Erfahrungsberichte: Schüler lebten 7 Tage ohne Handy
Erfahrungsberichte: Schüler lebten 7 Tage ohne Handy
Foto: Vodafone
An der Bushaltestelle hat das Handy
besonders gefehlt. Rund 45 Schüler aus Braunschweig haben freiwillig
eine Woche auf ihre mobilen Verbindungen verzichtet. "Es war
eigentlich alles ganz entspannt", erzählt die 15-jährige Rebecca. Nur an der Bushaltestelle, da hätte sie die Wartezeit gern
mit Simsen oder Chatten verbracht. Je eine zehnte Klasse des Martino-Katharineum-Gymnasiums und der Freien Waldorfschule in Braunschweig
machten bei der handyfreien Woche mit. Auf den Schulhöfen war das
Experiment in allen Klassenstufen ein Thema.
"Die Schüler haben sich erstaunlich viel Gedanken gemacht", sagt Lehrer Michael Spieler vom Martino Katharineum. Damit habe die Aktion ihren Sinn erfüllt. "Mir fehlt manchmal die Ausgewogenheit im Umgang mit den Medien", sagt Spieler. Seiner Einschätzung nach haben 80-Prozent der Schüler mittlerweile ein Smartphone. Die internetfähigen Mobiltelefone seien zwar ohne Frage eine Bereicherung. Aber viele Jugendliche würden oft nur noch auf die kleinen Bildschirme starren und ihre Umwelt nicht mehr wahrnehmen.
Kommunikation problematischer, aber ein Gewinn an Zeit
Erfahrungsberichte: Schüler lebten 7 Tage ohne Handy
Foto: Vodafone
"Zuerst hatte ich an eine Woche ohne Internet gedacht, aber das
wäre nicht kontrollierbar gewesen", erzählte Sarah Winkens von der
Stadt Braunschweig, die die Aktion gemeinsam mit dem Präventionsrat
initiierte. Für die Schüler stand am Montag fest, dass eine Woche
ganz ohne Internet schlimm gewesen wäre. Ohne Handy sei dagegen nur
die Kommunikation umständlich gewesen.
Die 16-jährige Isabel machte eine erstaunliche Erfahrung: "Ich habe bemerkenswert viel Zeit gewonnen." Ihre Hausaufgaben waren schneller erledigt, es blieb mehr Zeit für Sport und andere Dinge. Künftig soll ihr Smartphone deshalb häufiger ausgeschaltet bleiben. Ganz ohne Mobiltelefon kann sie sich ihren Alltag aber nicht vorstellen - genausowenig wie die anderen Schüler. "Ich bin zu einer Party gefahren, die war abgesagt - aber mich konnte ja niemand erreichen", erinnert sie sich.
Auch die Eltern mussten umdenken
Auch manche Eltern waren von der Aktion nicht immer begeistert. "Meine Mutter war aufgeregt, weil ich ihr nicht sagen konnte, dass ich etwas später komme", erzählt Jana. Und Pascal musste es ertragen, 15 Minuten auf seine Freundin zu warten, die sich zum Kinobesuch verspätete: "Sonst klären wir das ja sofort, und nun wusste ich nicht: 'Kommt sie oder nicht?'"
Ihr Mitschüler Nidal entdeckte dagegen das Festnetz wieder für sich. Die Qualität beim Telefonieren sei ja besser als über das Handy. Für Julius dagegen bedeutete die Woche Handy-Fasten vor allem Musikabstinenz: "Das war schon hart, ich habe gar keinen MP3-Player mehr." Viele der Schüler haben auch keine Armbanduhr mehr und wollten deshalb ihr Gerät schnell wieder haben.
"Süchtig ist aber niemand gewesen", erklärt Medienberater Michael Roos vom Elisabethstift der Diakonie Braunschweig, der die Aktion begleitet. Keiner der Schüler habe im Verlauf der Woche gesagt, es gehe nicht ohne Handy. Roos hat an drei Tagen Fragebögen verteilt. Die Ergebnisse sollen am 16. Mai in einer öffentlichen Veranstaltung vorgetragen werden. "Der Verzicht hat das Leben der Jugendlichen nicht vollständig verändert", sagt Roos. "Als positiv haben viele Schüler empfunden, dass der Kommunikationsdruck wegfiel." Der richtige Umgang macht es eben.