Ausprobiert

Thuraya X5-Touch im Test: Das erste Satelliten-Smartphone

Nachdem Satelliten-Telefone jahrelang wie alte Handy-Knochen aussahen, gibt es nun das erste Satelliten-Smartphone mit Android. Beim Test des Thuraya X5-Touch sind wir auf einige Besonderheiten gestoßen.
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Nachdem in zellulären Mobilfunknetzen seit Jahren überwiegend Smartphones verwendet werden, hatten Betreiber von Satelliten-Telefonie-Netzen ein Problem. Für ihre Satelliten-Netze wurden und werden meist immer noch recht klobige Handys verwendet, die außer Telefonie und SMS nicht viel können und aussehen wie die ersten GSM-Telefone in den frühen 1990ern.

Ein erster Schritt waren Smartphone-Adapter und Telefonie-WLAN-Hotspots für die Koppelung von Smartphone und Satelliten-Netz - doch es war unvermeidbar: Die Satelliten-Netzbetreiber mussten Smartphones entwickeln. Als erster kündigte Thuraya vor einigen Monaten ein Gerät an. Das Ende 2018 erschienene Thuraya X5-Touch kommt nun nach Deutschland und teltarif.de konnten es zum Marktstart testen. Beim Hochfahren wird eine Satelliten-Animation gezeigt Beim Hochfahren wird eine Satelliten-Animation gezeigt
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch

Thuraya X5-Touch kaufen oder mieten?

Das Thuraya X5-Touch wurde uns für den Test freundlicherweise von Expeditionstechnik Därr leihweise zur Verfügung gestellt. Wer das Satelliten-Smartphone bei diesem offiziellen Thuraya-Distributor kauft, zahlt dafür 1049 Euro ohne Tarif. Wer das Smartphone nur für eine Reise braucht, kann es demnächst auch bei satfon.de mieten. Der genaue Mietpreis steht noch nicht fest, momentan kostet das Mieten eines Satelliten-Telefons dort etwa vier bis sechs Euro pro Tag zuzüglich diverser einmaliger Gebühren und Versandkosten.

Eine Besonderheit des Thuraya X5-Touch besteht darin, dass es ein Dual-SIM-Smartphone ist, außer einer Thuraya-SIM zum Telefonieren im Satelliten-Netz nimmt es eine Nano-SIM für zelluläre Mobilfunknetze auf. Dass diese unter Umständen nicht nur für die Netzversorgung wichtig sein kann, werden wir im weiteren Verlauf des Testberichts noch erläutern. Antenne, Anschlüsse und Bedienknöpfe Antenne, Anschlüsse und Bedienknöpfe
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch

Verarbeitung, Anschlüsse und Zubehör

Äußerlich sieht das Thuraya X5-Touch wie ein Outdoor-Smartphone aus - und das ist es auch. Das Smartphone ist nach IP67-Standard staub- und wassergeschützt und nach dem MIL-Standard 810 G/F für militärische Anwendungsbereiche zertifiziert. Wir empfanden es als ziemlich robust, ab Werk war auf dem Display eine Schutzfolie aufgeklebt. Trotzdem sollte man das Gerät nicht fallenlassen, ein paar Stöße im Rucksack überlebt es aber. Auch Schneefall und leichter Regen während unserer Tests im Freien konnten dem Satelliten-Smartphone nichts anhaben. Verbiegen und Eindrücken lässt sich das Telefon an keiner Stelle, wir halten es für gut verarbeitet, was man zu dem Preis auch erwarten kann.

Etwas ungewöhnlich ist indes die Form: Auf der Rückseite wird das Telefon zur Antennenseite hin breiter. Außer Powerknopf und Lautstärkebuttons gibt es eine SOS-Taste, die mit einer frei definierten Telefonnummer belegt werden kann. Jeweils hinter einer Klappe liegen der Klinkenanschluss, die USB-C-Buchse und der Port für den Anschluss einer externen Antenne. Die eingebaute Antenne muss natürlich wie bei bisherigen Satellitentelefonen herausgezogen werden, um einen guten Empfang des Signals zu gewährleisten.

