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Silvester: Alljährlicher Handynetz-Zusammenbruch bleibt aus

Vor Jahren noch mussten wir zum Jahres­wechsel über zusam­menbre­chende oder völlig über­lastete Mobil­funk-Netze berichten. Das scheint ein für allemal vorbei zu sein. Dafür steigen die Daten­mengen in Schwindel erre­gende Höhen.
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Berlin, war der Höhepunkt der Internetaktivitäten zum Jahreswechsel, hier vor dem Brandenburger Tor. Berlin, war der Höhepunkt der Internetaktivitäten zum Jahreswechsel, hier vor dem Brandenburger Tor.
Foto: dpa / Picture-Alliance
Wenn ein Jahres­wechsel ansteht, liest man in einschlä­gigen Foren übli­cher­weise in den Morgen­stunden von Über­lastung bis hin zu totalen Handy­netz-Ausfällen, wodurch keine Tele­fonie möglich war, SMS-Nach­richten erst viele Stunden später ankamen und wo über unter­irdi­sche Daten­raten geklagt wurde.

2019/2020 - Völlig problemlos?

Berlin, war der Höhepunkt der Internetaktivitäten zum Jahreswechsel, hier vor dem Brandenburger Tor. Berlin, war der Höhepunkt der Internetaktivitäten zum Jahreswechsel, hier vor dem Brandenburger Tor.
Foto: dpa / Picture-Alliance
Und dieses Jahr? Nichts! Erst auf Nach­frage war beispiels­weise im Forum telefon-treff zu erfahren: "Keine beson­deren Vorkomm­nisse". Einige in einer durch­wachsen versorgten Oden­wald-Gemeinde (Süd-Hessen) verschickte Test-SMS kamen sofort an, außer einer von Telekom zu o2, die brauchte immerhin noch 12 Minuten. Die gemes­senen Daten­raten waren ansonsten so schnell oder langsam wie immer. Also alles problemlos? Die Netz­betreiber haben in den letzten Jahren ihre Netze massiv aufge­rüstet und - wie es scheint - das Silvester/Neujahr-"Problem" damit endlich in den Griff bekommen. Hier ein paar Zahlen von Telekom, Voda­fone und Telefónica.

Telekom: Insta­gram Silvester-Postings über­treffen Face­book

Bei der Telekom wurde fest­gestellt, dass Social-Media-Nach­richten weiter auf dem Vormarsch sind. Gruß­botschaften kommen nach wie vor per WhatsApp, Status­meldungen und Fotos via Face­book, kurze Videos von Raclette und vom Feuer­werk hingegen per Insta­gram. So wurden in der Silves­ternacht zwischen 20 und 05 Uhr alleine via Insta­gram im Netz der Deut­schen Telekom rund 99 TB Daten über­tragen. Der höchste Peak war inter­essan­terweise zwischen 01 Uhr und 02 Uhr mit rund 15 TB. Anders ist das bei Whatsapp. Hier lag der höchste Stun­denwert mit 18 TB direkt nach Mitter­nacht. Insge­samt gene­rierte dieser Nach­rich­tendienst im Mobil­funk­netz der Telekom über die Nacht alleine rund 61 TB Daten. Auf Platz drei folgt Face­book mit insge­samt rund 50 TB Silves­tergrüßen und Impres­sionen.

Renais­sance der SMS?

Erst­malig seit mehreren Jahren stieg auch wieder der Versand von SMS in der Silves­ternacht an! Mittels rund 8,5 Millionen Kurz­nach­richten wurden in der Nacht zum Jahres­wechsel Grüße über­mittelt. Und dies, obwohl die Daten­leitungen noch viel freie Kapa­zität gehabt hätten. Ob hierfür das im letzten Jahr gestie­gene Verlangen nach mehr Daten­schutz verant­wort­lich ist, wissen wohl indes nur die Versender der Nach­richten. Denn Whatsapp und Insta­gram gehören zum daten­hung­rigen Face­book-Konzern, die SMS-Nach­richten sind vor dem Zugriff von Daten­konzernen noch relativ sicher.

