(Un)sinnvoll

Tablets: Lohnen sie sich im Zeitalter von Phablets noch?

Smartphone-Displays werden immer größer: Über 6 Zoll gelten schon als normal, ein Standard, der kleinere Größen gnadenlos verdrängt und der nach der Multimedia-Krone greift. Wer braucht da eigentlich noch ein Tablet?
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Der Trend zu großen Smartphone-Displays hat einen langen Atem. Mit neuen Tricks und Technologien ver­suchen die Hersteller, den Bildschirm weiter zu vergrößern. Im letzten Jahr dominierte die Notch (Display-Ein­kerbung) unangefochten. Neue Smartphones, die keine Aussparung hatten (und noch haben) werden schief angeguckt oder es gibt sie oft nur noch in niedrigeren Preissegmenten - aber selbst da macht sich die Notch breit. Die Display-Technologie beschert ein paar Millimeter mehr Fläche an den oberen Seitenrändern. Über den Mehrwert wird immer noch gestritten: Für die einen ist es ein Display mit Ohren, für die anderen eben ein Design-Trend. Nicht selten stört die Aussparung aufgrund fehlender Softwareanpassungen beim Videogucken. Und wenn sie sich ausschalten lässt, schrumpft aber auch gleichzeitig die sichtbare Fläche. Letztlich ist es also Geschmacksache - obwohl der Smartphone-Neukäufer angesichts der Marktüberschwemmung kaum um eine Notch herumkommt.

Mikro-Notch, ausfahrbare Selfie-Cam und Loch

Apple iPad Pro 2018, iPad 2018, Samsung Galaxy Tab S4 und Microsoft Surface Go (v.l.). Apple iPad Pro 2018, iPad 2018, Samsung Galaxy Tab S4 und Microsoft Surface Go (v.l.).
Fotos: Samsung/Microsoft/Apple, Montage: teltarif.de
Neu und zugleich sehr interessant sind die nächsten Weiterentwicklungen, um das Display noch größer erscheinen zu lassen: Die Wassertropfen-Notch, auch Mikro-Notch, sieht eben aus wie ein kleiner Wassertropfen und ragt nicht mehr so dominant in das Display hinein wie so manche breite Aussparung. Ein Beispiel für eine dezente Integration der Selfiekamera in das Display wird beim OnePlus 6T sichtbar. Vor allem beim Genuss von Videos und Fotos fällt die Einkerbung nicht mehr so störend ins Gewicht. Obwohl die Stilrichtung nach einer gelungenen Weiterentwicklung aussieht, scheint sich die Technik nicht so richtig durchzusetzen. Es geht nämlich auch ganz ohne Aussparung, indem die Frontkamera oben im Gehäuse integriert ist und sich bei Bedarf ausfahren lässt. Dafür ist das Vivo Nex ein innovatives Beispiel.

Eine andere Technik setzt weiterhin auf eine kleine Aussparung, die allerdings in die Display-Ecke in Form eines Lochs wandert. Ein Kandidat mit Display-Loch ist das im Dezember vorgestellte Samsung Galaxy A8s. Es gilt mittlerweile mehr als wahrscheinlich, das Samsung dies auch für das mit Spannung erwartete Samsung Galaxy S10 umsetzen wird. Honor nutzt beim View 20 ebenfalls ein Displayloch zur Integration der Frontkamera. Das Gerät ist ab dem 29. Januar in Deutschland erhältlich. Wir konnten uns das Smartphone bereits auf einem Live-Event in Paris anschauen.

Immer schmalere Displayränder

Um das Erlebnis eines Full-View-Displays noch weiter auszubauen, wird parallel neben dem Notch-Kampf noch ein weiterer Krieg gefochten: Immer schmalere Displayränder an den Seiten und dem unteren Displaybereich. Aktuelle Smartphones wie das Huawei Mate 20 Pro, das Samsung Galaxy Note 9 und das iPhone XS Max können so die 6 Zoll-Marke weit überschreiten und die Screen-to-Body-Ratio, das Bildschirm-zu-Gehäuse-Verhältnis, prozentual weiter nach oben treiben. Schon seit längerer Zeit gibt es die Bezeichnung "Phablet" - eine Mischung aus Phone und Tablet, ein Hybrid also. Laut der Namensgebung kann dem Phablet unterstellt werden, dass es das Tablet überflüssig macht, das Smartphone ja nicht, schließlich will ja noch telefoniert werden.

Umsteiger von kleineren Smartphone-Displays werden beim ersten In-die-Hand-Nehmen sicherlich einen leichten Schock bekommen, so wuchtig erscheinen Phablets. Größe zieht nun nicht selten auch eine Gewichtszunahme nach sich. Das liegt zum großen Teil am Stromspeicher. Die energiehungringen Smartphone-Displays brauchen eben Saft, heißt: Mehr Akkukapazität, mehr Gewicht. Die Gewöhnung an die großen Geräte geht allerdings schnell, die beeindruckenden hochauflösenden Displays sind ideal für Filmstreaming unterwegs. Oft ist es so, dass Phablet-Nutzer aber nicht erst Bahnfahren müssen, um Videoclips zu schauen. Das Sofa oder das gemütliche Liegen im Bett reichen schon völlig aus. Für den kurzweiligen Genuss, gar einer ganzen Serienfolge, hat nicht selten der 55 Zoll-Fernseher keine Chance mehr gegen das Ü-6-Zoll-Smartphone. Huawei hat gezeigt, dass neben dem Mate 20 Pro mit 6,4 Zoll-OLED-Display noch mehr drin ist. Fast nebenbei schüttelte der chinesische Hersteller im Rahmen des offiziellen Events in London das Mate 20 X mit gigantischem 7,2 Zoll-OLED-Display aus dem Ärmel.

