Drittanbieter-Chaos

teltarif hilft: o2 bucht iTunes-Rech­nung trotz Dritt­an­bieter­sperre ab

Wer bei seinem Handy-Provider eine Dritt­an­bieter­sperre setzt, sollte vor falschen Rech­nungs­posten von externen Anbietern sicher sein - eigentlich. Eine o2-Kundin entdeckte aber trotzdem hohe iTunes-Abrechnungen. teltarif.de musste helfen.
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Wer bei seinem Mobil­funk­an­bieter nicht die Abrechnung externer Dienste per Handy­rechnung erlaubt und zusätzlich eine Dritt­an­bieter­sperre gesetzt hat, sollte eigentlich vor über­raschenden Rech­nungs­posten geschützt sein. In seltenen Fällen kann es trotz­dem vor­kommen, dass Beträge auf der Rechnung auftauchen, von denen der Kunde nichts weiß. Handelt es sich um Betrüger - oder hat der Kunde etwas übersehen?

Eine o2-Kundin und teltarif.de-Leserin erlebte so einen Fall kürzlich. Trotz aktivierter Dritt­an­bieter­sperre buchte der Provider Ab­rech­nungs­posten eines externen Anbieters vom Konto ab - was war geschehen?

Falsche Abrechnung von Apple-Posten auf o2-Rechnung

Merkwürdige Drittanbieter-Forderung auf o2-Rechnung Merkwürdige Drittanbieter-Forderung auf o2-Rechnung
Bild: o2
An unsere Redaktion schrieb die o2-Kundin:

Meine Begeisterung für o2 hat seit meinem Wechsel dorthin als Base-Kundin rapide nach­ge­lassen. Nun muss ich sogar eine gewisse Ab­neigung konsta­tieren: Mir wurde bei voran­ge­gangenen Rechnungen Beträge in Rechnung gestellt und von meinem Konto ein­ge­zogen, die nichts mit meiner Nutzung zu tun hatten. Tele­fonisch konnte ich nichts erreichen. Über Chat gestaltete sich die Sache [...] außer­ordent­lich schwierig bis un­freund­lich. Ein Fax an o2, bei dem ich um Auf­klärung des Sach­ver­haltes bat und eine[r] Ab­buchung der Falsch­be­träge ent­gegen­wirken wollte, wurde komplett ignoriert.

Die Kundin kämpfte zunächst also damit, überhaupt einmal bei o2 Gehör für ihr Anliegen zu finden. Auf der o2-Rechnung für März fand die Kundin einen Posten von etwa 10 Euro, der an Apple bezahlt worden war. Dies konnte sich die Kundin nicht erklären. Denn erstens war kein derartiger Posten auf der Buchungsübersicht im Apple-Appstore zu finden. Und zweitens hat die Kundin für Käufe im Appstore gar nicht das Bezahlen über die Handyrechnung aktiviert, sondern stattdessen ihre Kreditkartendaten für Käufe hinterlegt.

Doch die zweite Überraschung war noch viel größer: Zusätzlich zu dem bereits abgezogenen Betrag wurde ein Rechnungsbetrag "in Erstellung" angekündigt - und dieser betrug knapp 145 Euro. Unverzüglich ließ die Kundin eine Drittanbietersperre einrichten, widersprach der Forderung und bat um Nichtabbuchung der Beträge bis zur Erstellung des Einzelverbindungsnachweises.

Dieses Schreiben liegt unserer Redaktion ebenso vor wie ein Protokoll mit dem o2-Chat. Denn mittlerweile hatte die Kundin es geschafft, dort ihr Anliegen vorzubringen. Im Chat bat die Kundin darum, dass ihr eine schriftliche Widerspruchsmöglichkeit gegen die Rechnung gegeben wird, bevor diese abgebucht wird. Darauf ging die Kundenservice-Mitarbeiterin aber nicht ein und verwies die Kundin an Apple in Luxemburg. Das Anliegen müsse mit dem Drittanbieter geklärt werden.

