teltarif hilft: o2 stuft Kunde einfach von VDSL auf ADSL ab
VDSL und Vectoring gibt es bei o2 nur dann, wenn o2 das auch beim Netzbetreiber anmietet.
Bild: o2
"Technologiewechsel" ist ein Zauberwort, das DSL- und Breitbandanbieter in Ihren Schreiben an Kunden hin und wieder benutzen. Oft geht es dabei um die All-IP-Umstellung, es kann aber auch der Wechsel von ADSL auf VDSL(-Vectoring) bzw. im TV-Kabelnetz die Umstellung auf DOCSIS 3.1 gemeint sein.
Die Neutralität des Begriffs "Technologiewechsel" lässt aber auch genau das Gegenteil zu - nämlich eine Verschlechterung des Anschlusses, wie ein o2-DSL-Kunde kürzlich erleben musste. Als o2 dann auch noch die außerordentliche Kündigung verweigerte, griff teltarif.de ein.
Anschluss wird einfach per Brief-Mitteilung abgestuft
VDSL und Vectoring gibt es bei o2 nur dann, wenn o2 das auch beim Netzbetreiber anmietet.
Bild: o2
An unsere Redaktion schrieb der Leser:
Gerne möchte ich Euch erläutern was Ende 2019 (11/19) bei uns passiert ist. Anfang November 2019 erhielten wir ein Schreiben von unserem Festnetzanschluss-Anbieter o2 Telefónica. Es soll[te] zum 27.11.2019 ein "Technologiewechsel" an unserem DSL-Anschluss stattfinden. Dieser wurde auch von o2 durchgeführt. In diesem Schreiben wurde allerdings mit keinem Wort erläutert, was nach dem Technologiewechsel passiert.Vor diesem "Technologiewechsel" hatten wir eine Internetleitung in Höhe von 50 MBit/s (Download) und 10 MBit/s im Upload. Danach wurde unsere Leitung nach Rückfrage bei der o2-Hotline von VDSL auf ADSL umgestellt (gedrosselt). Dieses hatte zur Folge, dass nun maximal (im Bestfall) bei uns 10 MBit/s (Download) und 2 MBit/s [Upload] ankommen.
Das bedeutet wiederum, dass man Streamingdienste wie Netflix, Spotify oder auch Sky Ticket (aber auch das "normale surfen im Internet") nicht mehr einwandfrei und ohne Einschränkungen (u.a. lange Ladezeiten, immer wieder Aussetzer beim Filme/Serien gucken) nutzen kann. Des Weiteren habe ich auch immer mal wieder von zu Hause gearbeitet, dieses ist so auch nicht mehr möglich. Die Verbindungen zu meinem Arbeitgeber brechen immer wieder ab.
o2 verweist auf Werte im Produktinformationsblatt
Wenn ein Anschluss zu langsam ist oder - aus welchem Grund auch immer - nicht mehr die bei Vertragsabschluss versprochene Leistung erbringt, empfiehlt teltarif.de das standardisierte und von der Bundesnetzagentur vorgegebene Verfahren, dass wir in diesem Ratgeber beschrieben haben: Internet-Anschluss zu langsam - so wehren Sie sich. Doch eine Beschwerde führte bei dem Kunden offenbar nicht zum Erfolg - er schrieb weiter:
Zweimal versuchte ich bereits schriftlich, von unserem Sonderkündigungsrecht Gebrauch zu machen, allerdings ohne Erfolg. Da die schriftlichen Antworten von o2 keinerlei Begründungen enthielten, versuchte ich mehrmals, telefonisch Informationen zu bekommen. Nach mehrmaligem Nachhaken wurde mir nun gesagt, das mein aktueller Vertrag, der noch bis Ende August 2020 läuft, mit einem o2-DSL-Produktinformationsblatt gem. § 1 TK-Transparenzverordnung hinterlegt ist. Hier wird aufgeführt, dass unser Anschluss die minimale Bandbreite von 6 MBit/s (Download) und 0,7 MBit/s (Upload) liefern muss.Als interessant erwies sich dann aber ein weiterer Hinweis in der E-Mail des Kunden zum Verteilerkasten an seinem Ort:Wie oben bereits geschrieben sind wir nun bis Ende August an dem Vertrag gebunden, können ihn aber kaum nutzen. Alle anderen o.g. Dienste muss ich jetzt kündigen und das Arbeiten von zu Hause ist somit auch nicht mehr möglich. Dieses hat zur Folge, dass die Betreuung meines Kindes zu Hause nicht mehr gewährleistet ist, da ich aus diesem Grund jeden Tag zur Arbeit fahren muss.
