Stiftung Warentest

Testurteil: Smartwatches sind halbfertige Spielerei für Technikfans

Smartwatches erinnern so schön an James Bond - aber sind sie technisch wirklich schon so weit? In einem großen Vergleichstest kommt die Stiftung Warentest zu einem ernüchternden Ergebnis.
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Die Samsung Gear S war einer der getesteten Kandidaten Die Samsung Gear S war einer der getesteten Kandidaten
Bild: teltarif.de / Rita Deutschbein
Smartwatches haben nicht nur die großen Smartphone-Hersteller im Sortiment - auch kleinere Anbieter drängen auf den Markt. Doch sind die Mini-Computer am Handgelenk wirklich sinnvoll nutzbar und eine Arbeitserleichterung für den Anwender? Die Stiftung Warentest hat in der aktuellen Ausgabe 10/2015 zwölf Modelle getestet - und kommt zum Teil zu einem vernichtenden Urteil.

Datenblätter

Die getesteten Modelle wurden zwischen April und Juni gekauft, unter den Probanden befindet sich also noch kein Vertreter der kürzlich auf der IFA vorgestellten neuesten Smartwatch-Generation. Die Tester geben den Herstellern trotzdem jede Menge Hausaufgaben mit auf den Weg.

Kritik: Zu stark ans Smartphone gekoppelt

Die Samsung Gear S war einer der getesteten Kandidaten Die Samsung Gear S war einer der getesteten Kandidaten
Bild: teltarif.de / Rita Deutschbein
Getestet wurden Smartwatches von Apple, LG, Samsung, Sony, Asus, Pebble, Motorola, Garmin und Alcatel. Um es vorweg zu nehmen: Keine der Uhren konnte das Testurteil "sehr gut" oder "gut" erringen. Pebble Steel, Motorola Moto 360 und Garmin Vivoactive wurden mit ausreichend bewertet, während die Alcatel Onetouch Watch mit mangelhaft als Verlierer aus dem Test ging. Alle anderen Geräte wurden mit befriedigend bewertet.

Grundsätzlich bemängelt die Stiftung Warentest, dass die Smartwatches noch zu wenig eigenständig und noch viel zu stark an das Smartphone gekoppelt seien. Ein Nachteil sei, dass viele Smartwatches nur mit den Smartphones der eigenen Marke kommunizieren, wie dies beispielsweise bei Apple und Samsung der Fall ist. Auch sonst hätten selbst bessere Uhren noch "Macken".

Prinzipiell seien die Smartwatches momentan nur "Handlanger", die beispielsweise auf dem Smartphone eintreffende Textnachrichten anzeigen, doch diese Texte seien auf der Uhr oft nur schwer lesbar oder mangelhaft dargestellt. Auch das selbständige Telefonieren ohne Smartphone, das nur wenige Modelle (wie bei Samsung mit SIM-Karte) beherrschen, hätten sich die Tester bei allen Modellen gewünscht. Eine ordentliche Bedienbarkeit bescheinigt das Magazin immerhin den Apple-Uhren.

Lob für Fitness-Funktionen, Kritik an Akkulaufzeit

Testszenarien bei der Stiftung Warentest Testszenarien bei der Stiftung Warentest
Bild: Stiftung Warentest
Die Bedienung der meisten Uhren sei allerdings wenig intuitiv und nicht selbsterklärend, also für den Otto-Normalnutzer nur schwer zu erlernen. Lobende Worte finden die Tester für die Fitness-Funktionen der Uhren, diese seien zum Teil schon recht gut und einige Uhren würden den menschlichen Puls fast EKG-genau messen.

Hart ins Gericht geht das Magazin allerdings mit der Akkulaufzeit der Geräte. Mit den aktuellen Uhren habe man nun also "neben dem Handy noch ein Gerät, das allabendlich geladen werden muss." Gelobt werden die sparsamen E-Ink-Displays von Pebble Time und Pebble Steel, die für eine längere Laufzeit sorgen. Der Garmin-Akku hingegen sei im Test beim permanenten Aufzeichnen von Fitness-Daten schon nach 6,5 Stunden erschöpft gewesen. Bemängelt wurde darüber hinaus, dass die Uhren von Garmin und Alcatel die IMEI bzw. eigene Seriennummer unverschlüsselt an den Server des Herstellers übertragen, was ein Datenschutzrisiko sein könne.

Testverfahren, Ergebnisse und Einschätzung

Im Test wurden die Funktionen mit 30 Prozent gewichtet, hier sind Display, Messaging, Telefonie, Fitnessfunktionen und die Steuerung des Smartphones per Uhr eingeflossen. Die Handhabung hat 40 Prozent des Testergebnisses ausgemacht, hier haben die Tester die Ersteinrichtung, die alltägliche Bedienung, den Tragekomfort und die mitgelieferte Anleitung bewertet. Stabilität und Kratzfestigkeit von Gehäuse und Display wurden mit 5 Prozent gewichtet, während die Ausstattung mit 15 Prozent in die Bewertung eingerechnet wurde. Unklar ist, warum die Stiftung Warentest im Kasten "So haben wir getestet" das Datensendungsverhalten und die Schadstoffbelastung der Uhrenmaterialien jeweils mit Null Prozent gewichtet hat, aber im Text dann schreibt, dass Garmin und Alcatel wegen ihres Datensendungsverhaltens am Ende der Tabelle gelandet seien.

Gewonnen haben den Test die Apple Watch und die Apple Watch Sport (jeweils 42-Millimeter-Modell). Gelobt werden die fast reibungslose Bedienung und das gut lesbare Display, während die ausschließliche Bindung an das iPhone zu einer Abwertung geführt hat. Auf dem dritten Platz landeten die LG G Watch R und LG Watch Urbane gemeinsam, bei denen das integrierte Google Maps hervorgehoben wurde. Danach folgt die Samsung Gear S, bei der zwar für die Einrichtung noch ein Samsung-Smartphone notwendig ist, die danach aber recht autark verwendet werden kann. Schlecht abgeschnitten hat die Samsung-Uhr aber bei den Fitness-Daten und das klobige Design wurde kritisiert.

Kurz dahinter reiht sich die Sony Smartwatch 3 ein, bei der viele Dienste ohne Begeisterung als "mittelprächtig" eingestuft wurden. Es folgen Asus Zenwatch und die beiden Pebble-Uhren, wobei Asus für das Display gelobt wird.

In ihrem Fazit schreibt die Stiftung Warentest, Smartwatches seien noch kein Accessoire für Jedermann, trotz ihres teilweise stolzen Preises böten sie kaum Mehrwert. Momentan seien sie hauptsächlich externe Monitore für das Smartphone und eher für Technik-Fans interessant.

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