Zitterpartie: Warten auf die Fusion von T-Mobile US und Sprint
Wegen kartellrechtlicher Bedenken in den USA muss die geplante Hochzeit der Telekom-Tochter T-Mobile mit dem Konkurrenten Sprint vor einem New Yorker Bezirksgericht bestehen. Der zuständige US-Richter will schnellstmöglich entscheiden. Für den Bonner Telekom-Konzern steht viel auf dem Spiel.
Im Gerichtsprozess um den Zusammenschluss der Telekom-Tochter T-Mobile mit dem kleineren Rivalen Sprint rückt die Entscheidung näher. Das Urteil werde "so schnell wie möglich" gefällt, sagte der zuständige US-Richter Victor Marrero am Mittwoch (Ortszeit) nach dem die langen Abschlussplädoyers in New York gehalten worden waren. Wann diese Entscheidung dann wirklich soweit sein wird, bleibt nach Ansicht des dpa-Korrespondenten aus New York jedoch unklar.
Für die Telekom geht es in dem Kartellrechtsstreit um 26 Milliarden Dollar (umgerechnet (23,4 Milliarden Euro) der bis zur Entscheidung des Gerichts eine ungewisse Zitterpartie bleibt.
Demokratische Bundesstaaten gegen republikanische Regierung
Stehen die Mitarbeiter von T-Mobile US oder Sprint nach der Fusion im Regen? Sie fürchten um den Verlust von bis zu 30 000 Arbeitsplätzen
Foto: Picture Alliance / dpa
13 Bundesstaaten und der Regierungsbezirk Washington haben gegen den im April 2018 vereinbarten Zusammenschluss von T-Mobile und Sprint geklagt. Sie befürchten, dass die Fusion der dritt- und viertgrößten US-Mobilfunker dem Wettbewerb schade, was Jobverluste und Preiserhöhungen verursachen könne.
Das von den wichtigen Staaten New York und Kalifornien angeführte Bündnis stellt sich quer, obwohl die US-Regierung den Deal schon unter Auflagen genehmigt und auch die Branchenaufsicht FCC bereits grünes Licht dafür gegeben hat.
T-Mobile-Anwalt David Gelfand forderte Richter Marrero in seinem abschließenden Statement auf, die Fusion zu erlauben. Die Kläger hätten es "komplett versäumt" zu beweisen, dass der Zusammenschluss dem Wettbewerb schade. Tatsächlich würden Verbraucher profitieren, bekräftigte Gelfand: "Niedrigere Kosten, niedrigere Preise" - so laute das Programm, mit dem T-Mobile und Sprint den US-Marktführern Verizon und AT&T einheizen wollten.
Klägeranwalt Glenn Pomerantz sah es wiederum ganz anders und appellierte an Richter Marrero: "Wir haben nur vier nationale Wettbewerber - und wir brauchen jeden von ihnen."
Streit um DISH
New Yorks mächtige Generalstaatsanwältin Letitia James, welche die Allianz der Kläger mit ihrem kalifornischen Generalstaatswalt-Kollegen Xavier Becerra anführt, zeigte sich am Rande der Anhörung selbstbewusst. "Ich bin zuversichtlich, dass wir gewinnen werden", sagte sie Reportern vor dem Gericht in Manhattan."
Ein Knackpunkt könnte die Rolle des Unternehmens DISH sein, das als "vierter Netzbetreiber" aus dem Deal hervorgehen soll. Die Versprechungen, die DISH und T-Mobile machten, könne nur ein robuster Wettbewerb garantieren" argumentiert die Generalstaatsanwältin Letitia James. Und fügt hinzu: "Wir haben ernsthafte Bedenken, dass das Zusammenschustern dieses neuen vierten Mobilfunkanbieters, bei dem die Regierung Gewinner und Verlierer auswählt, den Schaden der Fusion für Verbraucher, Arbeitnehmer und Innovation nicht beseitigen wird."
