Nano & KI - Hightech für mehr Breitband
In den vergangenen Wochen dürfte den 3.700 Einwohnern des Ditzinger Stadtteils der orange Mercedes-Transporter mit zahlreichen Kameras und Messinstrumenten aufgefallen sein. „Mit diesem Fahrzeug stellen wir den Straßenzustand fest“, erklärt Telekom-Messtechniker Hermann Beuchel. „Wir nehmen Daten auf wie Gullys, Risse in der Straße, Laternen, Bordsteine, Schutzwände oder Bäume, die in die Straße ragen.“ Fünf Kameras und zahlreiche Laser-Messgeräte sowie Sensoren erzeugen allein in Heimerdingen über ein Terabyte an Daten. Diese Informationen bilden die Basis für die spätere Trassenplanung. Mit Hilfe künstlicher Intelligenz werden potenzielle Trassen für die Glasfaserverlegung ermittelt. So genannte Störer wie etwa Gullys oder Betonfundamente sind sofort ersichtlich und können bei der Trassenplanung berücksichtigt werden.
Heimerdingen ist einer von vier schwäbischen Kommunen, in denen die Telekom derzeit Glasfasernetze plant. Dazu gehören neben Heimerdingen auch Bempflingen, Allmersbach im Tal und Reichenbach im Täle. Sie zählen zu den 170 Kommunen rund um Stuttgart, die Teil der Glasfaser-Offensive des Bonner TK-Konzerns sind, von der 1,38 Millionen Privathaushalte und 140.000 Unternehmensstandorte profitieren sollen.
Telekom-Video: KI beschleunigt Glasfaserausbau
Mit Trenching geht's schneller
Etwas weiter nördlich, nämlich im niedersächsischen Gehrden, setzt der Telekom-Wettbewerber Vodafone bei der Verlegung von Glasfaser auf Nano-Trenching. Dabei wird das Kabel mit einem so genannten Stufenschnitt sechs Zentimeter tief in die Asphaltdecke verlegt, ohne diese zu durchtrennen. Die Vorteile dieser Verlegemethode: Die Glasfaser kann laut Vodafone 40 Mal schneller verlegt werden und dauerhafte Baustellen sind nicht mehr nötig. Ab Juni 2019 können 50 Unternehmen in den Gewerbegebieten Gehrden Ost und Bünteweg/Levester Straße über das FTTB-Netz mit maximal 1 GBit/s im Internet surfen.
Auch die Telekom setzt aufs Trenching und zwar im Landkreis Rostock. Anfang Mai 2019 starteten die Bonner hier den Glasfaserausbau. Über 44.000 Haushalte, 6.100 Unternehmen und 573 Verwaltungsstandorte in über 70 Kommunen erhalten Glasfaseranschlüsse. Dafür verlegt die Telekom in über 1.100 Kilometern Tiefbau 7.200 Kilometer Glasfaser und baut fast 850 neue Glasfaserverteiler auf. Bereits im zweiten Halbjahr 2019 gehen die ersten Orte ans Netz. Die Tiefbauarbeiten sind aber trotz des Trenching-Verfahrens so umfangreich, dass sie laut Telekom noch bis Mitte 2021 andauern werden. Wo die Bonner in den vergangenen Wochen ebenfalls für Breitband gesorgt haben, steht im Unternehmensblog. Darüber hinaus hat die Telekom für 21 Millionen Haushalte die Surf-Geschwindigkeit auf bis zu 250 MBit/s erhöht.
Bund und Länder fördern
Der Point of Presence ist die zentrale Verteilstation, von der aus die Deutsche Glasfaser den Netzausbau in Kleve angeht
Deutsche Glasfaser/Michael Bader
Neue Verlegemethoden und modernste Technik reduzieren nicht nur den Zeit- und Arbeitsaufwand, sondern auch die Kosten für den Breitbandausbau. Angesichts der Milliarden Euro an Steuergeldern, die in die Förderung des Breitbandausbaus fließen, ein nicht unerheblicher Faktor. Auch die Stadt Weilheim profitiert von der Förderung. Seit rund einem Jahr wird hier am Glasfasernetz gebaut. „Bereits 80 Prozent der Bauleistungen sind mittlerweile erbracht“, erklärt André Behre, Prokurist bei den Stadtwerken Weilheim und Projektverantwortlicher beim Breitbandausbau in der Kreisstadt.
In dieses Projekt fließen rund 2,6 Millionen Euro aus dem Bundesförderprogramm Breitband sowie 620.000 Euro aus dem bayerischen Förderprogramm. „Nach derzeitigem Stand werden wir voraussichtlich im Juli 2019 fertig sein“, sagt Behre. Dann sollen 278 Haushalte, 57 Unternehmen und die öffentliche Verwaltung an das neue Breitbandnetz angeschlossen werden. Insgesamt werden rund 172 Kilometer Glasfaserkabel verlegt. In Weilheim wird das Spülbohrverfahren eingesetzt. Dabei wird eine Art Tunnel in den Boden gebohrt, ohne dabei die Oberfläche aufzugraben.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (5. v. l.) und Mecklenburg-Vorpommerns Digitalminister Christian Pegel (6. v. l.) beim Spatenstich auf der Insel Poel
atene KOM
Mit 6.000 Kilometern Glasfaserleitungen ist das Ausbauprojekt auf der Insel Poel ungleich größer als das in Weilheim. Mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 180 Millionen Euro ist der Breitbandausbau in Nordwestmecklenburg das bislang größte Projekt im Rahmen des Bundesförderprogramms für den Breitbandausbau. Der Bundeszuschuss für alle 14 Teilprojekte beträgt 113 Millionen Euro. Deshalb ließ es sich Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer auch nicht nehmen, persönlich am Spatenstich Ende April 2019 teilzunehmen.
Auch die Deutscher Glasfaser nutzt die staatliche Unterstützung. Beim Glasfaserausbau in Kranenburg stehen Fördermittel in Höhe von rund fünf Millionen Euro zur Verfügung. Mit diesem Geld werden etwa 800 Haushalte erschlossen, die nicht wirtschaftlich ausgebaut werden können. Für den privatwirtschaftlichen Netzausbau investiert die Deutsche Glasfaser rund neun Millionen Euro. Damit schließt sie etwa 3.500 Haushalte an. „Wir sind auf der Zielgeraden angelangt: Innerhalb der nächsten zwei Jahre könnten mehr als 95 Prozent aller Haushalte und Betriebe in der Gemeinde Kranenburg an ein modernes Glasfasernetz angeschlossen werden“, freut sich Kranenburgs Bürgermeister Günter Steins.