Vorgelegt

Layer-2-Bitstream: Schafft die Telekom das klassenlose Internet ab?

Die von der Telekom vorgelegten Entgelte für den Layer-2-Bitstromzugang wecken neue Ängste: Wird die Datendrossel zurückkehren und die Netzneutralität endgültig abgeschafft?
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Die Aus­einander­setzungen um den Layer-2-Bitstrom-Zugang wurden durch eine Ent­scheidung der Bundes­netz­agentur Ende Oktober beendet: Die Telekom muss weiter einen Bit­strom­zu­gang zu nicht diskriminierenden Bedingungen gewähren.

Die Entgelte für den Layer-2- und den Layer-3-Bitstrom unterliegen den Vorgaben des § 28 TKG, in dem die Regulierung nach den Maßstäben der Miss­brauchs­kontrolle festgelegt ist. Die Telekom muss die Entgelte für den Layer-2-Bitstrom der Regu­lierungs­be­hörde vorab zur Prüfung vorlegen, und genau das hat sie vor wenigen Tagen getan.

In den Preislisten und Vertragsbedingungen gibt es aber einige Überraschungen. Die Wettbewerber hatten zu hohe Entgelte befürchtet. Doch nun muss man eher fragen: Wird die Datendrossel zurückkehren und die Netzneutralität endgültig abgeschafft?

Führen die Entgelte zu einer Wiederauflage der Datendrossel?

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Die von der Telekom eingereichten Unterlagen liegen teltarif.de vor. Genauere Einschätzungen der Wettbewerber gibt es dazu nicht, erste Stellungnahmen zeigen sich allerdings sehr besorgt.

easybell beispielsweise hat in einer kurzen Modellrechnung nachgerechnet. In dem Entgelt-Antrag der Telekom würden für die kundennahe Übergabe des Datenverkehrs eines VDSL-50-Anschlusses netto 19,20 Euro pro Monat berechnet gegenüber bislang 10,19 Euro für die TAL-Miete. Laut easybell bedeutet dieses Preismodell für die Wettbewerber in der Regel "eine erhebliche Kostensteigerung, ohne dass dem Kunden ein Mehrwert geboten werden kann."

easybell-Geschäftsführer Andreas Bahr hat gegenüber teltarif.de für sein Unternehmen nachgerechnet: "Die neuen Preise bedeuten für uns eine Kostenerhöhung von ca. 50 Prozent. Die Telekom macht mit diesem Antrag deutlich, dass es ihr bei dem VDSL-Vectoring-Ausbau im HvT-Nahbereich nicht um eine bessere Versorgung der Bürger, sondern um die Verdrängung kleinerer und mittlerer Wettbewerber geht."

Drosselungstarife sind im Festnetz bei Kunden extrem unbeliebt, dennoch könnten sie - mit dem neuen, von der Telekom vorgelegten - Preismodell eine Wiederauflage erleben. Bei einem VDSL-Anschluss mit 50 MBit/s sollen für den Wiederverkäufer lediglich 88 GB Datenverkehr pro Monat inklusive sein. Jedes zusätzliche Gigabyte müsste der Anbieter extra an die Deutsche Telekom zahlen.

Die VDSL-Kunden von easybell würden durchschnittlich ca. 150 GB pro Monat verbrauchen, mit stark steigender Tendenz, äußert Andreas Bahr. "Die Telekom zwingt die Wettbewerber mit diesem Kostenmodell zur Einführung einer Datendrossel. Anschließend ist für die Telekom der Weg frei, das eigene Drosselprojekt wieder anzugehen".

Güteklassen im Internet versus Netzneutralität

Die Telekom hat an anderer Stelle zwar ein Bekenntnis zum offenen und freien Internet abgelegt. Die vorliegenden Dokumente zum Layer-2-Bitstrom lassen aber eher darauf schließen, dass die Telekom die Netzneutralität endgültig abschaffen möchte.

In der Anlage 3 zum Entgeltgenehmigungsantrag L2-BSA vom 20. November macht die Telekom unter Punkt 3 eine klare Unterscheidung zwischen Best-Effort-, Realtime-, Streaming- und Critical-Application-Klassen.

Sofern sich bei der Messung des Gesamtvolumens durch die Telekom eine Überschreitung des inkludierten monatlichen Transportanteils für die Verkehrsklasse Best Effort und/oder die Verkehrsklasse Realtime ergibt, wird der Überlauf-Anteil je angefangenem Prozentpunkt und L2-BSA-Access-Teilleistung mit einem Entgelt in Rechnung gestellt. Dieser beträgt in der Klasse Best Effort 40 Cent je Prozentpunkt und in der Realtime-Klasse mit 80 Cent genau das Doppelte. Zur Messung und Berechnung des Überlauf-Anteils kommt ein von der Telekom sehr komplex gestaltetes Verfahren zur Anwendung.

"Damit schafft die Telekom nun auch praktisch die Netzneutralität ab und möchte zudem nicht nur den Diensteanbietern die Priorisierung der Datenströme in Rechnung stellen, sondern auch den Kunden," kommentiert easybell die von der Telekom geplante Priorisierungs-Praxis.

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