Mediathek: Brauchen wir ein "öffentlich-rechtliches Netflix"?
Wenn man in der Privatwirtschaft ein kostspieliges Projekt starten möchte, hat man grundsätzlich verschiedene Optionen, dieses zu finanzieren. Man holt sich ganz klassisch einen Kredit bei der Bank. Als Aktiengesellschaft kommt auch eine Kapitalerhöhung in Frage. Oder man macht es sich ganz einfach und erhöht zum Beispiel die Preise seiner Produkte, um mehr Gewinne zu erwirtschaften und diese anschließend reinvestieren zu können.
Auf die Variante "Preiserhöhung" scheint es wohl wie immer hinauszulaufen, wenn künftig die ARD Mediathek zu einer Art öffentlich-rechtlichem Netflix ausgebaut werden soll. Allerdings gibt es dabei für die "Kunden" einen Haken: Sie müssen das Produkt auch bei einer Preissteigerung zwangsweise erwerben. Und damit wären wir wieder einmal bei der Debatte um den Rundfunkbeitrag und die Frage, was eigentlich zum Grundversorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehört.
Erfolge kopieren
Der ehemalige ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm fordert ein eigenes Streaming-Angebot
Foto: BR/Ralf Wilschewski
Es ist schon ausgesprochen auffällig, dass Erfolge im Privatfernsehen relativ schnell von ARD und ZDF kopiert werden. Vor allem Soaps bzw. Telenovelas und Krimis laufen bei den öffentlich-rechtlichen Sendern quasi rauf und runter. Mittlerweile haben die Intendanten der Sendeanstalten aber wohl weniger die private Konkurrenz aus Köln und Unterföhring im Auge. Man macht sich offenbar große Sorgen über den Erfolg von Netflix und Amazon. Genauer gesagt geht es um die jungen Zuschauer, von denen sich nicht wenige schon längst bei den linearen Sendern abgemeldet haben.
Und darauf muss man nach Ansicht des ehemaligen ARD-Vorsitzenden Ulrich Wilhelm natürlich reagieren. Aus Perspektive der Sender ist dies sogar nachvollziehbar, Gebührenzahler und Politik werden hingegen eher verhalten reagieren. Klar ist schon jetzt: Sollten die öffentlich-rechtlichen Anstalten massiv online investieren, können die Landesregierungen das Thema Beitragsstabilität direkt wieder abschreiben. Denn mehr Geld ausgeben ist so ziemlich genau das Gegenteil von Einsparungen, welche vor allem die KEF von den Anstalten regelmäßig einfordert.
Gemeinsame Plattform mit Privatsendern
Sinnvoll wäre ein deutsches "Hulu" als Konkurrenz zu Netflix, Amazon & Co. gewesen. Doch das Thema dürfte erledigt sein, denn ProSieben und Discovery haben mit Joyn auf privater Seite bereits ein entsprechendes Projekt gestartet. Statt wieder einmal Gebührengelder unnötig zu verbrennen, sollte man enger mit den Privatsendern kooperieren. Ein guter Ansatz wäre zum Beispiel, die zahlreichen eigenen Apps einzustampfen und alle Mediatheken-Inhalte zu Joyn beizusteuern. Wenn man dann auch noch die RTL-Gruppe an Bord holen könnte, gäbe es einen wirklich starken Konkurrenten zu den US-Streamern (welcher aber nicht nur am Unwillen der Öffentlich-Rechtlichen, sondern vermutlich auch am Bundeskartellamt scheitert).
Schon längst hätte man auch wenigstens die Mediatheken von ARD und ZDF auf einer Plattform bzw. App verschmelzen können. Die BBC hat in Großbritannien mit ihrem iPlayer vorgemacht, wie eine wirklich gute App von öffentlich-rechtlichen Sendern aussehen kann. Doch statt Kooperation kocht am Ende wieder jeder sein eigenes Süppchen und der Gelackmeierte ist natürlich wie immer der Zuschauer bzw. Gebührenzahler. Dass dieser allerdings auf alle Ewigkeit hin bereit sein wird, weitere Erhöhungsrunden beim Rundfunkbeitrag zu akzeptieren, kann man zumindest stark anzweifeln. Deutschland leistet sich mit 8 Milliarden Euro im Jahr bereits eines der weltweit teuersten öffentlich-rechtlichen Rundfunksysteme.
Die Stimmung ist schon jetzt mehr als frostig, doch auch dafür hat man natürlich eine passende Lösung gefunden: Der WDR engagiert eine Agentur für Krisen-PR, um die Bürger auf eine weitere Beitragserhöhung einzustimmen. Man muss sicherlich nicht erwähnen, wer auch diese Werbung in eigener Sache wieder bezahlen darf.
Laut einem Entwurf der KEF soll der Rundfunkbeitrag von derzeit 17,50 Euro auf 18,36 Euro ansteigen. Details lesen Sie in einer weiteren News.