Bestens

Telekom-Chef: "Wir bauen weiter aus"

Viel Hinter­grund­infor­mation am Rande der Quar­tals­zahlen der Telekom. Alleine kann das Unter­nehmen den bundes­weiten Ausbau der weißen Flächen nicht schaffen. Aber vieles ist möglich.
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Vor einem Jahr wurde der Ausbau von Super-Vecto­ring im Fest­netz gestartet, mit dem die Telekom Band­breiten von bis zu 250 MBit/s errei­chen kann. Damit können 22 Millionen Haus­halte und Unter­nehmen erreicht werden, bis zum Jahres­ende sollen es 28 Millionen sein und die 30 Millionen-Marke soll auch noch geknackt werden.

Glas­faser gewinnt an Fahrt

Die Telekom verstärkt den Glasfaserausbau bis ins Haus (FTTH/FTTB) Die Telekom verstärkt den Glasfaserausbau bis ins Haus (FTTH/FTTB)
picture alliance/Patrick Seeger/dpa
Die Zahl der Glas­faser-basierten Haus-Anschlüsse, die in Betrieb sind, stieg um 22 Prozent auf 13,4 Millionen, wobei die Telekom unter "glas­faser­basiert" nicht nur FTTB oder FFTH (bis ans oder ins Haus), sondern auch FTTC (Glas­faser bis zum Stra­ßenver­teiler an der Ecke, auch als "Vecto­ring" bekannt) versteht. Die Zahl der Haus­halte, die insge­samt per Glas­faser (inklu­sive Vecto­ring) erreichbar wären (Homes passed) und die schon ange­schlossen sind (Homes connected) liege bei 34 Millionen Anschlüssen, ein Zuwachs von rund 2,6 Millionen.

Weitere 50 Gewer­bege­biete sollen direkt mit Glas­faser durch die Telekom bis aufs Grund­stück oder ins Gebäude erschlossen werden, was dann insge­samt 245 verschie­dene Gewer­bege­biete erreicht, wo etwa 100.000 Unter­nehmen an die begehrte Glas­faser kommen können.

Die Telekom will künftig weiter in den Ausbau auf hohem Niveau inves­tieren. Beim Ausbau der Glas­faser werde über­propor­tional zum Markt­anteil inves­tiert, aber: "Wir können nicht alleine alle weißen Flecken in Deutsch­land schließen."

Vorteile der Unity­media-Voda­fone Fusion?

Leicht ironisch bemerkte Höttges, dass der Zusam­menschluss von Liberty ("Unity­media") und Voda­fone auch etwas was Gutes habe. Endlich gebe es einen Wett­bewerber, "der eine Fest­netz­infra­struktur vergleichbar zur Deut­schen Telekom hat." Höttges will sein Kommentar aber nicht als "Lob" verstanden wissen. Die Politik habe entschieden, dass Voda­fone und Liberty zusam­menkommen, also eine Entschei­dung für mehr Wett­bewerb und er hoffe auf mehr Infra­struk­turwett­bewerb.

Aller­dings erwarte die Telekom, dass Voda­fone nun auch beim Netz­ausbau in bisher unver­sorgten Regionen tätig werde und "nicht nur ihre alten Kupfer-Koax-Netze aufrüste", sondern auch "echte Glas­faser bis zum Haus verlegt und insbe­sondere im länd­lichen Raum ein Stück der Ausbau­last abnimmt."

Hand­schellen abnehmen!

Höttges Posi­tion habe sich nicht geän­dert. Er hält es nach wie vor für nicht klug, dass Wett­bewerb bei Wohnungsbau, Einspei­sungs­gebühren und regu­lato­rische Einschrän­kungen nur für die Telekom gälten, aber nicht für Voda­fone. "Ich möchte die Hand­schellen abge­nommen bekommen, im freien Wett­bewerb agieren." Höttges möchte Wett­bewerb auf Augen­höhe und behält sich weiter eine denk­bare Klage gegen die von der EU geneh­migte Fusion von Unity­media/Liberty und Voda­fone vor.