Der Deal sieht vor, dass Sprint sein Prepaid-Angebot und möglicherweise einen Teil des Mobilfunkspektrums an den Satellitenfernsehbetreiber DISH verkaufen sollen. Obwohl DISH noch nie ein Mobilfunkunternehmen besessen hat und über keinerlei Erfahrung mit dem Aufbau oder Betrieb eines landesweiten Mobilfunknetzes verfügt, behaupten sowohl T-Mobile als auch Sprint, dass durch diese Vereinbarung ein vierter nationaler Netzbetreiber geschaffen wird, der in die Fußstapfen von Sprint treten und einen wettbewerbsfähigen Markt für die Verbraucher erhalten wird."
Und fährt großes Geschütz auf: "Basierend auf den zur Zeit verfügbaren Informationen, haben wir ernsthafte Bedenken, denn DISH hat seine an die FCC gemachten Zusagen hinsichtlich der Nutzung von Frequenzen mehrfach gebrochen.
Mehr Politik als Kartellrecht?
Der Fall hat eine höchst politische Komponente, da der Widerstand gegen die Fusion von demokratisch regierten Bundesstaaten ausgeht, die sich damit gegen die republikanische Regierung von US-Präsident Donald Trump stellen.
Bereits am Wochenanfang hatten die Anwälte von T-Mobile und Sprint den Richter Marrero in einem Gerichtsantrag beschworen, der Erlaubnis der Bundesregierung in Washington bei der Entscheidung über den Zusammenschluss ausreichend Gewicht einzuräumen. Das Justizministerium habe die Transaktion "als nationaler Vollstrecker der Kartellgesetze" geprüft und sei zu dem Schluss gekommen, dass sie den Wettbewerb nicht beträchtlich einschränke, schrieben die Anwälte der Unternehmen.
Wie weit sich der Richter Marrero von den Plädoyers beeindrucken ließ, ist derzeit die große Frage. Er stellte bei den Abschlussplädoyers keine Fragen und schien angesichts der stundenlangen und teilweise fachlich sehr komplizierten Vorträge zeitweise wegzudösen, so Prozessbeobachter. Er habe ein rasches Urteil versprochen, doch das könnte noch dauern. Die meisten Prozessbeobachter rechnen nicht vor Februar damit.
Skepsis an der Wall Street
Während der zweiwöchigen Gerichtsverhandlungen hatten sich schon im Dezember auch der Telekom-CEO Tim Höttges und T-Mobile-Chef John Legere im Zeugenstand für die Fusion stark gemacht, trotzdem nahm die Skepsis an der Wall Street zu. Analyst Paul Gallant von der Investmentbank Cowen & Co sah zuletzt eine 60-prozentige Chance, dass Marrero den Deal blockt.
Wenn der Deal durchgeht, wird die deutsche Telekom viel Geld in die Hand nehmen müssen, um den versprochenen an deutschen Verhältnissen vergleichsweise gigantischen Netzaufbau und Ausbau in den USA hinzubekommen. Wenn der Deal platzt, würde es für Sprint übler aussehen, deren Technik als "veraltet" gilt. Telekom müsste dann mit weniger Frequenzen versuchen, den "landesweiten" ("nationwide") Netzausbau alleine hinzubekommen.
Dass nach einem genehmigten Deal die Preise automatisch steigen, ist nicht unbedingt sicher, denn sobald die Preise von "New T-Mobile" auf dem Niveau von AT&T oder Verizon ankommen würden, wäre die Lust zum Wechsel dahin.
Ob die Gesamtzahl der Arbeitsplätze erhalten werden kann, ist auch eine schwierige Frage, denn bestimmte Funktionen und Abläufe wären im fusionierten Unternehmen "doppelt" vorhanden, von daher muss man hier wohl mit Veränderungen rechnen.
Vielleicht schreibt Richter Marrero den fusionswilligen Unternehmen noch weitere Bedingungen ins Stammbuch, dass der Deal am Ende doch noch funktioniert.