Der Lieferumfang fällt wie immer bei Thuraya-Telefonen recht umfangreich aus. Außer Netzteil, USB-C-Kabel, Kurzanleitung und In-Ear-Kopfhörer fanden wir einen Micro-USB-Adapter in der Packung, damit das Smartphone auch mit einem vorhandenen Micro-USB-Kabel geladen werden kann. Außerdem waren ein Kfz-Ladegerät und ein USB-Stick mit ausführlichem PDF-Handbuch und Modem-Treibern beigelegt. Die schwarze Weichtasche stammt nicht von Thuraya, sondern von Garmin - diese hat der deutsche Distributor dem Mietgerät beigelegt. Lieferumfang des Thuraya X5-Touch Lieferumfang des Thuraya X5-Touch
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch

Einrichtung und Netzsuche

Das Thuraya X5-Touch, das mit Android Nougat 7.1.2 sehr stabil läuft, wird prinzipiell wie jedes Android-Smartphone eingerichtet. Auch ein Google-Account sollte angegeben werden, damit die wenigen vorinstallierten Apps, zu denen auch die VoIP-App Thuraya Talk gehört, aktualisiert werden können. Die Einrichtung sollte über ein WLAN oder eine LTE-Datenverbindung durchgeführt werden - über die mobile Datenverbindung des Thuraya-Satelliten-Netzes ist dies aufgrund der langsamen Geschwindigkeit nicht möglich.

Als wir mit dem Thuraya X5-Touch im Freien auf Netzsuche gingen, erlebten wir prinzipiell dasselbe wie mit den früheren Satelliten-Telefonen von Thuraya: Es muss eine möglichst freie Sicht zum Himmel bestehen. Wolken und starke Niederschläge können das Signal beeinträchtigen, müssen das aber nicht. Auch bei leicht wolkenverhangenem Himmel konnten wir mit dem Satelliten Kontakt aufnehmen.

Den besten Empfang erzielten wir, wenn wir die Antenne mit mindestens 7 bis 8 Grad Neigung über dem Äquator auf den südlichen oder leicht südöstlichen Himmel richteten. Dabei darf kein Gebäude, Hügel oder starker Bewuchs zwischen Antenne und Satellit sein. Innerhalb von Städten konnten wir uns sogar auf größeren Marktplätzen oder in breiteren Häuserschluchten, die in Richtung Süd oder Süd-Ost offen waren, ins Satelliten-Netz einbuchen. Der Verbindungsaufbau dauerte meist rund 10 bis 15 Sekunden.

Telefonie, Dual-SIM, Daten, Messenger & Fazit

Die Telefonie im Thuraya-Netz klappte wieder mit der gewohnt überdurchschnittlich guten Sprachqualität, verglichen mit den anderen Satelliten-Netzen. Die Verbindung war komplett rauschfrei. Das Telefonat hatte prinzipiell die Qualität eines UMTS-Telefonats, war allerdings etwas dumpfer. Gesprächsabbrüche oder Aussetzer konnten wir aber auch bei mehrminütigen Telefonaten nicht feststellen, wenn wir uns nicht mit der Antenne aus dem Empfangswinkel bewegten.

Kameramodul sowie Steckplätze für Thuraya-SIM, LTE-SIM und microSD-Karte Kameramodul sowie Steckplätze für Thuraya-SIM, LTE-SIM und microSD-Karte
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch
Im Test betrieben wir neben der Thuraya-SIM auch noch eine Prepaid-SIM-Karte von FCB Mobil im Thuraya X5-Touch, die sich genauso schnell wie in anderen Smartphones ins deutsche LTE-Netz der Telekom einbuchte. Auch der Wechsel zwischen den drei Netzstandards WLAN, LTE und Thuraya-Satellit klappte stets innerhalb weniger Sekunden.

Grundsätzlich war die Datenverbindung über das Thuraya-Netz aber etwas "wetterfühliger" als die Telefonie-Verbindung. Oft konnten wir bei bedecktem Himmel kein Trägersignal für die Datenübertragung erhalten, obwohl die Telefonie problemlos funktioniert. Das größte Manko ist beim Thuraya X5-Touch, dass es noch nicht den ThurayaIP+ Standard mit bis zu 444 kBit/s unterstützt, sondern nur den mittlerweile veralteten GmPRS-Standard mit maximal 60 kBit/s im Downstream und 15 kBit/s im Upstream. Insofern ist das Thuraya X5-Touch strenggenommen nur dann ein echtes "Smartphone", wenn man es über WLAN oder LTE betreibt. Die Ladezeiten selbst abgespeckter Webseiten wie mobil.teltarif.de betrugen über GmPRS meist mehrere Minuten. Dual-SIM-Betrieb mit zusätzlicher LTE-SIM Dual-SIM-Betrieb mit zusätzlicher LTE-SIM
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch

