Telekom klagt gegen Unitymedia-Übernahme durch Vodafone
Wie bereits im vergangenen Jahr angedeutet will die Deutsche Telekom die Übernahme des Kölner Kabelnetzbetreibers Unitymedia durch Vodafone juristisch anfechten. Anfang Februar gingen drei Klagen gegen die Fusionsgenehmigung durch die EU-Kommission beim EU-Gericht ein, wie ein Sprecher heute bestätigte. Neben Telekom Deutschland klagten demnach die Unternehmen NetCologne und Tele Columbus auf Nichtigerklärung.
Die EU-Kommission hatte im Juli 2019 unter Auflagen die Vodafone-Übernahme des Kabelgeschäfts von Liberty Global - in Deutschland unter dem Namen Unitymedia tätig - in Deutschland, Tschechien, Ungarn und Rumänien genehmigt. Vodafone verfügt mit dieser Entscheidung über ein bundesweites Kabelnetz.
Vodafone-Unitymedia-Fusion: Branche lehnt Bedingungen ab
Die Fusion von Unitymedia mit Vodafone bleibt ein Knackpunkt für die Branche.
Bild: dpa
Die EU-Kommission hat heute der 18,4 Milliarden Euro schweren Übernahme der Liberty Global Kabelnetze in Deutschland, Tschechien, Ungarn und Rumänien durch Vodafone zugestimmt. Die Entscheidung löste unterschiedliche Reaktionen aus. Vodafone Deutschland Chef Hannes Ametsreiter zeigte sich – wenig überraschend – sehr erfreut: „Ab jetzt können wir unser Versprechen einlösen – und in den nächsten drei Jahren insgesamt 25 Millionen Haushalte mit Gigabit-Geschwindigkeit versorgen. Damit machen wir Gigabit massentauglich“, verspricht er in einer Stellungnahme.
Fusion nur mit Auflagen
Die Fusion von Unitymedia mit Vodafone bleibt ein Knackpunkt für die Branche.
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Die Kommission macht Vodafone jedoch einige Auflagen: So muss der Konzern hierzulande unter anderem nach erfolgter Übernahme sein Kabelnetz für Telefónica Deutschland öffnen. Das ist Teil eines Maßnahmenpaketes, das Vodafone selbst vorgeschlagen hatte, um die EU-Kommission positiv zu stimmen. Für Ametsreiter waren diese Vorschläge ein Schritt in Richtung mehr Wettbewerb. „Unser Maßnahmenpaket hebt den Wettbewerb in Deutschland auf eine ganz neue Stufe. Es ist gut für den Verbraucher. Gut für den Wettbewerb. Und gut für die Fernsehsender“.
Telekom: Gegen die Entscheidung vor Gericht?
Das sehen die Mitbewerber nicht unbedingt so. So sagt Andreas Middel, Sprecher der Deutschen Telekom: „Wir sind überzeugt, dass die Auflagen nicht ausreichen, negative Auswirkungen im Bereich der Medien- und Programmvielfalt abzuwenden. Fast die gesamte Branche hat gegenüber die EU-Kommission deutlich gemacht, dass die Fusion den ohnehin schon schwierigen Glasfaserausbau in Deutschland nicht voranbringt, sondern im Gegenteil noch erschwert. In den Kabelgebieten werden - unterstützt durch das Nebenkostenprivileg - weitere Kabelmonopole entstehen. Nicht nur der Telekom, sondern der gesamten Branche bleibt damit ein wichtiger Markt verschlossen.“ Möglicherweise wird die Telekom wegen den Fusionsbedingungen sogar vor Gericht ziehen: „Wir werden die Entscheidung der Wettbewerbsbehörde intensiv analysieren und dann entscheiden, ob eine gerichtliche Überprüfung zum Schutz des Wettbewerbs geboten ist“, so Middel.
BREKO: Fusion erzeugt "Glasfaser-Diaspora"
Auch der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) bleibt bei seiner Warnung vor dem Zusammenschluss zwischen Vodafone und Unitymedia: Dieser wird nach Auffassung des Glasfaserverbands zu einer erheblichen Einschränkung des Wettbewerbs führen. Auf dem „klassischen“ Kabelmarkt könne der Zusammenschluss nach Auffassung des BREKO insbesondere negative Auswirkungen auf dem Gestattungsmarkt, also dem Markt für Verträge mit der Wohnungswirtschaft haben. Hier liege der Marktanteil von Vodafone künftig bei rund 75 Prozent. Dies werde – ungeachtet des Netzzugangs für Telefónica – in den meisten Fällen auch ein Monopol in puncto Kabel-Internet bedeuten: Da in den Gestattungsverträgen meist entsprechende Exklusivitätsvereinbarungen zugunsten der Kabelanbieter vorhanden sind, könne die Wohnungswirtschaft keine weiteren Verträge – etwa mit regionalen TK-Anbietern für Glasfaseranschlüsse bis in den Keller des Gebäudes (FTTB) oder bis direkt in die Wohnungen (FTTH) – mehr vereinbaren.
Kleinere Glasfaseranbieter benachteiligt
Mindestens ebenso erheblich seien die negativen Effekte auf den Telekommunikationsmarkt – und hier insbesondere auf den Ausbau von reinen Glasfaseranschlüssen, also FTTB/FTTH-Netzen, in Deutschland. Bei einer gemeinsamen TK-Marktbeherrschung des künftigen Vodafone-Kabelnetzes (inklusive Netzzugang für Telefónica) und Deutscher Telekom verbleibe kaum mehr Potenzial für einen Glasfaser-Ausbau in diesen Gebieten, wiederholte der BREKO seine bereits öfter dargelegte Argumentation. Dies würde vor allem lokal und regional tätige Unternehmen gefährden, die den Glasfaserausbau vorantreiben. Für einen rentablen Glasfaserausbau bliebe somit praktisch kein Raum mehr. Die für Breitband-Internet ausgebauten Kabelgebiete würden so auf Jahre zur „Glasfaser-Diaspora“.
„Ähnlich wie die Deutsche Telekom mit (Super-)Vectoring setzen auch die großen Kabelnetzbetreiber mit ihren Koax-Kabeln auf Kupfer auf der letzten Meile und vermeiden so Investitionen in zukunftssichere, reine Glasfaser“, sagt BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers. Der Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Kartell- und Regulierungsrecht an der Universität Köln, Torsten Körber, warnte daher bereits im vergangenen Jahr: „Nach dem Zusammenschluss besteht die Gefahr, dass jedenfalls Vodafone nicht mehr in den Glasfaserausbau investieren wird.“
Der BREKO bedauert zudem, dass die EU-Kommission Vodafone nicht zur Auflage gemacht hat, dass langfristig mit der Wohnungswirtschaft laufende Verträge ein Sonderkündigungsrecht erhalten. Nur so kann nach Auffassung des BREKO Wettbewerb ermöglicht werden, indem es auch Dritten möglich wird, Angebote auf Basis reiner Glasfaser (FTTB/FTTH) zu machen.
Über die Entscheidung der EU-Kommission haben wir in einem weiteren Beitrag berichtet.