Themenspezial: Verbraucher & Service Verbraucherzentrale

Urteil: Keine Telekom-Werbeanrufe nach Vertragsende

Wer seinen Vertrag kündigt, erhält oft von seinem Provider einen Anruf mit dem Ziel der Kunden­rück­ge­winnung. Aber handelt es sich dabei um eine "indi­vidu­elle Kunden­be­ratung" oder einen verbotenen Werbeanruf? Ein Gericht musste über die Praxis der Telekom entscheiden.
Von

Urteil zu Werbeanrufen der Telekom Urteil zu Werbeanrufen der Telekom
Bild: Telekom
Über die Praxis der Kunden­rück­ge­winnung hat teltarif.de schon mehrfach berichtet: Kündigt ein Kunde seinen Mobilfunk- oder Festnetz-Vertrag, muss er damit rechnen, dass der Provider anruft und nicht nur nach dem Grund für die Kündigung fragt. Der Provider macht dem Kunden oft so ein günstiges Angebot, dass viele Verbraucher sich zum Bleiben entscheiden.

Rechtlich absichern wollen die Provider diese Praxis durch ent­sprechende Klauseln zur Werbeeinwilligung in den AGB. Der Kunde muss sein widerrufliches Einverständnis dazu erteilen, für Werbezwecke angerufen zu werden. Manche Provider sichern sich dieses Recht auch noch für die Zeit nach Beendigung des Vertrags. Doch handelt es sich dann immer noch um eine "individuelle Kundenberatung" - oder schlicht um einen verbotenen Werbeanruf?

Strittig: Kunden müssen Werbeeinwilligung selbst widerrufen

Urteil zu Werbeanrufen der Telekom Urteil zu Werbeanrufen der Telekom
Bild: Telekom
Der vzbv beanstandete eine Klausel zur Werbeeinwilligung der Telekom und klagte dagegen. Denn der Verband sah in der Klausel eine unangemessene Be­nach­teiligung von Verbrauchern.

Beim Abschluss eines Vertrags auf der Webseite der Telekom konnten Verbraucher mit einem Klick in die Nutzung ihrer Vertragsdaten zur "individuellen Kundenberatung" bis zum Ende des auf die Kündigung folgenden Kalenderjahres einwilligen. Der Netzbetreiber wollte seine ehemaligen Kunden über neue Angebote und Services per E-Mail, Telefon, SMS oder MMS informieren und beraten - und das noch ein ganzes Jahr nach Vertragsende. Ein späterer Widerruf dieser Einwilligung war aber jederzeit möglich.

Weil diese Klausel mehrere Werbekanäle in einer Einwilligungserklärung zusammenfasst und aus Sicht des vzbv die Kontaktaufnahme für einen unzumutbar langen Zeitraum nach Vertragsende erlaubt, betrachtete der Verband die Klausel als unwirksam. Die Verbraucherschützer störten sich insbesondere daran, dass die Kunden auch noch selbst die Initiative ergreifen müssen, um ihre ungestörte Privatsphäre wiederherzustellen

Das OLG Köln sah die vorformulierte Einwilligungserklärung ebenfalls als unzulässig an. Die Werbebefugnis verstößt laut dem Gericht gegen das Verbot belästigender Werbung. Denn im ungünstigsten Falle sei der betroffene Verbraucher bereits seit fast zwei Jahren kein Kunde des ehemaligen Providers mehr und zudem nach Vertragsende wahrscheinlich längst Kunde eines Wettbewerbers. Offen gelassen hat das Gericht allerdings die bislang ungeklärte Frage, ob für die verschiedenen Werbekanäle (Telefon, E-Mail, SMS, Brief usw.) jeweils eine gesonderte Einwilligung eingeholt werden muss. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls hat das OLG Köln die Revision vor dem Bundesgerichtshof zugelassen. Darum ist das vorliegende OLG-Urteil noch nicht rechtskräftig.

"Verbraucherinnen und Verbraucher müssen es nicht hinnehmen, dass Telefonanbieter sie nach einer längst beendeten Vertragsbeziehung zu Werbezwecken zu Hause anrufen dürfen", kommentierte Heiko Dünkel, Rechtsreferent beim vzbv, das jetzige Urteil (Az.: 6 U 182/16).

Die Bundesnetzagentur hat kürzlich übrigens Bußgelder im Zusammenhang mit Werbeanrufen von E.ON bzw. einem beauftragen Callcenter verhängt.

Mehr zum Thema unerwünschte Werbeanrufe