Erleben was verbindet: Mit echten Gesprä­chen

Bei Telekom-Kunden steht das klas­sische Tele­fonat weiter hoch im Kurs. In den ersten 30 Minuten des neuen Jahres griffen die Kunden für rund drei Millionen Tele­fonate zum Hörer. Für die Telekom ist damit klar, dass neben der Social-Media-Kommu­nika­tion auch der direkte Kontakt weiter Bestand hat und genutzt wird.

Voda­fone: 880 Millionen Mega­byte in 7 Stunden

Voda­fone feierte die "Rekord-Nacht im Mobil­funk­netz von Voda­fone" mit noch nie da gewe­senen Spit­zenwerten beim Tele­fonieren und bei der mobilen Daten­nutzung. Demnach haben die Voda­fone-Nutzer in Deutsch­land in der Silvester-Nacht "mehr als jemals zuvor" schlappe 880 Millionen Mega­byte Daten in 7 Stunden durch das Voda­fone-Netz geschau­felt. Aber es wurde auch tele­foniert: 9 Millionen Anrufe in der ersten Stunde im neuen Jahr.

Grüße zum Jahres­wechsel wurden noch häufiger als in den Vorjahren digital versendet, über WhatsApp, Insta­gram und Co. - gemessen zwischen dem 31. Dezember, 20 Uhr, und dem 1. Januar, 3 Uhr. Im Vergleich zum Vorjahr sei das verbrauchte Daten­volumen in diesen sieben Stunden um mehr als 40 Prozent ange­stiegen.

Wie kann man sich diese Mengen vorstellen? Viel­leicht im Vergleich zum TV-Strea­ming: Mit dem Daten­volumen der Silves­ternacht in nur sieben Stunden könnte man rund 110 Jahre am Stück und ohne Unter­brechung seine Lieb­lings­serie am Handy streamen.

Berliner Daten­feuer­werk

Das größte Daten-Feuer­werk gab es - wen wundert es - in der Haupt­stadt Berlin. In den sieben Stunden flossen 45 Millionen Mega­byte Daten durch das Voda­fone-Mobil­funk­netz. Rund um das Bran­denburger Tor feierten Hundert­tausende den Start ins neue Jahr und ließen dabei auch ihre Mobil­funk­netze glühen. Voda­fone hat die Mobil­funk-Kapa­zitäten rund um die Straße des 17. Juni zusätz­lich erhöht. Die Antennen hängen in Abständen von nur 200 Metern an den klas­sischen Berliner Stra­ßenla­ternen entlang der Party­meile.

In Hamburg (21 Millionen Mega­byte), München (19 Millionen Mega­byte), Köln (14 Millionen Mega­byte), Düssel­dorf (10 Millionen Mega­byte), Stutt­gart (9 Millionen Mega­byte) und Dort­mund (7 Millionen Mega­byte) haben Voda­fone-Kunden in der Silves­ternacht eben­falls fleißig digi­tale Nach­richten versendet und Eindrücke von der Silves­terparty in den sozialen Medien geteilt.

Auch bei Voda­fone wird noch tele­foniert

Rund 20 Millionen Gespräche zwischen 20 Uhr und 3 Uhr - fast genauso viele wie in der Silves­ternacht vor einem Jahr. An einem herkömm­lichen Tag wären in diesen sieben Stunden rund ein Drittel so viele Tele­fonate geführt worden. Abso­lute Spit­zenwerte: Zwischen 0 und 1 Uhr. Kunden von Voda­fone tele­fonierten fast 9 Millionen mal - 22 mal mehr als an sons­tigen Tagen um diese Zeit. Und die Tref­ferquote lag bei 99,8 Prozent aller Anrufe, die von Anfang bis zum Ende erfolg­reich waren.

Voda­fone: Rück­gang der SMS

Inter­essant: Während Telekom einen Zuwachs vermeldet, werden SMS-Nach­richten von Voda­fone spürbar weniger genutzt als früher: In dieser Silves­ternacht verschickten Voda­fone-Kunden mehr als 2 Millionen Kurz­nach­richten, aber weniger als im Vorjahr. Für Voda­fone ist der Grund nahe­liegend: Ein schnöder Text reicht nicht, es muss ein Bild oder besser ein Video sein, am besten direkt von der Party. Vergli­chen mit einem "normalen" Tag ist die Anzahl verschickter SMS immerhin doppelt so hoch.

