Zwang oder kein Zwang

Routerfreiheit statt Routerzwang: Nicht an jedem Anschluss

Seit 2016 gilt die Router­frei­heit: Kunden können sich den Router für ihren Internet-Anschluss selbst aussu­chen. In einigen Fällen besteht diese Frei­heit aber leider nur auf dem Papier.
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Alternative zum Standard-Router: Ein Gaming-Router von Asus Alternative zum Standard-Router: Ein Gaming-Router von Asus
Bild: Asus ROG
Seit dem 1. August 2016 gilt die Router­frei­heit: Jeder Internet-Kunde kann seither sein Gerät frei auswählen und anschlie­ßend kaufen oder mieten, wo er möchte. Das garan­tiert das "Gesetz zur Auswahl und zum Anschluss von Tele­kom­muni­kati­ons­end­geräten", das eine EU-Richt­linie in geltendes Recht umsetzte. Doch welche Vor- bzw. Nach­teile hatte der Wegfall des Router­zwangs für den Verbrau­cher? In einigen Fällen ist die gesetz­lich verbriefte Router­frei­heit in der Praxis ein leider fast wert­loser Papier­tiger geblieben.

Bis 2016 hatten einige Internet-Anbieter nur eigene Router für den jewei­ligen Internet-Anschluss zuge­lassen (gege­benen­falls mit Bran­ding), und diese zur Miete oder als Bestand­teil des Vertrags ohne Aufpreis ausge­geben. Dem Kunden blieb bis zur Umset­zung der Router­frei­heit nichts anderes übrig, als eines der Geräte zu nehmen, das der Provider vorge­geben hatte.

Aufgrund der Vorgaben zur Router­frei­heit müssen die Anbieter nun die Schnitt­stel­len­beschrei­bungen und alle Zugangs­daten (auch für die Tele­fonie) heraus­geben und auch ein vom Kunden ange­schlos­senes Gerät konfi­gurieren bzw. vom Kunden konfi­gurieren lassen.

Nach einem Urteil des Land­gerichts Essen vom 23. September 2016 gilt die Router­frei­heit auch für alle Bestands­kunden. Demnach müssen die Provider die Zugangs­daten auch für Bestands­kunden mit einem eigenen Router heraus­geben. Alternative zum Standard-Router: Ein Gaming-Router von Asus Alternative zum Standard-Router: Ein Gaming-Router von Asus
Bild: Asus ROG

Die Vorteile der Router­frei­heit

Die Vorteile, einen Router selbst kaufen zu können, liegen für viele auf der Hand, aber es gibt auch Nach­teile, deren sich der Verbrau­cher bewusst sein muss.

So kann sich der Kunde für ein Modell entscheiden, das seinen Wünschen entspricht: Dies kann den WLAN-Stan­dard, die vorhan­denen Anschlüsse, die Funk­reich­weite oder schlicht das Äußere betreffen. Zudem sind - im Gegen­satz zu den früher oft gebran­deten Zwangs-Routern - alle Funk­tionen des Routers ohne Einschrän­kungen nutzbar. Der Preis spielt hierbei eben­falls eine Rolle. So kann der Kunde einen Preis­ver­gleich durch­führen und dann das güns­tigste Angebot auswählen. Der einma­lige Kauf ist meist güns­tiger als eine jahre­lange Miete.

Bisher hatten Kunden im Rahmen des Router­zwangs bei der Modell-Auswahl kaum oder über­haupt kein Mitspra­che­recht. Außerdem gab es Funk­tionen, die vom Internet-Anbieter gesperrt wurden - wie zum Beispiel die freie Tele­fonie über das Internet (VoIP). Nicht nur, dass die Provider die Modelle vorwie­gend zur Miete anbieten, der Kunde ist bei einem Leih­router nach wie vor dazu verpflichtet, nach Been­digung des Vertrags­ver­hält­nisses den Router inner­halb einer kurzen Frist an den Provider zurück­zuschi­cken - er darf ihn nicht behalten bzw. bei einem Wechsel nicht zum anderen Anbieter mitnehmen. Wird der Leih­router nicht zurück­gesandt, berechnet der Provider dem Kunden fast immer noch eine Straf­gebühr.

Schnelle Updates, aber kein Service durch den Provider

Hinsicht­lich der Update-Politik bringt die Abschaf­fung des Router­zwangs Vorzüge, aber auch Nach­teile mit sich. Denn: Während der Kunde bei einem Router vom Internet-Provider aufgrund von Anpas­sungen immer länger auf die Soft­ware-Aktua­lisie­rungen warten muss, bekommt er das Soft­ware-Update durch den Hersteller meist deut­lich schneller zur Verfü­gung gestellt.

