuen.

Deutschland muss aufholen

Das ausgelobte Breitbandziel von 50 MBit/s für alle deutschen Haushalte scheint jedoch trotz allem nicht greifbar. So hätten laut Ministerium heute 75,5 Prozent aller Haushalte in Deutschland Zugang zu schnellem Internet mit 50 MBit/s oder mehr. Auf Nachfrage räumt der Minister ein, dass schon das Ziel von 50 MBit/s für alle Haushalte bis 2018 aus heutiger Sicht zu gering formuliert war. Vor allem im Vergleich mit der EU und anderen Industrie-Staaten, die in Sachen Ausbau mit zukunftsfähiger Glasfaser mit großem Abstand weit vor Deutschland in der Rangliste liegen. Dobrindt sieht es trotzdem positiv: "Wir haben in Europa die höchste Dynamik beim Breitbandausbau inzwischen. Wir sind nicht ganz vorne. Das ist wahr. Es gibt einen auf Aufholteil, den wir erfüllen müssen."

Vor allem der Ausbau mit der teilweise umstrittenen Vectoring-Technik, die weiter die alte Kupfer-Infrastruktur nutzt, wird von Verbänden und Kommunen bundesweit kritisiert. So forderte beispielsweise der Breitband-Verband Breko in dieser Woche "eine weitsichtige Weiterentwicklung der Breitband-Förderung mit Fokus auf reine Glasfaser". Dem widerspricht der Minister nicht, räumt jedoch ein, dass Vectoring eine notwendige Übergangstechnologie sei. Ähnlich sieht das die Deutsche Telekom, die einen großen Anteil am Breitbandausbau hat und auf Vectoring setzt. Mehrfach betonte das Unternehmen, dass auch mit dem Vectoring-Ausbau Glasfasern verlegt würden. Der Vectoring-Ausbau führt jedoch vermehrt zu Verstimmungen zwischen dem Ex-Staatsunternehmen und den Landkreisen. Die kritisieren, die Telekom beteilige sich nicht an den Markt­erkundungs­verfahren und komme, wenn der Ausbau dann geplant sei, doch noch an und wolle mit Vectoring ausbauen. Das torpediere die Planungsverfahren und gefährde die Förderung, kritisiert Kay Ruge vom Deutschen Landkreistag. Er sagt, man habe das vom "Magenta-Riesen" in der Vergangenheit mehrfach erlebt. So sei es wiederholt vorgekommen, dass sich das Unternehmen entweder nicht an Markt­erkundungs­verfahren, die Voraussetzung für eine Förderung sind, beteiligt oder einen Ausbau in Aussicht gestellt, dann aber doch nicht ausgeführt habe. Ruge kritisiert die fehlende rechtliche Bindungswirkung: "Das konterkariert und bringt solche Fördermodelle oftmals zum Scheitern, weil einzelne wichtige Gemeinden wegbrechen, weil einzelne politische Kompromisse 'Ich finanziere den Teil mit' am Ende dadurch hinfällig werden."

Wider das Rosinenpicken

Rosinenpicken, also den lukrativen Teil des Netzausbaus übernehmen und die teurer zu erschließenden Bereiche außen vor lassen, das wurde der Telekom auch in dieser Woche im Kreis Uelzen vorgeworfen. Das berichtet das Online-Magazin golem.de in Bezug auf die Hannoversche Allgemeine Zeitung. Im gleichen Bericht dementierte die Telekom die Vorwürfe. Man habe lediglich ein bereits begonnenes Projekt beenden wollen.

Solche und ähnliche Streitereien brachten das BMVI zum Handeln. In einer schriftlichen Antwort auf unsere Anfrage heißt es: "Zur Sicherung eines fairen Wettbewerbs hat das BMVI eine Vereinbarung mit der Deutschen Telekom geschlossen. Seitdem hat sich die Problematik deutlich verringert." Mit anderen Worten: Die Telekom sollte sich fortan dort zurückhalten, wo bereits konkrete Planungen in Gange sind. Und wo die Vereinbarung nicht half und die Telekom trotz anderer Planung aktiv wurde, dort soll die Förderung des Bundes deswegen nicht scheitern. Das geht aus einem Papier hervor, dass der Redaktion vorliegt. Darin heißt es: "Eine nach den Richtlinien des Bundes bewilligte Förderung wird weder zurückgenommen noch gekürzt, falls ein Telekom­munikations­unternehmen das keine valide Ausbauabsicht im Markt­erkundungs­verfahren abgegeben hat, nachträglich für Teile des Fördergebietes einen privaten Ausbau ankündigt oder durchführt." Damit können betroffene Landkreise und Kommunen teilweise aufatmen, weil die Förderung gesichert bleibt.

Mehr oder weniger Bürokratie?

Weitere Kritik gibt es daran, dass die Förderprogramme sowohl auf Landes- wie auf Bundesebene laufen. Das, so erklärt es zum Beispiel der Deutsche Landkreistag, führe zu einer deutlichen höheren Bürokratie, weil Anträge mehrfach gefertigt werden müssten. Das sieht das BMVI anders. Das Ministerium hält das Bundesprogramm für "unbürokratisch ausgestaltet". Schriftlich heißt es dazu: "Mit allen interessierten Bundesländern hat das BMVI Verwaltungsvereinbarungen abgeschlossen mit dem Ziel, Doppelarbeit zu vermeiden und den Netzausbau schnellstmöglich umzusetzen."

Das Ende der aktuellen Legislatur bedeutet nicht das Ende der laufenden Förderung auf Bundesebene. So wird es laut Dobrindt mindestens noch eine fünfte Förderrunde geben. Wie es nach der Bundestagswahl im September dann mit dem Breitband­ausbau und der Förderung desselben weitergehen wird, ist aktuell noch nicht abzusehen. Sicher ist nur, dass die Zielrichtung Gigabit-Breitband heißen wird. Und das heißt für Noch-Verkehrs- und Infra­struktur­minister Alexander Dobrindt: "Die Zukunft im Gigabit-Zeitalter, bei der Gigabit-Gesellschaft, ist natürlich der Glasfaser-Ausbau."

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