Nachgefragt

Telekom-Kabelanschluss: FRITZ!Box Cable nicht kompatibel

Die Routerfreiheit soll Internet-Nutzern ermöglichen, den bisherigen Zwangsrouter durch ein freies Modell zu ersetzen. Bei den TV-Kabelanschlüssen von Telekom, Tele Columbus und anderen gibt es aber Probleme mit der Telefonie. Wir klären, wo das Problem liegt.
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Probleme bei der Routerfreiheit: unterschiedliche Telefonie-Standards Probleme bei der Routerfreiheit: unterschiedliche Telefonie-Standards
Bild: AVM
Die seit August vorgeschriebene Routerfreiheit sollte endlich die große Befreiung von Zwangsroutern bringen, die Internetanbietern bislang ihren Kunden vorgeschrieben haben. Bei DSL und VDSL haben die Kunden in der Regel eine recht große Auswahl an kompatiblen Routern von unterschiedlichen Herstellern. Doch wie sieht es bei TV-Kabel-Internetanschlüssen aus?

Der erste frei verfügbare Alternativ-Router, der vielen Kunden unwillkürlich in den Sinn kommt, ist die AVM FRITZ!Box 6490 Cable. Da AVM nicht nur umfangreiche Router-Funktionen, sondern auch massig Zubehör und kompatible Apps für seine Router im Sortiment hat, erscheint diese Idee vielen Kunden wie ein Befreiungsschlag.

Doch auch die FRITZ!Box 6490 Cable ist nicht perfekt - und mit den Kabelanschlüssen einiger Provider nicht voll kompatibel. Im schlimmsten Fall funktioniert die Telefonie überhaupt nicht. Gemeinsam mit AVM und der Telekom hat teltarif.de nun herausgefunden, woran das liegt.

CableLabs PacketCable: Verschiedene Telefonie-Standards

Probleme bei der Routerfreiheit: unterschiedliche Telefonie-Standards Probleme bei der Routerfreiheit: unterschiedliche Telefonie-Standards
Bild: AVM
In Zusammenarbeit mit Wohnungsbaugesellschaften betreibt die Telekom seit einiger Zeit wieder TV-Kabelanschlüsse in einigen Regionen. Seit August versuchen auch hier Kunden, den Zwangsrouter der Telekom durch alternative Modelle zu ersetzen. Bei der AVM FRITZ!Box 6490 Cable gibt es aber nun erste Berichte über Probleme bei der Telefonie - teltarif.de ist der Sache nachgegangen. Im teltarif.de-Forum schrieb ein Kunde:

Eigentlich wollte ich mir ja die FRITZ!Box 6490 Cable zulegen. Da hier in Berlin mein Kabelanbieter die Telekom ist [...], habe ich erstmal eine Anfrage dort gestartet. Die Antwort: "Derzeit unterstützt die FRITZ!Box Cable den von uns genutzten Telefonie-Standard (CableLabs PacketCable 1.0/1.5) leider nicht, so dass Sie dieses Endgerät nicht in vollem Umfang mit unserem Anschluss nutzen können." Das kann ich also erstmal knicken :-(. Im Kabelnetz der Telekom funktioniert also im Moment nur der Router in Verbindung mit dem gelieferten Modem! [...] Es scheinen ja mehrere Kabelanbieter diesen Standard zu nutzen, wie man hier im Forum liest.

In der Tat setzen die TV-Kabelanbieter bei ihren Internet-Anschlüssen auf unterschiedliche technische Standards bei der Telefonie. Die Geschichte des Standards PacketCable wird auf dieser Seite kurz zusammengefasst.

EuroPacketCable 1.0 standardisierte erstmals die IP-Telefonie auf EuroDOCSIS-Netzwerken, also für Kabel-Internet-Anschlüsse. Die Erweiterung EuroPacketCable 1.5 brachte die Unterstützung des Fax-over-IP-Standards T.38 und das Doppelton-Mehrfrequenzwählverfahren DTMF. Einen großen technischen Sprung gab es bei EuroPacketCable 2.0, seit diesem Release basiert die Telefonie auf dem weit verbreiteten SIP-Protokoll. Das Problem dabei ist: EuroPacketCable 2.0 ist nicht abwärtskompatibel zu den früheren Versionen.

Das sagen AVM und die Telekom zum PacketCable-Problem

Auf Anfrage schrieb uns AVM, dass der Hersteller bei der FRITZ!Box 6490 Cable die aktuelle Version PacketCable 2.0 unterstützt. In "seltenen Fällen" würden Kabelanbieter noch auf die aus technischer Sicht veraltete Version PacketCable 1.5 setzen, die nicht von der Kabel-FRITZ!Box unterstützt wird. Alternative SIP-Anbieter würde die FRITZ!Box natürlich unabhängig vom PacketCable-Standard unterstützen. Die recht knappen Ausführungen beendete AVM mit dem Hinweis, bei dem Zusammentreffen älterer PacketCable-Standards seitens des Kabelnetzbetreibers und FRITZ!Box Cable würde es sich um einen "selten vorkommenden Fall" handeln. Auf die Frage, ob die Kabel-FRITZ!Box nachträglich mit der Unterstützung von EuroPacketCable 1.5 nachgerüstet wird, ging AVM nicht ein.