Sonderfall: Messenger auf einem Satelliten-Smartphone

Wer ein Smartphone wie das Thuraya X5-Touch nutzt, könnte ja auf die Idee kommen, darauf Messenger-Apps wie WhatsApp zu installieren, um diese dann auch in entlegenen Weltregionen ohne zellulares Mobilfunknetz verwenden zu können. Versendet man ausschließlich Textnachrichten ohne Bilder und Videos, würde dafür sogar die langsame GmPRS-Verbindung mit maximal 60 kBit/s im Downstream und 15 kBit/s im Upstream ausreichen.

Allerdings sollte man sich über Download, Installation und Registrierung der Messenger-Apps am besten noch "in der Zivilisation" Gedanken machen und dies über WLAN oder LTE erledigen. Mit dem Thuraya X5-Touch haben wir erstmals versucht, über WLAN heruntergeladene Messenger auf eine Thuraya-SIM zu registrieren.

Doch das Ergebnis war ernüchternd: WhatsApp und Wire Messenger lehnen die +882 als Landesvorwahl für eine Account-Registrierung ab. Signal-Messenger und Telegram akzeptieren die Eingabe der Nummer zwar, senden dorthin aber keine Verifizierungs-SMS. Wir konnten also keinen dieser Messenger auf die Thuraya-SIM registrieren. Die Registrierung muss also auf eine LTE-SIM oder alternativ eine in diesem Augenblick erreichbare Festnetznummer erfolgen. Accounts bei Skype, Facebook Messenger, Threema und Google Hangouts beispielsweise können per E-Mail-Adresse angelegt werden und sind darum unabhängig von einer Nummer. Ein mit der Hauptkamera aufgenommenes Foto Ein mit der Hauptkamera aufgenommenes Foto
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch

Kamera und Akku

Die im Thuraya X5-Touch eingebaute 8-Megapixel-Hauptkamera erfüllt ihren Zweck für dokumentarische Erinnerungsbilder einer Reise, kann aber nicht für anspruchsvolle Reisefotografie dienen. Die Bilder sind ordentlich scharf und gut belichtet, Wunderwerke sollte man davon allerdings nicht erwarten.

Der 3800-mAh-Akku hielt in unserem Test gut 5-7 Stunden durch. Dies ist aber nur der Fall, wenn man bei den Netztechniken etwas "sparsam" ist: Wer also gerade einen der Netzstandards Satellit, LTE oder WLAN nicht benötigt, sollte diesen über das Menü abschalten, damit das Gerät nicht ständig ein Netz sucht, das gerade gar nicht vorhanden ist. Der Akku hielt im Test gut 7-9 Stunden durch Der Akku hielt im Test gut 7-9 Stunden durch
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch

Fazit: Satelliten-Telefon mit hinzugefügtem Smartphone

Momentan ist das Thuraya X5-Touch im Prinzip ein robustes, klassisches Satelliten-Telefon für das Telefonieren im Thuraya-Satelliten-Netz, dem mit Android, Google Play Store, LTE und WLAN die Funktion eines Smartphones hinzugefügt wurde. Die Sprachqualität über das Thuraya-Netz war in unseren Tests überwiegend sehr gut, auch der Verbindungsaufbau ging immer recht flott. Im Satelliten-Netz ist allerdings nur die Telefonie wirklich sinnvoll - es fehlt die Unterstützung des neueren ThurayaIP+ Standards mit bis zu 444 kBit/s.

In WLAN- und LTE-Netzen ist das Thuraya X5-Touch dann ein "echtes" Smartphone, auf dem man jede beliebige Android-App installieren und im Internet surfen kann. Zu beachten ist, dass Messenger, die eine Identifikation per Handy-Nummer benötigen, nicht über die Thuraya-Nummer registriert werden können. Abzuwarten bleibt, ob spätere Generationen des Smartphones sich dann auch einmal im Satelliten-Internet wie ein "richtiges" Smartphone verhalten können.

Schnelleres Surfen im Thuraya-Netz mit bis zu 384 kBit/s unterstützt auch der von uns getestete Dual-Hotspot Thuraya WE.

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