Einsatz für Bundestrojaner auf ersten Smartphones
Steht der Bundestrojaner kurz vor seinem Einsatz?
Grafik: fotomek- fotolia.com, Foto/Montage: teltarif.de
Die Polizei spielt heimlich eine Spionage-Software auf das Smartphone zur Überwachung von Messenger-Kommunikation. In Rheinland-Pfalz gibt es Bedenken des Datenschutzbeauftragten gegen den Einsatz des sogenannten Staatstrojaners, während die Polizei im Kampf gegen Kriminalität und Terror dafür vehement wirbt.
"Es ist ein sehr weitreichender, tiefer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte", sagt der Datenschutzbeauftragte Dieter Kugelmann. "Deshalb darf das nur unter engen Voraussetzungen angewandt werden. Mit der Möglichkeit der Software durch das BKA (Bundeskriminalamt) könnte es nun eher dazu kommen, dass eine Überwachung durchgeführt wird."
Weg frei für die Smartphone-Überwachung
Steht der Bundestrojaner kurz vor seinem Einsatz?
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Die Bundesregierung machte im vergangenen Jahr rechtlich den Weg frei für den Einsatz mit einem Gesetz zur Überwachung von Online-Kommunikation über Messenger-Dienste. Die Daten sollen direkt auf den Geräten vor der Verschlüsselung oder nach der Entschlüsselung abgegriffen werden. Bei der Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) soll es im Unterschied zur Online-Durchsuchung nur um die laufende Kommunikation gehen.
Das BKA hat zwei Versionen einer Software, die die Länder bei Bedarf nutzen können. Die Bundesregierung kaufte 2013 die Spionage-Software FinSpy, die wegen Verfassungsbedenken bisher nicht eingesetzt wurde. Damit soll es möglich sein, verschlüsselte Kommunikation auf mobilen Geräten etwa über WhatsApp, Telegram oder Signal zu überwachen, die vorher infiziert werden müssen. Bei der vom BKA selbst entwickelten Überwachungs-Software RCIS gab das Bundesinnenministerium 2016 die erste Version frei.
Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) hält den Einsatz des Staatstrojaners für notwendig. "Natürlich muss die Polizei Waffengleichheit haben mit dem Gegenüber", sagt Lewentz. "Wir erleben, dass Straftaten vorbereitet werden zum Beispiel bei WhatsApp, Telegram, Threema." Er verweist auf die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus. "Jeder sagt, es ist richtig, dass wir den Polizeibeamten bessere Schutzausstattung und Bewaffnung an die Hand geben." Das sei aber nur ein Teil der Verbrechensbekämpfung. "Auch für islamistischen Terrorismus müssen wir diese Erkenntnisse gewinnen können", sagt Lewentz. "Zugleich ist es uns sehr wichtig, die Grundrechte und die damit verbundene Freiheit des Bürgers zu wahren."
Rechtlich nicht ganz einwandfrei
Die rechtliche Grundlage für Rheinland-Pfalz liegt mit dem Polizeigesetz nach Angaben des Datenschutzbeauftragten vor. Aber: "Die Quellen-Telekommunikationsüberwachung wie auch die Onlinedurchsuchung halte ich für verfassungsrechtlich ganz schwierig", sagt Kugelmann. Er hat rechtliche und technische Bedenken. "Die Frage ist, ob alle Delikte so einen tiefen Eingriff rechtfertigen." Technisch schwierig sei, wie BKA oder Polizei die Software installierten. "Die Polizei nutzt dann wahrscheinlich Sicherheitslücken", sagt er. "Die Sorge ist, dass es technisch nicht beherrschbar ist, die rechtlichen Grenzen einzuhalten. Die Sicherheitslücken müssten eigentlich geschlossen werden."
Für den Präsidenten des Landeskriminalamts (LKA), Johannes Kunz, ist es unverzichtbar, dass die gesetzliche Befugnis für die Überwachung erhalten bleibt. "Es kann nicht sein, dass wir auf Dauer bei Vorliegen entsprechender richterlicher Anordnungen in der Umsetzung verschlüsselte Täterkommunikation nicht abhören können, weil wir keine entsprechenden Werkzeuge zur Verfügung haben", sagt Kunz. "Islamistische Terrororganisationen, aber auch andere kriminelle Gruppierungen bevorzugen ganz bestimmte Dienste, um ihre Kommunikation abhörsicher abzuwickeln." Es könne nicht im Interesse der öffentlichen Sicherheit sein, dieser Entwicklung tatenlos zuzuschauen. Alle Genehmigungen für einen Einsatz lägen vor.
Die FDP im Landtag verweist auf die Hürden dafür. "Wichtig ist, dass entsprechende Überwachungsmaßnahmen ausschließlich nach einem richterlichen Beschluss eingeleitet werden dürfen", sagt der parlamentarische Geschäftsführer Marco Weber. Er spricht von hohen Hürden, die dafür sorgen sollen, dass die Freiheitsrechte des Einzelnen geschützt bleiben, aber notwendige Überwachungsmaßnahmen innerhalb eines rechtlichen Rahmens möglich sind.