Auch die Telekom beantwortete unsere Frage zur Kompatibilität nur zum Teil: Bezüglich der Kabel-FRITZ!Box bestätigte die Telekom aber: "Alle Endgeräte, die an unserem Kabel-Anschluss angeschlossen werden, müssen den Standard Docsis 3.0 für den Internetzugang und den Standard CableLabs PacketCable 1.0/1.5 für die Telefonie unterstützen - und das tut die FRITZ!Box Cable nicht. Aus diesem Grund ist tatsächlich mit der FRITZ!Box Cable an unserem Kabel-Anschluss nur der Internet-Zugang möglich."

Laut der Telekom ist zurzeit ist die Einführung des Standards PacketCable 2.0 "nicht geplant". Grundsätzlich sperrt sich die Telekom aber nicht gegen alternative Router an ihrem Kabelanschluss: "Alle Endgeräte, die den Standard Docsis 3.0 für den Internetzugang und den Standard CableLabs PacketCable 1.0/1.5 für die Telefonie unterstützen, sind geeignet", versicherte eine Sprecherin der Telekom gegenüber unserer Redaktion. Empfehlungen für kompatible Alternativ-Router - wie von uns gewünscht - gab die Telekom jedoch nicht ab.

Die Telekom bietet zu ihrem Kabelanschluss das Kabel-Modem Arris Touchstone TM822. Dieses gibt es ohne Zusatzkosten zu jedem gebuchten Zuhause-Kabel-Tarif der Telekom dazu. Für erweiterte Funktionalitäten wie zum Beispiel WLAN kann der Kunde bei der Telekom zusätzliche Endgeräte kaufen. Der Netzbetreiber bietet für diesen Fall die FRITZ!Box 7330 für einmalig 49,95 Euro oder die FRITZ!Box 7360 für einmalig 79,95 Euro, zusätzlich fallen einmalig Versandkosten von 9,95 Euro an. Der Kunde hat also - wenn er weitere Funktionen wie WLAN nutzen möchte - stets zwei Geräte nebeneinander zu betreiben.

Auf die Frage, wie die Telekom unter diesen Umständen die Vorgaben zur Routerfreiheit bei ihrem TV-Kabel-Internetanschluss erfüllen kann, schrieb die Unternehmenssprecherin: "Bei unseren Kabel-Anschlüssen gilt die Routerfreiheit sowohl für Neu- als auch für Bestandskunden. Neukunden können direkt bei der Bestellung angeben, dass sie ein eigenes Endgerät nutzen möchten und erhalten daraufhin die dafür benötigten Zugangsdaten automatisch. Bestandskunden können sich an unserer kostenfreien Hotline melden unter 0800-3301201, dass sie nun ein anderes, eigenes Endgerät nutzen möchten, und erhalten daraufhin eine E-Mail mit den generierten Zugangsdaten." Letztendlich überlässt die Telekom also dem wechselwilligen Kunden die volle technische Verantwortung, einen Alternativ-Router zu finden, der die Standards des Telekom-Kabelanschlusses unterstützt.

Weitere betroffene Netzbetreiber und die Suche nach Alternativ-Routern

Im teltarif.de-Forum und auch im IP-Phone-Forum haben sich mittlerweile weitere TV-Kabelkunden anderer Netzbetreiber gemeldet, die davon berichten, dass sie von dem Problem betroffen sind. RFTKabel (Brandenburg an der Havel/Potsdam und Umgebung) sowie Tele Columbus sollen ebenfalls nur den EuroPacketCable-1.5-Standard nutzen. Bezüglich Tele Columbus wird dies sogar von AVM bestätigt, auf der AVM-Webseite heißt es: "FRITZ!Box aktuell nur für Datenverbindungen, keine Telefonie."

Gleichzeitig wird in den Foren diskutiert, welche alternativen Kabelrouter bei den drei genannten Kabelnetzbetreibern eingesetzt werden können, damit auch die Telefonie per PacketCable 1.5 unterstützt wird. Das Problem dabei ist, dass in Deutschland außer der Kabel-FRITZ!Box momentan kaum freie Kabelrouter im Handel angeboten werden. Auf zwei kompatible Modelle sind die Foren-Nutzer immerhin gestoßen, und zwar den Netgear CG3000 und den Hitron CGNV4 [Link entfernt] . Gegebenenfalls müssen Interessenten diese Modelle allerdings im Ausland bestellen - mit allen Vor- und Nachteilen.

Es ist nicht klar, ob der Gesetzgeber bei seinen hehren Vorstellungen zur Routerfreiheit technische Feinheiten wie in diesem Artikel geschildert beachtet hat. Selbst wenn politisch eine freie Routerwahl vorgegeben und die auch von den Kabel-Netzbetreibern theoretisch garantiert wird, bleibt wie im vorliegenden Fall dem Kunden doch einiges an Arbeit übrig: Er muss zuerst herausfinden,ob das Gerät wirklich hundertprozentig kompatibel zu seinem Anschluss ist, gegebenenfalls muss er dieses dann im Ausland bestellen und anschließend vielleicht doch noch eine Bastellösung mit einer nachgeschalteten FRITZ!Box einrichten. Einfacher wäre es zweifellos, wenn sich alle Kabel-Netzbetreiber und Router-Anbieter auf einen einheitlichen Standard einigen würden.

Weitere Details zur Routerfreiheit bei den Kabel-Anbietern haben wir in diesem Artikel zusammengefasst.

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