Ausgeträumt

Wird Telefónica Next eingestampft?

Die Wirt­schafts­zeitung Handels­blatt meldet, das Telefónica seine Daten-Tochter "Next" abwi­ckeln wolle. Gerade mit dem legalen Handel von Daten waren viele Erwar­tungen und Hoff­nungen verbunden.
Von

Telefónica Next sollte neue Geschäftsmodelle mit Nutzerdaten erschließen. Offenbar haben sich die Erwartungen nicht erfüllt? Telefónica Next sollte neue Geschäftsmodelle mit Nutzerdaten erschließen. Offenbar haben sich die Erwartungen nicht erfüllt?
Foto/Logo: Telefonica, Grafik/Montage: teltarif.de
Unsere Daten und der Daten­schutz sind ein Dauer­brenner: Daten als Währung, als Öl des heutigen Zeit­alters. Viele Dinge gibt es im Internet "kostenlos", aber in Wirk­lich­keit "zahlen" wir mit unseren Daten. Folge­richtig haben diese Daten einen "Wert" nur, wie viel Wert eine Adresse oder ein Geburts­datum hat? Oder die Vorliebe für Voll­milch-Nuss-Scho­kolade?

Daten, ob ein Mensch mit seinem Auto und freien Plätzen oder besser in der U-Bahn oder zu Fuß zur Arbeit reist, können helfen, Verkehrs­ströme zu erkennen oder zu lenken. Wo ist ein Stau, wo könnte es einen geben? Hierbei inter­essiert niemand, ob Franz Müller oder Susi Maier unter­wegs ist, es inter­essieren die großen Daten­mengen an sich. Nicht nur Telefónica, auch Voda­fone und Telekom und viele andere arbeiten mit solchen Daten.

Kein Aufbruch in das daten­getrie­bene Geschäfts­modell?

Telefónica Next sollte neue Geschäftsmodelle mit Nutzerdaten erschließen. Offenbar haben sich die Erwartungen nicht erfüllt? Telefónica Next sollte neue Geschäftsmodelle mit Nutzerdaten erschließen. Offenbar haben sich die Erwartungen nicht erfüllt?
Foto/Logo: Telefonica, Grafik/Montage: teltarif.de
Mit seiner Tochter Telefónica Next wollte Telefónica Deutsch­land die Daten seiner 45 Millionen Mobil­funk­anschlüsse in Deutsch­land "sinn­voll" und im Rahmen der Zustim­mung der Kunden und der Daten­schutz­gesetze "mone­tari­sieren".

Im modernen Marke­ting-Sprech liest sich das so: In einem agilen Start-up-Umfeld treiben wir Inno­vationen in den Berei­chen Big Data, Audi­ence Targe­ting und Internet der Dinge voran. Mit Leiden­schaft arbeiten wir an neuen Lösungen an der Schnitt­stelle von Consumer Insights und digi­talen Tech­nolo­gien. Wir helfen Ihnen, Ihren Kunden rele­vante Ange­bote zur rich­tigen Zeit und am rich­tigen Ort zu machen. Wir unter­stützen Sie, neue intel­ligente Produkte zu kreieren, die Ihre Kunden begeis­tern.

Dabei beachten wir stets strenge Daten­schutz­anfor­derungen und gehen oft darüber hinaus. Wir wollen die Welt smarter machen – zum Wohl unserer Partner, deren Kunden, und für ein besseres Leben für jeden von uns.

Persön­liche Daten­ausnut­zung: Von Prak­tisch bis nervig

Nun ist das sicher schön, wenn beim Gang durch die Stadt eine Meldung auf dem Handy aufpoppt, dass das lang gesuchte Paar Schuhe der Kult­marke X in Größe 52 beim Händler um die Ecke verfügbar wäre. Was aber, wenn das Handy zum Besuch in der Scho­kola­denma­nufaktur verleitet, obwohl der Kunde eigent­lich ein paar Kilo abspe­cken wollte? Was ist mit Spon­tankäufen, von denen der Handel träumt, die für den Kunden irgend­wann zum Alptraum werden, wenn das eigene Geld "alle" ist? Irgend­wann kann das die Kunden auch nerven, wenn man perma­nent seine Profile aktua­lisieren und pflegen muss, um nur noch die Werbung zu empfangen, die viel­leicht doch inter­essant sein könnte?

Erwar­tungen nicht erfüllt

Die hohen Erwar­tungen konnte Next wohl nicht erfüllen. Zu wenige Kunden wollten ihre Daten bereit­stellen, zu wenige Händler wollten ausrei­chend dafür zahlen, weil die Margen (Gewinn­spannen) im Handel ohnehin eng bemessen sind. Und die willigen Kunden hätten gerne auch einen Benefit dafür haben wollen, viel­leicht in Form von Frei­minuten, Frei-Daten­mengen oder am liebsten in echtem Cash.

Deswegen, so meldet es die in Düssel­dorf erschei­nende Wirt­schafts­zeitung Handels­blatt, wolle der Netz­betreiber Telefónica seine vor drei Jahren gestar­tete Toch­terge­sell­schaft Telefónica Germany Next GmbH "abwi­ckeln". Ein Teil der rund 100 Mitar­beiter soll in die Konzern­mutter über­nommen werden, anderen wurde bereits gekün­digt, erfuhr das Handels­blatt. "Nun ist der rich­tige Zeit­punkt, erfolg­reiche Konzepte enger an das Kern­geschäft von Telefónica Deutsch­land zu rücken", sagte ein Telefónica-Spre­cher dazu. Manche der von Next entwi­ckelten Ideen würden dann inner­halb der Telefónica Deutsch­land fort­geführt.

Ein Warn­signal?

Insider sehen in dem Vorgehen ein akutes Warn­signal. „Das ist ein gefähr­licher Schritt. Next war mit vielen Hoff­nungen verbunden“, sagte ein Mitar­beiter, der nicht nament­lich genannt werden wollte. Inner­halb der Beleg­schaft gebe es Sorgen, dass weitere Kürzungen bevor­stehen könnten. Im Mai hatte der Konzern bekannt gegeben, Stand­orte in Köln, Frank­furt und Hannover zu schließen. Die Schlie­ßung sieht für die Kosten­rechner sicher "schick" aus, so ein anderer Mitar­beiter, gegen­über teltarif.de, aber dadurch steigen die Kosten, wenn ein Netz­planer beispiels­weise künftig von weit her anreisen muss, weil das tech­nische Büro "vor Ort" geschlossen wurde. Anders herum drücken die Kosten für den notwen­digen Netzaus- und -Umbau und der nach wie vor harte Wett­bewerb im Markt.

Aus Vier doch drei?

Die Telefónica Germany Next GmbH war 2016 mit dem Ziel gestartet, daten­getrie­bene Geschäfts­modelle zu entwi­ckeln sowie Lösungen für das Internet der Dinge aufzu­bauen. Nach anfäng­licher Euphorie wurde es still um deren Projekte. Telefónica (Marke o2) ist neben der Deut­schen Telekom und Voda­fone noch der dritte Netz­betreiber in Deutsch­land, der vierte Netz­betreiber 1&1-Dril­lisch wird wohl erst in etwa zwei Jahren mit einem eigenen Netz starten. Es gilt heute schon als wahr­schein­lich, dass Telefónica und 1&1-Dril­lisch beim Netz eng zusam­menar­beiten werden. So dass eines Tages doch wieder "drei" Netz­betreiber übrig bleiben könnten.

Mehr zum Thema Bestandsdaten