Rekord­werte auch beim Jahres­rück­blick

Nicht nur in der Silvester-Nacht, sondern auch im gesamten Jahr 2019 waren die Kunden von Voda­fone rekord­trächtig unter­wegs: In 12 Monaten haben sie 770 Millionen Giga­byte Daten über­tragen, mehr als 28 Milli­arden Mal per Mobil­funk tele­foniert, was eine Anruf­dauer von fast 150.000 Jahren entspräche.

Spit­zenwerte bei o2

Telefónica o2 star­tete das "Jahr­zehnt des Mobil­funks" in der ersten Stunde des neuen Jahres (0-1 Uhr) mit 190.000 GB (etwa 190 Millionen Mega­byte) – andert­halb Mal so viele Daten wie im Vorjahr. Die Werte von Voda­fone und o2 zeigen, dass Mobil­funk für Verbrau­cher so wichtig wie nie ist.

Messenger größter Treiber an Silvester

Pünkt­lich nach Mitter­nacht versen­deten auch o2 Kunden zahl­reiche Neujahrs­botschaften und Glück­wünsche per Anruf, SMS, WhatsApp oder Social Media. Die Daten­nutzung von 0 bis 1 Uhr betrug umge­rechnet rund 53 GB pro Sekunde. Viele Leser können sich an ihren ersten PC mit einer Gesamt-Fest­plat­tenka­pazität von 40 oder 60 GB erin­nern. Damals war das "dicke ausrei­chend". An Neujahr war es puff und weg. Mit 53 GB flossen fast doppelt so viele Daten durch das o2-Netz wie an einem regu­lären, durch­schnitt­lichen Tag (rund 31,8 GB pro Sekunde). Größter Treiber der Daten­nutzung waren die unzäh­ligen Messa­ging-Dienste oder Social Media-Platt­formen: In erster Linie WhatsApp, gefolgt von Insta­gram, Face­book und Snap­chat.

Berliner sind Party-Könige

Wie bei Telekom oder Voda­fone glühte auch das o2-Netz vor allen Dingen in den Groß­städten: Berlin erreichte 16.300 GB (Vorjahr: 11.000 GB), was mehr als ein Zwölftel der gesamten Daten­nutzung in Deutsch­land ausmacht. Auf den weiteren Plätzen folgen Hamburg (7.250 GB; Vorjahr: 4.780 GB), München (5.500 GB; Vorjahr: 3.800 GB), Köln (4.650 GB; Vorjahr: 3.310 GB), Frank­furt (3.150 GB; Vorjahr: 2.170 GB), Düssel­dorf (2.600 GB; Vorjahr: 1.650 GB) und Stutt­gart (2.300 GB; Vorjahr: 1.560 GB). Rechnet man den bundes­weiten Daten­verbrauch an Silvester und Neujahr von o2 zusammen, dann betrug das über­tragene Daten­volumen rund 5,6 Millionen Giga­byte. Im Vorjahr waren es knapp 3,4 Millionen Giga­byte, zum Jahres­wechsel 2017/18 noch 2,3 Millionen Giga­byte. Werte, die vor Jahren noch für undenkbar gehalten worden wären.

o2: Weniger persön­liche Anrufe

Auch im Netz von o2 wurde fleißig tele­foniert. An Silvester und Neujahr ergaben sich knapp 180 Millionen Tele­fonate und damit fast 20 Millionen Tele­fonate mehr als im Vorjah­reszeit­raum. In der ersten Stunde waren es "nur" 13,3 Millionen Anrufe, deut­lich unter dem Vorjah­reswert von 16 Millionen. Dabei fassten sich die Grüßenden kurz, im Schnitt wurde nur knapp andert­halb Minuten gespro­chen.

Wie war die Mobil­funk­netz­lage bei Ihnen, liebe Leser? Berichten Sie uns im Forum.

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