Der Nach­teil bei einem eigenen Gerät ist in diesem Fall aber, dass die kompletten Service-Leis­tungen des Provi­ders für die Hard­ware entfallen (z. B. sofor­tiger Tausch bei einem Defekt). Insbe­son­dere bei einem Störungs­fall muss der Kunde dann selbst heraus­finden, ob die Probleme an der Hard­ware oder am Internet-Anschluss bestehen, um den rich­tigen Ansprech­partner zu kontak­tieren. Ein tech­nischer Support oder Hilfe­stel­lungen durch einen Tech­niker bei der Einrich­tung und Konfi­gura­tion eines eigenen Routers fallen weg - oder der Provider lässt sich diesen Service für teures Geld extra bezahlen.

TV-Kabel, Glas­faser, Hybrid: Router­frei­heit nur auf dem Papier

Die Praxis der vergan­genen Jahre hat gezeigt, dass eine echte Router­frei­heit letzt­end­lich nur bei DSL- und VDSL-Anschlüssen sowie bei Mobil­funk-Routern für LTE und 5G besteht. Hier gab und gibt es auch keinerlei tech­nische Gründe der Internet-Anbieter, die freie Router­wahl zu beschränken.

Bei TV-Kabel-, Glas­faser und Hybrid-Anschlüssen hat sich jedoch in der Zwischen­zeit heraus­gestellt, dass die Router­frei­heit nur auf dem Papier exis­tiert.

TV-Kabel-Anschlüsse: Die Kabel-Internet-Anbieter erlauben ihren Kunden gene­rell die freie Router­wahl. Doch einer­seits ist das Angebot an frei erhält­lichen Kabel-Internet-Routern auf dem Markt sehr beschränkt. Und aufgrund der zu Grunde liegenden Technik muss der Kunde einmalig den selbst erwor­benen Router über ein Akti­vie­rungs­portal beim Netz­betreiber regis­trieren. Die Konfi­gura­tion der Tele­fonie muss der Kunde in seinem eigenen Router eben­falls selbst vornehmen.

Immerhin fällt bei einem selbst gekauften Router der Nach­teil von Leih­rou­tern weg, dass der Kabel-Internet-Provider aus der Ferne Zugriff auf den Router des Kunden benö­tigt, um diesen für den Anschluss konfi­gurieren zu können. Denn das führt - nebenbei bemerkt - mitunter zu unsäg­lichen Gege­ben­heiten bei Leih­rou­tern: Es kam schon öfter vor, dass der Provider ohne Vorankün­digung Soft­ware-Updates auf den Leih­rou­tern des Kunden aufge­spielt hat und anschlie­ßend die komplette Heim­netz-Einrich­tung des Kunden verschwunden war und alles neu einge­richtet werden musste. Das wird bei einem eigenen Kabel-Router nicht geschehen.

Einige Kabel-Anbieter haben aber die Verfüg­bar­keit von Tele­fonie-Optionen wie zwei Leitungen an die Buchung einer kosten­pflich­tigen Zusatz-Option gebunden. Oft muss diese Zusatz-Option gebucht werden, damit der Kunde über­haupt die Tele­fonie in einem selbst erwor­benen Router einrichten kann. Wenn in dieser Option dann seitens des Netz­betrei­bers auch noch ein bestimmtes Router-Modell wie eine AVM FRITZ!Box Cable enthalten ist, fällt der mögli­cher­weise erwar­tete Preis­vor­teil bei einem eigenen Router weg.

Außerdem verlangen einige Kabel-Internet-Provider zwin­gend, dass der Kunde zusätz­lich zum selbst erwor­benen Router noch das Leih­gerät des Provi­ders zu Hause bereit­hält, damit er dieses im Störungs­fall anstelle des eigenen Routers für eine Entstö­rung anschließen kann. Und dieser Leih­router muss natür­lich nach Vertrags­ende zurück­gesandt werden, ansonsten droht eine Straf­gebühr.

Glas­faser-Anschlüsse: Eine vergleich­bare tech­nische Diskus­sion wie bei den TV-Kabel­anschlüssen gibt es inzwi­schen auch bei den Glas­faser-Anschlüssen - es ist die Diskus­sion darüber, wo der Netzabschluss­punkt sitzt. Bei einem DSL- und VDSL-Anschluss sitzt dieser in der Anschluss­dose, wohin­gegen die TV-Kabel- und Glas­faser-Provider behaupten, dieser würde im Modem bezie­hungs­weise Router sitzen und deswegen sei das Gerät nicht frei wählbar bezie­hungs­weise müsse aus der Ferne vom Provider frei konfi­gurierbar sein. Bei zahl­rei­chen Glas­faser-Anschlüssen muss es der Kunde also dulden, dass der Glas­faser-Netz­betreiber an der Anschluss­dose sein eigenes Glas­faser-Modem anschließt. Seinen eigenen freien Router kann der Kunde dann ledig­lich an diesem Zwangs-Modem betreiben.