Die Telekom werde auf jeden Fall reagieren. Der Service werde neu orga­nisiert, die Shops neu restruk­turiert. "Alle Kosten kommen auf dem Prüf­stand. Wir werden uns offensiv mit Problemen so schnell wie möglich ausein­ander­setzen."

Die Telekom-Läden sollen sich verän­derten Kunden­verhalten anpassen. Er musste fest­stellen, dass viele Privat­kunden lieber online bestellen wollten, dennoch bleibe der Telekom der persön­liche Kontakt wichtig. Anhand der Besu­cher­zahlen ("Kunden­frequenzen") werden alle Läden (Shops) geprüft, ob sie noch rentabel sind. Man habe etwa 15 bis 20 Shops geschlossen oder in "Part­nerge­schäfte" umge­wandelt, und es wurden auch verein­zelt ganz neue Shops eröffnet.

Immer wieder wird vorher­gesagt, dass das Fest­netz nicht mehr inter­essant sei. Die Telekom stellt hingegen fest, dass das Verbund­produkt "Magenta Eins" in ganz Europa sehr stark gefragt ist. 23 Prozent der Telekom-Fest­netz-Kunden oder 54 Prozent der Telekom Mobil­funk-Kunden haben ein "Magenta Eins" Produkt gebucht, dabei bekommen die Kunden beispiels­weise einen Rabatt auf die Grund­gebühr des Mobil­funk-Vertrages und eine Flat­rate vom dazu­gehö­renden Fest­netz­anschluss zu allen deut­schen Mobil­funk­rufnum­mern oder bei Prepaid-Mobil­funk ein kosten­loses Daten­volumen dazu.

12,2 Millionen deut­sche Mobil­funk-Kunden haben bereits einen LTE-Tarif und ein dafür passendes Gerät im Einsatz. Die (mobile) Daten­nutzung der Kunden ist im Schnitt auf 3,2 Giga­byte im Monat (um mehr 300 MB) gestiegen.

Mega­trend Gaming

Die bevor­stehende Spezial-Messe "Gamescom" ist für die Deut­sche Telekom überaus wichtig. Man stehe in Kontakt mit dem Spie­leher­steller SK-Games und habe sich in Deutsch­land stark bei e-sports enga­giert. Sein Unter­nehmen glaubt zutiefst an Games, der kome­tenhafte Erfolg des Spiels "fort­nite" zeige es. Die Telekom-Vorstände waren zu Besuch in Seoul (Korea), wo man in Sachen "e-sports" und "Gaming" über­haupt schon viel weiter sei.

5G werde auch im Endkunden-Bereich enormen Schwung bekommen, schnelle Games werden durch 5G erst richtig spielbar, Gaming sei der Mega­trend. "Hier haben sich junge Menschen eine eigene Indus­trie geschaffen." Das werde etablierten Anbie­tern nicht immer gefallen. Man müsse die mögliche Klientel und die bereits bekannten Kunden im Auge behalten, die "Online-Zuschalt­zahlen wachsen expo­nentiell".

Was tut sich bei der IP Migra­tion im Fest­netz?

Die Umstel­lung aller Telefon-Anschlüsse im Fest­netz auf das Internet-Proto­koll im Fest­netz (die soge­nannte "IP-Migra­tion") ist bei der Telekom "bereits zu 93 Prozent durch." Die Umstel­lung habe das Unter­nehmen mit hohen drei­stel­ligen Summen belastet. "Aber jetzt haben wir das Ende im Auge." Bis Ende 2019 sollen alle Privat­kunden komplett umge­stellt sein. Wer einen reinen "Tele­fonie"-Anschluss hat, wird in vielen Fällen davon wenig merken, da sich das notwen­dige "Modem" im nächsten Vertei­lerkasten oder der Vermitt­lung ("Hvt") befindet. Bei einigen Anschlüssen kann es aber tech­nisch notwendig sein, einen Router zu Hause zu instal­lieren, auch wenn der Anschluss ohne Internet gebucht wurde.

