Neue EU-Richtlinie für grenzüberschreitendes TV
Grenzenloses Streaming von Fernsehen bleibt weiter ein Traum
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Das Europäische Parlament hat einer neuen Richtlinie, die grundsätzlich eine grenzüberschreitende Verbreitung und Weiterverbreitung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen erleichtern soll, zugestimmt. Der für den digitalen Binnenmarkt zuständige Vizepräsident Andrus Ansip und die EU-Kommissarin für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft Mariya Gabriel äußerten sich hierzu in einer gemeinsamen Erklärung wie folgt: "Wir begrüßen die Annahme der Richtlinie über Fernseh- und Hörfunkprogramme durch das Europäische Parlament. Mit der heutigen Abstimmung schließen wir die 2015 eingeleitete Modernisierung des EU-Urheberrechts ab und kommen der Vollendung des digitalen Binnenmarkts einen guten Schritt näher. Hörfunk- und Fernsehprogramme sind eine wichtige Quelle für Informationen, Kultur und Unterhaltung für die europäischen Bürgerinnen und Bürger.
Die neuen Vorschriften werden für einen besseren Zugang zu solchen Programmen in der gesamten Union sorgen, was der kulturellen Vielfalt zugutekommt. Sie werden es europäischen Rundfunkveranstaltern erleichtern, einen Großteil ihrer Fernseh- und Hörfunkprogramme in allen EU-Ländern online verfügbar zu machen und gleichzeitig sicherzustellen, dass Kreativschaffende, Urheber und Rechteinhaber in angemessener Weise für die Nutzung ihrer Inhalte vergütet werden".
Internet-TV-Zuschauer sollen profitieren
Grenzenloses Streaming von Fernsehen bleibt weiter ein Traum
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Besonders davon profitieren sollen die 41 Prozent der Europäer, die über das Internet fernsehen, aber auch die sprachlichen Minderheiten und die 20 Millionen EU-Bürger, die im EU-Ausland leben. "Zusammen mit den Portabilitätsvorschriften, die es den Europäern ermöglichen, mit ihren Online-Abonnements zu reisen, mit der Umsetzung des Vertrags von Marrakesch zur Verbesserung des Zugangs blinder und sehbehinderter Menschen zu Büchern sowie mit der neuen Urheberrechtsrichtlinie, mit der greifbare Vorteile für die Bürger, die Kreativbranche und die Presse geschaffen werden sollen, vollenden wir so unsere breiter angelegte Initiative, mit der wir das Urheberrecht für das digitale Zeitalter auf den neuesten Stand bringen wollen", so Ansip und Gabriel.
Die Richtlinie ergänzt die bestehende Satelliten- und Kabelrichtlinie, die eine grenzüberschreitende Satellitenübertragung und die Kabelweiterverbreitung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen aus anderen Mitgliedstaaten bereits erleichtert hat.
Vieles bleibt wie bisher
Die Regeln für Online-Übertragungen von Rundfunkveranstaltern gelten für alle Hörfunkprogramme, allerdings nur für bestimmte Fernsehprogramme: Nachrichten- und politische Informationssendungen sowie vollständig selbst finanzierte Eigenproduktionen von Rundfunkveranstaltern. Jegliches zugekauftes Material, vor allem non-fiktionale Inhalte oder Dokus, aber vor allem Sportübertragungen, wird weiter nur länderbezogen verfügbar sein. Damit ändert sich im Prinzip nicht viel: Schon heute stellen ausländische Fernsehprogramme eigenproduzierte Inhalte kostenlos im Internet bereit, während die linearen Programme aufgrund eines Geoblockings zumeist nicht zugänglich sind.
Laut einer Einschätzung der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR) entstünden jedoch neue Möglichkeiten für Rundfunkveranstalter aufgrund des Ursprungslandprinzips, das die Lizenzierung von Rechten erleichtern wird, bestimmte Sendungen in ihren Online-Diensten grenzüberschreitend verfügbar zu machen.
Die APR hofft zudem auf eine größere Auswahl an Hörfunk- und Fernsehprogrammen, die von Weiterleitungsdiensten über das Internet-Fernsehen, Satellit, digitales terrestrisches Fernsehen, Mobilfunknetze oder über das Internet angeboten werden. Die Richtlinie wende einen erleichterten Mechanismus zur Klärung und zum Erwerb von Rechten – das System der obligatorischen kollektiven Rechtewahrnehmung – auf Weiterleitungsdienste an, die nicht über Kabel, sondern beispielsweise über das Internet erbracht werden. Dadurch werde es einfacher, die für die Weiterverbreitung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen aus anderen Mitgliedstaaten erforderlichen Genehmigungen zu erhalten.
Der vom Europäischen Parlament angenommene Text muss nun noch förmlich vom Rat der Europäischen Union gebilligt werden, womit gerechnet wird. Sobald er im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde, haben die Mitgliedstaaten 24 Monate Zeit, die neuen Vorschriften in nationales Recht zu überführen.