Streaming: Nur wenige Anbieter haben Zukunft
Auch die Zukunft von Apple TV+ ist ungewiss
Foto: Apple Inc.
Im Entertainmentgeschäft gilt eine bekannte Regel: "Content is King". Nur die Inhalte entscheiden letztendlich darüber, ob ein Angebot am Markt Erfolg hat. Der Preis ist dabei eigentlich eher Nebensache. Doch in der Realität scheint dies offenbar nicht zu stimmen. Ein Beispiel hierfür ist der Branchenprimus Netflix. Zwar hat der Streaming-Dienst sein Angebot mit hochkarätigen Originals immer weiter ausgebaut, doch gleichzeitig auch die Preise erhöht. Darauf reagieren Zuschauer offenkundig mit Abo-Kündigungen. Seit Netflix für sein HD-Angebot die magische 10-Euro-Grenze überschritten hat, scheint das Wachstum zu stagnieren.
In den USA sind sogar bereits viele Zuschauer abgesprungen. Mittlerweile denkt man deshalb in Los Gatos offenbar sogar darüber nach, sich vom Grundprinzip der flexiblen Kündigung zu verabschieden. Getestet wird aktuell in Indien ein jährliches Abo-Modell mit 50 Prozent Rabatt. Ob das jedoch mehr Kunden anlockt ist fraglich, schließlich ist gerade die Flexibilität bei Streaming-Abos ein wesentliches Argument gegenüber klassischen, linearen Pay-TV-Diensten.
Studios haben längeren Atem
Auch die Zukunft von Apple TV+ ist ungewiss
Foto: Apple Inc.
Bislang war die Streaming-Welt ziemlich übersichtlich. Die Dienste mussten nicht selbst produzieren, da der Markt quasi mit Lizenzware geflutet wurde. Davon profitierten in erster Linie Streamer ohne eigene Produktionskapazitäten. Doch mittlerweile wittern die großen US-Studios das Geschäft. Warum sollte man die eigenen Inhalte lizenzieren, wenn man sie auch selbst "Direct to Consumer" via Streaming (übersetzt: direkt zum Nutzer über Streaming) vermarkten kann? Schließlich sammeln die US-Konzerne dann ganz nebenbei noch wertvolle Verbraucherdaten ein. Das lohnt sich natürlich ganz besonders für Studios mit einer großen Lizenzbibliothek, wie beispielsweise Disney und Warner. Allein diese beiden Unternehmen decken schon einen Großteil aller Hollywood-Produktionen ab.
Doch es ist noch lange nicht Schluss: Auch andere US-Unternehmen wie STARZ Inc. mischen mittlerweile im OTT-Geschäft mit. NBCUniversal ist im kommenden Jahr mit "Peacock" am Start und Sony betreibt einen (werbefinanzierten) Streaming-Dienst unter der Marke "Crackle". Zwar wurde dieser Service noch nicht global ausgerollt, als Major Label wird der Medienkonzern allerdings im lukrativen Geschäft wohl kaum auf Dauer außen vor bleiben wollen.
Unabhängigen droht Verkauf
Wenn Lizenzware vom Markt verschwindet, bleiben letztendlich nur noch Eigenproduktionen. Doch genau die sind teuer und aufwändig. Wie schwierig es ist, einen Dienst nur mit "Originals" aufzubauen, kann man aktuell sehr gut bei Apple TV+ beobachten. Das Angebot ist schlicht und einfach dürftig: Apple bräuchte Jahrzehnte, um einen Katalog mit dem Umfang von Disney bestehend aus Eigenproduktionen aufzubauen. Ob das überhaupt wirtschaftlich ist, steht auf einem anderen Blatt Papier. Amazon betreibt mit Prime Video neben Netflix den einzigen Studio-unabhängigen Streaming-Dienst. Das kann sich aber auch Jeff Bezos nur deshalb erlauben, weil er sein Geld nicht mit Streaming, sondern dem Versandhandel verdient.
Wäre Prime Video ein reines SVoD-Angebot, würde es vermutlich auch rote Zahlen schreiben. In Zukunft könnte also eine Marktbereinigung anstehen. Vorstellbar wäre, dass sich Unternehmen wie Apple oder Rakuten exklusiv an bestimmte Studios binden oder deren Dienste sogar vollständig mit anderen Studios verschmelzen. Für Disney könnte es beispielsweise durchaus sehr interessant sein, die Apple-Plattform mit Disney+ zusammenzuführen, um insgesamt noch präsenter auf der Cupertino-Hardware zu sein.
Manche werden schließen
Allerdings hat auch das Beispiel der Vivendi-Tochter Watchever gezeigt, dass der Erfolg von SVoD nicht in Stein gemeißelt ist. Manche Anbieter werden einfach unter die Räder kommen. Problematisch ist der Wettbewerb vor allem für Streaming-Dienste, die nicht international vermarktet werden. Sie haben bei Lizenzverhandlungen schlicht und einfach keine kritische Größe, um auf Augenhöhe mit den großen Studios verhandeln zu können.
Mit Interesse werden Branchenexperten deshalb wohl ganz sicher auch die Entwicklung der ProSieben-Tochter Joyn oder TVNOW von RTL beobachten. Sie spielen im Konzert der US-Streamingriesen derzeit nur eine untergeordnete, lokale Rolle. Zumindest Joyn hat aber auch die Bestrebung, außerhalb von Deutschland zu wachsen. Und dann gibt es noch weitere Spieler, die man nicht völlig abschreiben sollte: Die Kabel- und Telekommunikationskonzerne. Sie haben direkten Zugriff auf Millionen Kunden und könnten dieses Potenzial ebenfalls mit eigenen Streaming-Angeboten heben. Das wiederum könnte auf lange Sicht sogar den großen Studios schaden.