Albtraum

Telekom: LTE-Ausbau am Hochrhein - Albtraum für Netzplaner

Eigent­lich wollte die Telekom LTE am Hoch­rhein schon längst am Laufen haben. Doch die Hürden sind gewaltig, aber es geht (viel zu langsam) voran.
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Immer wieder errei­chen uns Leser­briefe, dass der Netzaubau hier und da nicht so ist, wie erwartet. Gerade das Netz der Telekom wird beson­ders kritisch beäugt, zumal die Tarife bei Original-Telekom, die neben LTE-Daten auch Tele­fonieren über LTE (VoLTE) und über WLAN (WiFi oder WLAN-Call) erlauben, deut­lich teurer als bei der Konkur­renz sein können. "Wenn ich soviel Geld ausgebe, erwarte ich immer und überall Netz", sind Aussagen von Lesern.

Telekom infor­miert regel­mäßig

Komplizierte Mobilfunk-Versorgung am Hochrhein Komplizierte Mobilfunk-Versorgung am Hochrhein
Foto: Deutsche Telekom via Youtube
Regel­mäßig infor­miert die Deut­sche Telekom auf ihrem Youtube Kanal "Telekom-Netz" über ihren Netz­ausbau in Deutsch­land. Oft sind es abge­legene Regionen, wo es sich eigent­lich nicht lohnen würde, mitunter aber auch touris­tisch gefragte Ecken, wie der Hoch­rhein zwischen Basel und Konstanz. Für Touristen ist diese Gegend ein High­light, für die Telekom-Netz­planer hingegen ein Albtraum. Auf der einen Seite liegt Deutsch­land, auf der anderen die Schweiz, an den Ufern des Rhein­tals geht es steil hinauf. Da muss tief in die Trick­kiste gegriffen werden, um dem Cock­tail aus Bedenken, Blockaden und Verzö­gerungen wider­stehen zu können, denn die Mehr­heit der Kunden möchte schließ­lich "bestes Netz" haben.

Bad Säck­ingen: Wohin mit den Sendern?

Alex­ander Guhl, der Bürger­meister von Bad Säck­ingen, setzt sich seit Jahren für eine bessere Mobil­funk­versor­gung ein. Der roman­tische Ort ist mit der Schweiz über eine unter Denk­malschutz stehende Holz­brücke verbunden. Wer will und den passenden Tarif (der Telekom) hat, kann sich auch bei Swisscom einbu­chen, mit einem Tarif bei Voda­fone oder Telefónica-o2 kann es teuer werden.

Die Abde­ckung inner­halb des Stadt­gebietes von Bad Säck­ingen scheint in der Kern­stadt ausrei­chend zu sein, aber die Orts­eile Harpo­lingen und Rippo­lingen wäre zu verbes­sern, stellt der Bürger­meister im Inter­view mit Telekom-Spre­cher Hubertus Kisch­kewitz fest. Die Gemeinde hilft mit Kommune-eigene Gebäuden, aller­dings braucht man dazu auch die Ortschafts­räte und das wiederum ist nicht ganz so einfach.

Ideal: Rathaus Harpol­lingen

Hans-Peter Käßler ist der Kommu­nalbe­auftragte Mobil­funk und kennt sich in der Gegend bestens aus. Ein idealer Standort wäre das Rathaus von Harpol­lingen gewesen, von dort wäre beste Ausleuch­tung und Versor­gung möglich gewesen. Alleine es siegte die dumpfe "Angst vor der Strah­lung", es durfte dort nicht gebaut werden. Am Rande von Ripol­lingen hätte die Gemeinde einen Sender vorge­schlagen, doch der Funk­netz­planer rechnet vor, dass dann ein 40m hoher Mast notwendig gewesen wäre und nicht alle Teile des Ortes wären damit versorgbar gewesen.

Der Grund ist der: Der Ort hat ein starkes Nord-Süd-Gefälle und er liegt im engen Rheintal. Ein 40m hoher Mast hätte dafür rund 50km tief in die Schweiz hinein gestrahlt, was geneh­migungs­recht­lich kaum reali­sierbar gewesen wäre. Auch etwas tiefer im Ort wäre ein Mast notwendig gewesen.

Laufen­burg bald mit LTE

In Laufen­burg an der Stau­stufe musste die Telekom auf Schweizer Seite auswei­chen. Zwei Sektoren des offi­ziellen Telekom Mastes funken derzeit noch mit GSM. Die Anlage ist schon auf Single-RAN umge­rüstet und in den nächsten Monaten sollen die LTE-Antennen aufge­hängt und akti­viert werden.

Stand­orte auf "fremdem" Gebiet, so lernen wir von Service-Mitar­beiter Stefan Keller, sind nichts unge­wöhn­liches. So versorgt die Swisscom von deut­schem Gebiet aus auch die Schweiz und die Telekom hat einige Stand­orte in der Schweiz. Was sich "einfach" anhört, erfor­dert gute Kontakte, gute Zusam­menar­beit und passende Geneh­migungen.

Rundum Schweiz: 79798 Jestetten

Weiter oben liegt der Ort 79798 Jestetten, der rundum von der Schweiz einge­schlossen ist. Hier kam die Telekom mit der Orts­verwal­tung ins Gespräch, man wünschte sich drin­gend besseres Netz. Als Standort wurde das alte Schul­haus vorge­schlagen, funk­tech­nisch ideal, doch dann kamen Bedenken vom Gemein­derat aus Angst vor Bürger­protesten. Die Alter­native sollte ein 20 bis 25 Meter hoher Mast an der Vermitt­lungs­stelle werden: Sende­turm höher als der Kirch­turm? Das geht schon gar nicht. Jetzt könnte es doch das alte Schul­haus werden. Ein Jahr ist seitdem vergangen.

Suchen in Waldshut

Weitere Stand­orte im Land­kreis Waldshut sind in der Planung. 21 aktive Stand­orte sind schon auf LTE umge­stellt, 16 werden noch umge­rüstet und Laufen­burg soll dann im September 2019 endlich LTE bekommen. In Rippo­lingen und Harpo­lingen geht die Suche nach einem passenden Standort weiter, bislang erfolglos.

Telekom-Video: Wie Mobil­funk an der Schweizer Grenze funk­tioniert

Eine Einschät­zung

Wenn Sie Bekannte haben, die sich mit der Funk­technik nicht so auskennen, erklären Sie ihnen den physi­kali­schen Fakt, dass die Strah­lenbe­lastung sinkt, je näher sich das Handy an einer Basis­station befindet. Ist die nächste Basis zu weit, muss das Handy "aufdrehen", um den Funk­kontakt aufrecht zu erhalten. Deswegen müssen Sender in die Orte hinein. Lieber zwei, drei kleine Sender, als eine Riesen­anlage außer­halb auf der Wiese oder auf einem Berg. Mitunter hilft es schon, wenn eine Sende-Antenne einfach eine andere Farbe bekommt oder etwas verkleidet wird.

Wenn ein Sender auf das Dach eines Schul­haus oder Kinder­gartens kommt, ist genau unten drunter die Strah­lung am nied­rigsten. Auch das ist Physik. Dass der Netz­ausbau bitter notwendig ist, ist längst Fakt. Nur: viele Hinder­nisse liegen bei uns buch­stäb­lich vor der Haustür. Hier sind wir alle gefragt.

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