Smart Cities: In Deutschland nur ein Flickenteppich
Wolfgang Kopf von der Telekom beklagt, dass es keine Städte übergreifenden Initiativen gibt
MH Media
Anwendungen sind vorhanden, aber es hapert an der Umsetzung. So lautet das Fazit der Diskussionsrunde „Smart Cities und 5G“ auf der Fachmesse Anga Com in Köln. Die Deutsche Telekom begann bereits vor zwölf Jahren mit ersten Projekten zur Digitalisierung von Städten. „Wir versuchen jetzt, Geschäftsmodelle zu entwickeln“, sagte Wolfgang Kopf, Leiter Zentralbereich Politik und Regulierung bei der Telekom. Damit ist er schon etwas weiter als zum Beispiel Vodafone, deren Smart-City-Projekte noch im Projektstatus sind.
Und so ergeht es den meisten Kommunen, wenngleich es eine starke Nachfrage der Städte gibt. So wurde das Programm der Bundesregierung zur Digitalisierung von kommunalen Verkehrsströmen von einer auf 1,5 Milliarden Euro aufgestockt. Jedoch erkennt auch der Bund die Schwierigkeiten. „Wir wünschen uns ein einheitliches Vorgehen, sodass Kommunen von den Erfahrungen anderer profitieren können“, sagte Tobias Miethaner, Leiter der Abteilung Digitale Gesellschaft im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, auf dem Panel der Anga Com.
Städte übergreifende Initiativen gefordert
Wolfgang Kopf von der Telekom beklagt, dass es keine Städte übergreifenden Initiativen gibt
MH Media
Ins gleiche Horn blies auch Telekom-Manager Kopf. Viele großen Städte arbeiteten parallel an einer Smart-City-Plattform, ohne sich dabei zu vernetzen oder auszutauschen. Daher forderte Kopf auf dem Panel Städte übergreifende Initiativen. „Wir könnten viel umsetzen, wenn es eine Agenda gäbe“, pflichtete ihm Bernd Thielk, Geschäftsführer von willy.tel bei. Er wies zudem auf ein anderes Problem hin: In Hamburg betreibt willy.tel WLAN-Hotspots und könnte durch Auslesen von Smartphone-Daten Verkehrsströme ermitteln, auf deren Grundlage der Nahverkehr in der Hansestadt gesteuert werden könnte. Jedoch macht der Datenschutz diesem Projekt einen Strich durch die Rechnung.
Christoph Clément von Vodafone rät Städten dazu, einen CIO einzusetzen
MH Media
Und selbst wenn eine Anwendung datenschutzkonform ist, muss man mit der Ablehnung durch die Bevölkerung rechnen. Telekom-Manager Kopf berichtete von einem Versuch, die Kundenströme in einer Einkaufspassage zu analysieren, in dem auch hier Smartphone-Daten pseudo- und anonymisiert genutzt wurden. „Alle 16 Datenschutzbeauftragte der Länder und der Bundesdatenschutzbeauftragte gaben ihr Okay“, sagte Kopf. Als jedoch die hiesige Tageszeitung berichtete, dass Daten ausgespäht würden, sei es mit dem Versuch vorbei gewesen, klagt Kopf.
One-Stop-Shopping für Genehmigungsverfahren
Tobias Miethaner vom BMVI wünscht sich ein einheitlicheres Vorgehen bei der Entwicklung von Smart Cities
MH Media
Was muss also geschehen, damit deutsche Städte, vor allem nicht nur die großen Ballungszentren, smart werden? „Genehmigungsverfahren dauern zu lange und Zuständigkeiten sind zersplittert“, kritisierte Christoph Clément, Mitglied der Geschäftsleitung von Vodafone Deutschland, auf der Anga Com. Er forderte, dass Genehmigungen in den Kommunen gebündelt werden, quasi in einem One-Stop-Shopping für derartige Verfahren. „Die Kommunen müssen einen CIO einsetzen, eine Person, die alle Zuständigkeiten vereint“, rät Clément. Miethaner fügte hinzu, dass auch die Bürger mitgenommen werden müssen. „Man muss ihnen erklären, welche Vorteile es für sie bringt, wenn zum Beispiel neue Mobilfunkmasten errichtet werden“, sagte Miethaner in Köln.
Das sagte er insbesondere mit Blick auf den 5G-Ausbau. Der neue Mobilfunkstandard spielt auch für die Smart City eine wichtige Rolle, denn mit dem jetzigen 4G-Standard ist eine Echtzeitsteuerung des Verkehrs aufgrund der hohen Latenzzeiten nicht möglich. Spätestens bei 5G wird jedoch die Frage der Finanzierung digitaler Anwendungen aufkommen. Angesichts der leeren kommunalen Kassen empfahl Kopf alternative Finanzierungsmodelle. „Man könnte sich zum Beispiel die Einsparungen beim Energieverbrauch teilen“, sagte Kopf auf dem Panel. Aber auch dafür bedarf es klar geregelter Zuständigkeiten in den Kommunen.