Hintergrund

Billige Tarife, weltweite Roaming-SIM: Das plant Tui im Mobilfunkmarkt

Tui will nicht nur als Reiseanbieter wahrgenomen werden, sondern vermehrt im Mobilfunk Fuß fassen. Gegenüber teltarif.de erläutert der Geschäftsführer Kai Czeschlik ausführlich die Tarif- und Verkaufs-Strategie des o2-Providers.
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Der Reisekonzern Tui war, angeregt durch den ehemaligen Vodafone-Deutschland-Chef und heutigen Tui-Chef Friedrich Joussen, vor einiger Zeit in den Mobilfunk-Markt eingestiegen. So wurde der "Tui-Surf-Stick" in Zusammenarbeit mit Vodafone auf das Gleis gehoben. Dieses Produkt, das im Netz von Vodafone und seinen Roaming-Partnern funkte, wird von der neuen Tui-Connect nicht mehr angeboten, Bestandskunden können aber ihre Aufladungen direkt über Vodafone weiter vornehmen.

Wir haben uns mit Kai Czeschlik, dem Geschäftsführer der Tui-Connect unterhalten. Czeschlik war zuvor Geschäftsführer des Prepaid-Discounters Fonic (eine 100-Prozent-Tochter der Telefónica o2) gewesen, und später für alle Prepaid-Aktivitäten (Loop, Tchibo, Lidl, Fonic, etc.) der Telefónica Deutschland verantwortlich. Bevor er in den Mobilfunk einstieg, hatte er sich mit Kundenbetreuung und Logistik beschäftigt, zuvor war er beim Internet-Anbieter AOL tätig.

Ganz bewusst hat sich die Tui-Connect in Hamburg angesiedelt, als kleine schnelle Organisation mit 15 bis 20 Leuten, "ähnlich einem Startup, aber in einem großen Konzern", vielleicht auch weil "digitales Denken in Hamburg eine Tradition" hat. Einige leitende Mitarbeiter von Tui-Connect arbeiteten vorher bei anderen Hamburger Telekommunikations-Unternehmen.

Marktbeobachtungen hätten ergeben, dass die typischen Kunden, die einen internationalen Pauschalurlaub buchen, im Alter 35plus zu finden seien. Daneben gibt es in Deutschland preisbewusste Kunden, die viel online sind und überwiegend Daten übertragen möchten - somit sei die Zielgruppe des neuen Anbieters recht homogen.

Czeschlik: Mit Tui-Connect verfolgt der Reisekonzern ein langfristiges strategisches Ziel

Der Travel & Connect für EU-Reisen bis zu 10 Tagen Der Travel & Connect für EU-Reisen bis zu 10 Tagen
Bild: Tui Connect GmbH
Normalerweise begegnet ein Kunde dem Reise-Unternehmen bei der Findung eines Urlaubsziels und der Buchung der Reise. Dann ist man statistisch gesehen im Schnitt 10 Tage im Urlaub und kommt (hoffentlich) gut erholt zurück. Dem Reiseanbieter bleibt dann nur noch die Hoffnung, dass der Kunde in 9 bis 12 Monaten wiederkommt und eine neue Reise bucht. Mit Tui-Connect möchte das Unternehmen die Marke Tui auch außerhalb der Urlaubszeit in das tägliche Leben der Kunden bringen und ist der Ansicht, dass Mobilfunk einen deutlich positiven Eindruck hinterlässt. Falls die nächste Reise ansteht, könnten die Chancen steigen, dass wieder Tui gewählt wird.

Der Konzern verkauft nicht nur in Deutschland, sondern auch in Großbritannien Urlaubsreisen. Das Thema Mobilfunk stand lange nicht auf der Agenda. Reisende mussten entweder ihre heimische SIM-Karte mitnehmen, oft zu sehr teuren Roaming-Tarifen oder sich am Zielort auf eigene Faust eine lokale Karte besorgen, was schwierig ist, wenn man die Sprache des besuchten Landes entweder gar nicht oder nur schlecht versteht.

75 bis 80 Prozent der Mobilfunkkunden schalte im Ausland das Datenroaming aus, denn die Masse der unbedarften Urlauber habe Angst vor den Kosten, behauptet Czeschlik. Zwar gebe es inzwischen auch Angebote der großen Netzbetreiber wie einen Tages- oder Wochenpass, doch die Kunden könnten das nicht einschätzen. Hier will Tui-Connect das Reiserlebnis aufwerten, mit flexiblen und transparenten Tarifen. Eine Smartphone-App informiert zudem permanent über die aufgelaufenen Kosten. Ziel soll laut Tui sein, das Smartphone oder Tablet im Urlaub wie daheim unbefangen zu verwenden.

Primäre Zielgruppe sind EU-Reisende, später auch weltweite Roaming-SIM geplant

In der ersten Stufe richtet sich Tui-Connect an Reisende innerhalb der EU. Hier kommt dem Unternehmen die aktuell verzögerte EU-Regulierung zur Hilfe: Eigentlich war geplant, bis Ende 2015 sämtliche Roaming-Gebühren abzuschaffen, jetzt wird über neue Regelungen im Jahre 2018 diskutiert, in diese Lücke möchte Tui-Connect stoßen.

Im zweiten Schritt, sollen auch Reiseziele außerhalb der EU preislich attraktiver werden. Dazu will Tui-Connect eine SIM-Karte mit mehreren Identitäten (Multi-IMSI) entwickeln, die sich im Reiseland als lokale SIM-Karte einbuchen kann, aber unter einer deutschen Rufnummer erreichbar bleibt. Abgehende Telefonate und Datenverbindungen würden dann zu fast örtlichen Preisen möglich und damit deutlich günstiger als bisher.

Die Mehrheit der deutschen Urlaubsreisenden fährt offenbar aktuell in die EU. Bei den außereuropäischen Zielen steht die Türkei auf der Prioritätenliste, konventionelle deutsche Anbieter berechnen hier teilweise noch hohe Tarife. Aber auch Telefonieren in Zielländern wie beispielsweise der Karibik sind mit einem deutschen Vertrag derzeit unerschwinglich, hier sieht Czeschlik einen interessanten Markt.

Das Thema Roaming-SIM-Karten ist ja nicht neu, für Czeschlik seien "andere Anbieter zu früh" da gewesen. Damals habe man die Sprachtelefonie als das Hauptthema angesehen, heute spiele das kaum noch eine Rolle. Deswegen setzt Tui-Connect auf Tarife in "Einheiten", die der Kunde als Sprachminute, SMS oder als Daten-MB verwenden kann.

Auf der folgenden Seite geht es um weitere spannende Themen wie das Netz-Roaming zwischen o2 und E-Plus für Kunden von Tui-Connect. Außerdem erläutert Kai Czeschlik die Pläne für LTE, die aktuellen und geplanten Vertriebskanäle - und wir stellen die neuesten Tarife vor.

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