Hybrid-Anschlüsse der Telekom: Die Hybrid-Anschlüsse der Deut­schen Telekom bündeln eine vorhan­dene DSL- oder VDSL-Leitung mit dem LTE- und 5G-Netz. Insbe­son­dere zur Beschleu­nigung von Strea­ming und Down­loads wird das LTE- und 5G-Signal als Daten­turbo hinzu­geschaltet. Hierzu hat die Telekom mit einem Hersteller eigene Router entwi­ckelt, die diesen Schal­tungs­vor­gang entspre­chend der Netz­kon­figu­ration vornehmen. Andere Hersteller haben bislang keine für Hybrid-Anschlüsse kompa­tiblen Router ange­boten, hier gibt es also keine echte Router­frei­heit. Das Anschließen eines LTE-Sticks an die USB-Buchse eines herkömm­lichen DSL-Routers entspricht nicht der Spezi­fika­tion der Telekom für die Hybrid-Anschlüsse und ist daher kein Ersatz. Hybrid-Anschluss der Telekom nur mit eigenem Router Hybrid-Anschluss der Telekom nur mit eigenem Router
Foto: Deutsche Telekom

Diskus­sion um Netzabschluss­punkt hält an

Die von den Kabel-Internet- und Glas­faser-Provi­dern ange­sto­ßene Diskus­sion um den Netzabschluss­punkt bei ihren Anschlüssen dauert an. Entweder hat der Gesetz­geber bei seiner Fest­legung der Router­frei­heit diese tech­nischen Gege­ben­heiten über­sehen - oder die Provider nutzen die Diskus­sion dazu, um wieder einen Router­zwang über die Hintertür einzu­führen.

In Deutsch­land werden Glas­faser-Anschlüsse in der Regel kosten­spa­rend als Gigabit Passive Optical Network (GPON) reali­siert. Bei der Point-to-Multi­point-Netz­archi­tektur handelt es sich um eine Shared-Medium-Tech­nologie mit bis zu 2,5 GBit/s, bei der sich mehrere Kunden eine Stamm­faser teilen müssen. Der Teil­nehmer hat nur bis zum nächsten Kabel­ver­zweiger eine eigene Glas­faser. Wenn ein Kunde nun ein freies Gerät anschließen würde, das sich nicht an den Stan­dard hält, könnte das alle anderen Anschlüsse stören.

Bei einer Point-to-Point-Verbin­dung hätte jeder Kunde von der Vermitt­lungs­stelle bis zur Wohnung eine eigene Glas­faser. Das würde für die Netz­betreiber den Ausbau aber sehr verteuern, da sehr viel mehr Glas­fasern verlegt werden müssten und der Netz­betreiber sehr viel mehr Ports in den Netz­knoten anbieten müsste. Bei einer Point-to-Point-Verbin­dung wäre die Verwen­dung eines freien Routers aber kein Problem, doch derar­tige Anschlüsse gibt es in Deutsch­land kaum.

Inzwi­schen hat sich auch die Bundes­netz­agentur in diese Diskus­sion einge­schaltet: Viele Glas­faser-Netz­betreiber haben gegen­über der Bundes­netz­agentur geltend gemacht, dass sie den Zugang nur am opti­schen Netz­abschluss (Optical Network Terminal, ONT) anbieten würden, weil nur so sicher­gestellt sei, dass die Netze vor störenden Netz­abschluss­geräten (also den gängigen Modem-Router-Kombi­nationen) geschützt werden könnten. Die Bundes­netz­agentur prüft deshalb die Behaup­tung, dass ein Gerät, das störende Signale ins Netz sendet, nicht nur den einzelnen Anschluss, sondern das gesamte Netz-Cluster beein­träch­tigen und zu einem erwei­terten Leis­tungs­aus­fall führen würde. Die Glas­faser-Netz­betreiber argu­men­tieren, eine Verpflich­tung zum freien Zugang am passiven Netzabschluss­punkt bezie­hungs­weise zu teuren Point-to-Point-Verbin­dungen würde den ganzen Glas­faser­ausbau gefährden.

Um eine einheit­liche Lösung zu errei­chen, befindet sich die Bundes­netz­agentur seit einiger Zeit in einem Austausch mit dem Bran­chen­ver­band BUGLAS zu dieser Behaup­tung. Der Verbund der Telekom­muni­kations-Endge­räte­her­steller (VTKE) hingegen warnte bereits davor, dass die aktuell erlaubte Ausnahme beim passiven Netzabschluss­punkt die Endge­räte­frei­heit de facto wieder abschaffen könnte.

In unserem umfang­rei­chen Ratgeber zu Routern zeigen wir, worauf Sie beim Kauf achten müssen. Dabei infor­mieren wir Sie zu aktu­ellen WLAN-Stan­dards, über Router-Modelle für den kleinen Geld­beutel sowie zu weiteren Tech­nolo­gien und Router-Funk­tionen. In einem weiteren Ratgeber geben wir Tipps zum Kauf eines TV-Kabel-Routers.