Angesichts solcher Giga-Werte stellt sich zurecht die Frage: Wer braucht eigentlich noch ein zusätzliches Tablet, wenn ein Smartphone mit riesigem Display einen ähnlich guten Job macht?

Klein-Handy-Nutzer, Beginner & Kreative

Smartphones mit kleinerem Display gehören noch längst nicht zum alten Eisen. Das zeigt die Beliebtheit von iPhone 7, iPhone 8 mit 4,7 Zoll-Display oder auch vom Nokia 1 mit 4,5 Zoll-Display.

Wer zum Beispiel eines der genannten Geräte nutzt und nicht auf ein Smartphone mit größerem Display umsteigen will, für den kann sich ein Tablet aufgrund der Mehrfläche durchaus lohnen, sei es zum Konsumieren von Videos, zum Surfen im Internet oder zum Anschauen von Fotos.

Denen, die noch überlegen, sei gesagt: Smartphone-Big-Screen oder Tablet ist auch noch eine Preisfrage: Ein neues Smartphone mit großem Bildschirm kann schon mal 1000 Euro und mehr kosten. Günstige und gute Tablets, wie beispielsweise das Apple iPad (2018) oder das Microsoft Surface Go sind sehr gute Geräte, die für rund 300 beziehungsweise für etwas über 400 Euro zu haben sind. Das iPad kann unter anderem mit einer sehr guten Akkulaufzeit auch bei intensiver Nutzung punkten. Dem können Smartphone-Akkus in der Regel nicht das Wasser reichen.

Für Beginner

Alle, die noch nicht so wirklich den Zugang zu Internet und Technik gefunden haben, finden mit Android- und iOS-Tablets wegen der komfortablen Bedienbarkeit eine gute Lösung. Gerade für den Einstieg sind Tablets ausreichend groß. Für den Erstling kann da selbst ein 6-Zoll-Smartphone beängstigend klein wirken.

Menschen, die eine Sehschwäche haben, profitieren auch von den Einstellungsmöglichkeiten der mobilen Betriebssysteme. Da kann die Fähigkeit Schrift größer zu zoomen, Wunder bewirken. So kann das Tablet auch für das Lesen von e-Books verwendet werden. Interessant sind da auch spezielle Modi für den Augenschutz, wenn in lichtärmeren Umgebungen gelesen wird. Ordentliche Android-Tablets gibt es schon für rund 150 Euro, für Streaming, Videos anschauen und Co. sind die völlig ausreichend.

Für unterwegs und für Kreative

So viel Smartphones mit großen Displays und Tablets auch können, es sollte jedem klar sein, dass sie kein richtiger Ersatz für ein vollwertiges Notebook sind. Stimmt das? Ja und nein. Es kommt auf das Modell an. Bei Tablets, die mit mobilen Betriebs­systemen wie Android oder iOS laufen, trifft das zu - auch wenn sie es immer wieder mit Gadgets wie Tastaturen probieren. Die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten eines Laptops mit Windows 10 oder macOS werden damit trotzdem nicht erreicht.

Anders sieht es bei Hybriden aus, die Notebook und Tablet-Funktionen miteinander vereinen und auf denen Windows 10 als Betriebssystem läuft. Ein Beispiel dafür ist das bereits erwähnte Microsoft Surface Go. Das Gerät lässt sich sowohl als Tablet (und mit dem Eingabestift Surface Pen) und als Notebook mit Windows-Funktionen nutzen. Das ist ideal für Nutzer, die mehr Funktionalität brauchen. Für Textverarbeitung auf Reisen, Bücher lesen und Notizen machen reicht aber auch ein Tablet mit mobilem Betriebssystem und Tastatur. Diese beiden Komponenten sind in der Regel für unterwegs leichter und komfortabler zu handhaben als ein Notebook. Sicher, hier könnten Stimmen laut werden, dass Geräte wie Apples neues MacBook Air doch super dünn und super leicht sind. Das ist richtig, hat aber auch einen entsprechenden Preis.

Wer gerne kreativ unterwegs ist, für den sind Tablets mit Stiftunterstützung durchaus interessant. Es gibt zahlreiche Apps, mit denen sich die Geräte als Zeichenblock beziehungsweise Notizbuch verwenden lässt.

Fazit

Tablets können sich also sowohl für diejenigen bezahlt machen, die Smartphones mit kleineren Displays nutzen und die auch nicht so schnell hergeben wollen als auch für die, die unterwegs etwas mehr machen wollen als Smartphones ermöglichen, zum Beispiel Textverarbeitung. Wer auf Reisen gerne Filme (zum Beispiel zu zweit) schaut, profitiert trotz 6,4 Zoll-Smartphone-Display sicherlich vom größeren Format eines Tablets. Genauso wie digitale Zeichner, für die ein Tablet mit Stiftunterstützung reizvoll sein kann.

Nutzer, die bereits ein Phablet haben und die sich überlegen, ein Tablet zum Surfen und dem Schauen von YouTube-Videos verwenden wollen, sollten sich den Kauf gut überlegen. In der Regel reicht dafür auch das Ü-6 Zoll-Smartphone.

Für Nutzer, die sich für alle genannten Vorteile begeistern können, sollten einen Blick auf Hybriden mit Windows 10 werfen. Dann stehen ihnen zusätzlich noch die Features eines Desktop-Betriebssystems zur Verfügung.

Besonders große Tablets finden Sie in einer Übersicht.

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