Im ersten Halb­jahr 2020 sollen dann auch alle Geschäfts­kunden umge­stellt sein.

Mit der Umstel­lung auf das Internet-Proto­koll "machen wir als größter Tele­kommu­nika­tions­anbieter in Europa einen Riesen Schritt nach vorne. Für konver­gente Dienste müssen wir eine Sprache spre­chen. Vecto­ring und Super­vecto­ring sind erst über das Internet-Proto­koll möglich geworden.

Höttges tue jeder Kunde leid, dem persön­lich gekün­digt werden musste, weil die Kunden nicht auf ihre altge­wohnten Dienste verzichten wollten und sich daher nicht gemeldet oder der Kündi­gung wider­spro­chen hatten.

Die IP-Umstel­lung sei ein auf fünf bis sechs Jahre ange­legtes Projekt, was am Ende große Produk­tivi­täts­fort­schritte bringe und große finan­zielle Mittel frei­setze.

Kündi­gungen wegen IP-Umstel­lung

Höttges räumte ein, dass einige Kunden im Zuge der IP-Umstel­lung auch von sich aus gekün­digt haben. Nicht nur bei privaten Endkunden, sondern auch im geschäft­lichen Bereich, wo Firmen bei diese Gele­genheit, selten oder nie genutzte Anschlüsse, die es noch gab, gekün­digt oder mehrere ehema­lige Analog-Anschlüsse auf den neuen IP-Anschluss zusam­menge­legt haben.

Glas­faser Joint-Venture: Entschei­dung im September?

teltarif.de wollte wissen, was der Stand des Joint-Venture zwischen Telekom und der EWE-Tel zum gemein­samen Ausbau eines Glas­faser­netzes ist?

Der Vertrag über das Joint-Venture (gemein­sames Unter­nehmen) wurde am 18. März dieses Jahres unter­zeichnet, die Gesell­schaft heißt derzeit "Glas­faser Nord­west i.Gr." und wurde dem deut­schen Kartellamt "vorge­stellt". Das Kartellamt habe "aufgrund der Komple­xität eine "Beur­teilung der Phase 2" für erfor­derlich gehalten, das Verfahren läuft derzeit. "Wir erwarten bis Ende September eine Entschei­dung des Kartell­amts. Wir sind zuver­sicht­lich, das wird posi­tive Effekte für alle Kunden haben." Gemeinsam mit dem privaten Netz­anbieter EWE will die Telekom verstärkt Glas­faser­netze im Norden des Landes ausrollen.

USA: Es wächst und wächst

In den USA konnte T-Mobile US seit Mitte 2013 mehr als 1 Millionen Neukunden pro Quartal gewinnen und das unun­terbro­chen. Im Vergleich zum letzten Jahr waren es 7,4 Millionen Neukunden und nur 0,78 Prozent der Kunden sind gegangen ("churn"), was in der Branche ein traum­haft nied­riger Wert sei. Höttges ist sich sicher, dass sein Erfolg auf seiner Netz­abde­ckung basiert.

Mit LTE(4G) könne in den USA 99 Prozent der US-Bevöl­kerung erreicht werden. Derzeit ist T-Mobile dabei, in den USA LTE600 (600 MHz) auszu­rollen, was zugleich auch als Vorbe­reitung für 5G zu sehen ist.

Schon jetzt werden in den USA 6600 Städte und Orte in 46 Bundes­staaten und Puerto / Rico erreicht. Das Ziel ist ein Drittel der "Landes­fläche" mit 156 Millionen Einwoh­nern zu errei­chen. Höttges hat das ehrgei­zige Ziel, in den USA das erste "landes­weite" (nati­onwide) 5G-Netz der USA aufzu­bauen.

Derzeit gibt es noch einige Klagen von Bundes­staaten gegen die Fusion von T-Mobile US und Sprint. Zwar könne man sich grund­sätz­lich vorher (außer­halb des Gerichts) einigen (englisch "Sett­lements"), aber sein Unter­nehmen ginge zunächst mal davon aus, dass es zum Jahres­ende zu einem Gerichts­verfahren kommen werde.

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