Telefonterror

Weniger Buß­gelder wegen un­erlaub­ter Tele­fon­wer­bung

Wenn eine "unbekannte" Nummer anruft, kann es ein nerviges Callcenter sein. Beschwerden laufen oft ins Leere, weil die Nummer gefälscht ist.
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Telefonwerbeanrufe nerven. Wirksame Filter gibt es noch nicht. Telefonwerbeanrufe nerven. Wirksame Filter gibt es noch nicht.
Foto: Picture Alliance / dpa
Im laufenden Jahr sind deutlich weniger Buß­gelder wegen unerlaubter Telefon­werbung verhängt worden als im gesamten Vorjahr. Das geht aus der Antwort der Bundes­regierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundes­tags­fraktion hervor, die der in Düsseldorf erscheinenden Wirt­schafts­zeitung Handelsblatt vorliegt. Die Bundes­netzagentur verhängte demnach von Januar bis Mitte Oktober in 19 von insgesamt 47.305 Fällen Strafen von 435.000 Euro wegen verbotener Werbeanrufe.

50 Prozent weniger Bußgelder

Telefonwerbeanrufe nerven. Wirksame Filter gibt es noch nicht. Telefonwerbeanrufe nerven. Wirksame Filter gibt es noch nicht.
Foto: Picture Alliance / dpa
Die Summe ist damit Stand Mitte Oktober mehr als 50 Prozent niedriger als im gesamten Vorjahr. Im Jahr 2017 hatte die Behörde in 19 von insgesamt 57.426 Fällen Bußgelder in einer Gesamthöhe von etwa 1,1 Millionen Euro verhängt. Die Diskrepanz zwischen der Vielzahl an Beschwerden und den tatsächlich geahndeten unerlaubten Werbeanrufen führt die Regierung etwa darauf zurück, dass oft die Angabe der Rufnummer fehle, von der aus angerufen wurde. Werbeanrufe ohne Einwilligung des Angerufenen sind seit August 2009 verboten.

Viele Nummern sind ein "Fake"

Ein Problem sind auch "gefakte" (Fantasie-)Rufnummern dieser an sich illegal operierenden Callcenter. Die Beschwerdeführer erhalten dann einige Wochen später eine E-Mail, worin lapidar erklärt wird, dass es sich um eine "aufgesetzte Rufnummer" handele und man den "Absender" nicht ermitteln könne. Einige SIP-Provider erlauben es ihren Kunden, quasi beliebige Rufnummern als Absender zu übermitteln. Eine Prüfung auf Berechtigung (wenn ein Callcenter für eine andere Firma telefoniert, kann es sinnvoll sein, auch deren Nummer zu übermitteln) findet offenbar nicht durchgehend statt.

156.000 Fälle

Im laufenden Jahr (Stand: 30. September 2018) registrierte die Bundesnetzagentur im Bereich Rufnummern­missbrauch einschließlich unerlaubter Telefonwerbung rund 156.000 Beschwerden und Anfragen. Im vergangenen Jahr waren es insgesamt 249.000. Fast 500 Rufnummern wurden seit Jahresbeginn nach einem Verwaltungsverfahren abgeschaltet (2017 waren es 700).

Der FDP-Rechtspolitiker Roman Müller-Böhm sieht trotz der rückläufigen Entwicklung keinen Anlass zur Entwarnung. Die Zahl der gemeldeten Verstöße nehme zwar weiter ab, „doch wir sind noch nicht am Ziel“, sagte der Bundestagsabgeordnete dem Handelsblatt. „Noch immer werden zu viele Menschen Opfer von Rufnummernmissbrauch.“

Anrufer ohne Nummer?

Während man "früher" bei ankommenden Anrufern ohne übermittelte Rufnummer ziemlich sicher davon ausgehen konnte, es mit einem böswilligen Callcenter zu tun zu haben, sind Anrufer ohne Rufnummer heute in der Regel Telefonteilnehmer mit sehr alten Anschlüssen, wo seitdem nie der Vertrag oder Tarif geändert wurde und vom Kunden niemals die Übermittlung der abgehenden Rufnummer beantragt wurde. Bei Einführung der Rufnummernübermittlung im Festnetz hatte die Bundespost/Telekom geplant, die Übertragung der eigenen Rufnummer grundsätzlich einzuschalten, interessierte Kunden hätten dann widersprechen oder um Abschaltung bitten müssen. Doch seinerzeit hatten Datenschützer schon Bedenken, weswegen die Übermittlung bei diesen sehr alten Anschlüssen bis heute unterblieb.

Unseriöse Call-Center übermitteln gerne "Fantasierufnummern", die nicht zurückrufbar sind, weil sie "frei erfunden" oder bewusst falsch konfiguriert sind.

Abhilfe durch Gesetzesänderung?

Vielleicht müsste das Telekommunikationsgesetz (TKG) dahingehend erweitert werden, dass die BNetzA das Recht und die Pflicht hat, die "Absender" dieser Rufnummern im Netz zu ermitteln und alle Netzbetreiber dazu verpflichtet werden, Anrufe, deren Herkunft nicht zweifelsfrei nachprüfbar ist, einfach nicht mehr anzunehmen oder weiterzuleiten. Viele Telefonkunden lassen sich schon lange aus den Verzeichnissen (Auskunft, Telefonbuch) streichen, um so vor Callcentern "geschützt" zu sein. Ein 100 prozentiger Schutz ist das aber nicht.

Wer trotzdem anrufen darf

Neben unseriösen Call-Centern rufen ab und zu auch Meinungsbefragungsinstitute an. Diese sind dazu berechtigt und für die Statistik rufen sie auch existierende Rufnummern an, die nirgendwo gelistet sind ("Geheimnummern"). Die von diesen Instituten dem Angerufenen übermittelten Nummern sind rückrufbar. Ruft man zurück, informiert ein Anrufbeantworter über Namen und Funktion des Institutes.

Echter Anrufbeantworter kann helfen

Wer zu Hause noch einen älteren diskreten Anrufbeantworter hat, kann dem eingehenden Anruf "zuhören", bevor man sich kurzfristig entscheidet, dran zu gehen oder nicht. Wer den Anrufbeantworter im Netz ("Mailbox") verwendet, hat diese Möglichkeit leider nicht.

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