Die Service-Mitarbeiterin verstieß dabei also gegen die klaren Vorgaben des Landgerichts Potsdam, das entschieden hatte, dass nicht der Drittanbieter, sondern der Mobilfunkanbieter die Reklamation des Kunden entgegennehmen und prüfen muss. Lustigerweise hatte die Betreuerin vor Beginn des Chats um die Erlaubnis gebeten, dass der Chatverlauf "zu Trainings- und Qualitätszwecken" gespeichert werden darf.

Apple zeigt sich "außerordentlich kooperativ"

Die Kundin nahm daraufhin wegen der Sache tatsächlich noch zusätzlich mit Apple Kontakt auf - und erlebte eine positive Überraschung. Apple habe sich bei der Aufklärung der Sache "außerordentlich kooperativ" gezeigt. Zunächst bat Apple darum, noch einmal sicherzustellen, dass die angefallenen Beträge nicht versehentlich von Freunden, Verwandten, oder Kindern verursacht worden seien. Die Kundin konnte erneut nachweisen, dass nicht einer der angefallenen Beträge auf dem Apple-Konto wiederzufinden war und auch niemand anderes in der Familie derartige Beträge verursacht hatte.

Eine Apple-Mitarbeiterin konnte schließlich das entsprechende Apple-Konto ausfindig machen, das die Abbuchung veranlasst hatte. Apple versprach, mit o2 Kontakt aufzunehmen, um die Beträge über die Handyrechnung wieder zu erstatten. Mittlerweile hatte sich herausgestellt, dass die Beträge durch In-Game-Käufe angefallen waren.

Apple erstattete allerdings nur die knapp 145 Euro an o2, allerdings nicht die rund 10 Euro der ersten fehlerhaften Rechnung. Von o2 erfuhr die Kundin darüber zunächst nichts, sondern erhielt zu allem Übel in diesen Tagen noch die Kündigung ihrer Festnetznummer (teltarif.de berichtete).

o2 reagiert & Missverständnisse durch Sperr-Kategorien

Nachdem teltarif.de den Fall an Telefónica übermittelt hatte, geriet Bewegung in die Sache. Ein o2-Service-Mitarbeiter rief bei der Kundin an und bestätigte, dass Apple den Betrag gutgeschrieben habe. An dem Problem der widerrechtlichen In-Game-Abrechnung durch einen fremden Nutzer zeigte der Mitarbeiter Interesse. Dass die Beträge trotz Drittanbietersperre abgebucht worden waren, bezeichnete der Mitarbeiter als Fehler. Denn es habe auch keine Bestätigungs-SMS an die Handynummer der Kundin für die entsprechenden Käufe gegeben.

Kundenservice wurde nach teltarif.de-Intervention aktiv Kundenservice wurde nach teltarif.de-Intervention aktiv
Bild: o2
Gleichzeitig versprach der Betreuer, auch noch den Betrag der ersten Rechnung zu erstatten, auch wenn dieser nicht von Apple zurückgebucht worden sei. Der technische Fehler bei Apple ließ sich nicht mehr aufklären, denn es ist durchaus merkwürdig, dass Außenstehende einen In-App-Kauf über eine fremde (vielleicht zufällig gewählte?) Handynummer tätigen können. An unsere Redaktion schrieb o2:

Zur Klärung des Sachverhaltes stehen wir mit der Kundin bereits in direktem Kontakt. Nach Auskunft der Kundin sind die angefallenen Kosten durch Apple im iTunes-Store verursacht worden. Die Kundin hat diese Kosten bei Apple bereits direkt reklamiert und eine Erstattung erwirkt. Die Erstattung erfolgt automatisch mit der nächsten o2-Handyrechnung. Das daraus entstehende Guthaben überweisen wir dann direkt auf das Girokonto der Kundin. Die Kundin hat die Drittanbietersperre im Kundenportal selbst aktiviert, sodass ein derartiges Vorkommnis künftig ausgeschlossen werden kann.