Mir sind zurzeit die Hände gebunden, ich kann an unserem DSL-Anschluss nichts anderes buchen, Parallelverträge (z.B. über Mobilfunk, mehrere Gigabyte Traffic) bedeuten Zusatzkosten neben den laufenden Gebühren bei o2. Das "größte" Problem in unserem Ort ist die Vergabe der Schaltkästen an OR Networks (WiDSL).Ein Einlenken durch o2 Telefónica würde mir sehr helfen, damit ich entweder zu WiDSL oder zur Telekom wechseln könnte (Hybrid-Anschluss), um die o.g. Dienste nutzen und weiterhin des Öfteren im Home-Office produktiv arbeiten und dadurch dann auch meine Tochter betreuen könnte.
Regulierungs-Wahnsinn verärgert Bürger
Gemeinsam mit der Beschreibung seines Problems sandte uns der Kunde noch zwei Artikel aus der örtlichen Tageszeitung zu, in denen beschrieben wurde, dass durch die Vergabe der Schaltkästen an OR Networks für den Vectoring-Ausbau zahlreiche Kunden von VDSL auf ADSL abgestuft wurden bzw. werden. Da das zu Ärger in der Bevölkerung geführt hatte, wurde in dem betreffenden Ort im Januar sogar eine Bürgerversammlung abgehalten, ist den Berichten zu entnehmen. Sogar ein Bundestagsabgeordneter wurde eingeschaltet, der in einem Schreiben an die Bundesnetzagentur die Überprüfung der umstrittenen Vectoring-Vergabe-Entscheidung forderte.
Faktisch bedeutet das für die Bewohner, dass sie nach der Abstufung ihrer Anschlüsse für mehrere Monate oder vielleicht sogar länger auf VDSL verzichten müssen, bis der lokale Betreiber Vectoring ausgebaut hat und eine Neubuchung wieder möglich ist. Nach einem derartigen Vorgang ist auch regelmäßig unklar, ob Anbieter wie o2, 1&1, Vodafone usw. überhaupt VDSL-Anschlüsse dort anmieten. Der Inhaber des Schaltverteilers ist zwar regulatorisch dazu verpflichtet, Interessenten ein Mietangebot auf der Basis regulierter Preise zu machen. Die günstigen Provider verzichten allerdings manchmal darauf, in derartigen Anschlussbereichen die Leitung anzumieten, auch wenn es ein Mietangebot gibt. Sie würden sich mit ihren günstigen Preisen schlicht verkalkulieren und Verluste machen.