An die Kundin schrieb o2:

Gerne bestätige ich, dass alle ab 1. März 2017 berechneten iTunes-Gebühren durch Apple in Ihrer nächsten o2 Rechnung erstattet werden. Die Erstattungen können Sie im Einzelverbindungsnachweis nachvollziehen. Die am 27. Februar 2017 berechnete iTunes-Gebühr in Höhe von 9,99 Euro habe ich für Sie ausgebucht. Die Ausbuchung können Sie in den Rechnungsdetails unter der Rubrik "Beträge aus dem Vormonat" nachvollziehen.

Ausgestaltung von Drittanbietersperren für Kunden verwirrend

Obwohl die Sache damit geklärt war, bleiben grundsätzliche Fragen zum System der Drittanbietersperre offen. Denn ein Kunde kann - ohne sich vorher beim Provider zu informieren - nicht immer genau ersehen, ab wann die Drittanbietersperre wirksam ist und ob reklamierte Posten vor Einrichtung der Sperre nicht doch abgebucht werden.

Verwirrend kann auch die Ausgestaltung der Sperre sein. Am sichersten für den Kunden ist eine generelle Sperre, bei der alle Drittanbieter-Abrechnungen generell gesperrt werden. Dies hat allerdings den Nachteil für den Kunden, dass er gegebenenfalls sinnvolle Dienste wie die Bezahlung von Parktickets oder ÖPNV-Fahrscheinen per Handyrechnung nicht mehr nutzen kann.

o2 erläutert auf der Seite Drittanbieter und Mehrwertdienste, wie die Sperre konfiguriert werden kann. Bei o2 gibt es folgende Inhalts-Kategorien:

  • Abos: Alle Drittanbieter- und o2-Abo-Dienste, z.B. Abos für Klingeltöne, Bilder, Musik, Videos,...
  • Information / Unterhaltung: Dienste, die als Community, Presse, Books, Games, Quiz, Voting, Handycontent, Video, Audio, News und Info kategorisiert sind, z. B. Presse, eBooks, PDF Downloads wie Stiftung Warentest, Bild,...
  • Tickets / Eintrittskarten: Dienste wie Ticketing und Couponing, z. B. ÖPNV-Tickets, Parktickets,..
  • Spenden: Dienste, die als Charity/Spenden kategorisiert sind, wie z.B. Red Nose Day,...
  • Erotik-Inhalte: Dienste, die unter die Kategorie Erotik fallen, z.B. Video-Dienste, Chat Rooms,...
  • App-Stores / Software: Dienste, die der Kategorie App und Software zugeordnet werden, wie z.B. Google Play Store, Apple App Store,...

Es ist also möglich, dass wenn ein Kunde eine Drittanbietersperre bei o2 fordert, dass dann nur die erste Kategorie "Abos" gesperrt wird. In diesem Fall wären Abrechnungen aus allen anderen Kategorien weiterhin erlaubt. Ob dies bei der Kundin der Fall war, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Dies würde allerdings erklären, warum Abrechnungen aus der Kategorie "App-Stores / Software" weiterhin möglich waren. Darüber hinaus schreibt o2 auf der Seite:

Gut zu wissen: Bereits bestehende Abos werden durch die Einrichtung einer Drittanbietersperre nicht gekündigt. Dies muss beim Anbieter direkt veranlasst werden. Die Kontaktdaten des Anbieters sind auf dem Einzelverbindungsnachweis angegeben.

Auf jeden Fall sollten Kunden, die eine Drittanbietersperre bei ihrem Provider setzen lassen, sich genau danach erkundigen, ob es sich um eine komplette Sperre aller Drittanbieter handelt oder ob es diverse Kategorien gibt. Das hilft, böse Überraschungen zu vermeiden.

Wertvolle Hinweise zu diesem Thema geben wir auch in dieser Meldung: Falsche Drittanbieter-Forderung - so wehren Sie sich richtig.

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