o2 beantwortet Fragen recht ausführlich
Als wir uns mit der ganzen Geschichte an o2 wandten, erhielten wir eine ungewöhnlich ausführliche Antwort. Auf die Frage, warum o2 nach der Änderung nicht einfach am dortigen Kvz VDSL mit 50 MBit/s bei dem neuen Konsortium um OR Network anmietet, um den laufenden Vertrag mit VDSL 50 des Kunden erfüllen zu können, antwortete eine o2-Sprecherin:
Bei der OR Network GmbH eine Leitung anzumieten - das heißt konkret, einen Vertrag mit der OR Network GmbH abzuschließen, eine IT-Schnittstelle zu bauen und eine Netzzusammenschaltung umzusetzen - , war in der Kürze der Zeit leider nicht realisierbar. Im Sinne unseres Kunden haben wir seinen Anschluss daher kurzfristig auf ADSL umgestellt. Denn nur so konnten wir gewährleisten, dass Herr [...] seinen o2 Festnetzanschluss auch nach dem 29.11.2019 weiter nutzen konnte. Wir haben Herrn [...] über den Technologiewechsel informiert, bedauern aber ausdrücklich, dass wir in unserer Kundenkommunikation nicht transparenter waren und die Technologie ADSL sowie die damit erreichbaren maximalen Surfgeschwindigkeiten nicht klar benannt haben.Zweitens fragten wir, warum o2 den Kunden alternativ nicht mit sofortiger Wirkung aus dem Vertrag entlässt, damit er sich einen schnelleren Anschluss woanders besorgen kann. Denn der Kunde hatte ja klar gemacht, dass der VDSL-50-Anschluss für berufliche Zwecke dringend benötigt wird und beim ADSL-Anschluss die Verbindungen zum Arbeitgeber immer wieder abbrechen. Dazu schrieb die o2-Sprecherin:
Mein Service-Kollege hat am Montag mit dem Kunden gesprochen: Für die entstandenen Unannehmlichkeiten haben wir uns in aller Form bei Herrn [...] entschuldigt. Darüber hinaus sind wir seinem Wunsch, den Vertrag außerordentlich und mit sofortiger Wirkung zu kündigen, nachgekommen. Herr [...] war mit dieser Lösung einverstanden.Zum Schluss stellten wir auch die grundsätzliche Frage, warum eine derartige Verschlechterung im Brief von o2 wissentlich verschwiegen wird. Dazu antwortete o2 nicht grundsätzlich, sondern wiederum auf den Einzelfall bezogen:
Wie oben geschrieben: Wir haben Herrn [...] über den Technologiewechsel informiert, bedauern aber ausdrücklich, dass wir in unserer Kundenkommunikation nicht transparenter waren und die Technologie ADSL sowie die damit erreichbaren maximalen Surfgeschwindigkeiten nicht klar benannt haben. Mein Service-Kollege hat am Montag mit dem Kunden gesprochen: Für die entstandenen Unannehmlichkeiten haben wir uns in aller Form bei Herrn [...] entschuldigt. Darüber hinaus sind wir seinem Wunsch, den Vertrag außerordentlich und mit sofortiger Wirkung zu kündigen, nachgekommen. Herr [...] war mit dieser Lösung einverstanden.
Anbieterwechsel dauert länger als gedacht
Als wir die Antworten an unseren Leser übermittelten, schrieb er:
Erst einmal möchte ich mich bei Ihnen für Ihre Unterstützung und das "Eingreifen" gegenüber o2 Telefónica bedanken. Schneller als gedacht habe ich am Montag (10. Februar 2020) einen Anruf von o2 (Herrn R.) bekommen. [...] Ich kann die geschriebene Schilderung [...] bestätigen. Mir wurde die umgehende Freigabe meines bisherigen DSL-Anschlusses zum sofortigen Wechsel zu einem anderen Anbieter eingeräumt. Herr R. schilderte mir allerdings den Vorgang so, dass es ca. 24 Stunden dauert, bis er dieses mit der o2-Technik abgestimmt [hat] und die Freigabe im System eingetragen ist.Irgendwie brach dann aber der direkte Kontakt zwischen dem Leser und o2 ab und wir mussten erneut vermittelnd eingreifen, um die Sache zum Abschluss zu bringen. Am 3. März schrieb uns der Kunde schließlich:
Vielen Dank, liebes teltarif.de-Team! Die erneute Kontaktaufnahme hat geklappt. Der vorgezogene Wechseltermin wurde mir von beiden Seiten (alt: o2, neu: Telekom) für den 23. März 2020 bestätigt. Gerne gebe ich Ihnen nochmal eine kurze Rückmeldung, ob wirklich alles geklappt hat.Am 25. März schrieb uns der Leser dann abschließend:
Ich wollte mich ja nochmal melden. Die Umstellung bzw. der Wechsel hat am Montag einwandfrei funktioniert. Vielen lieben Dank für Ihre Hilfe. Insbesondere in der aktuellen Corona-Krise ist es wichtig, schnelleres Internet zu haben. Die Hybrid-Variante der Telekom hilft ungemein.