Wann kommt die EU-Entscheidung zur Unitymedia-Fusion?
Valentina Daiber, Vorständin für Recht und Unternehmensentwicklung bei Telefónica Deutschland Holding freut sich auf den Zugriff auf das TV-Kabelnetz von Vodafone-Unitymedia
Foto: Telefónica Deutschland (o2)
Eigentlich dachten wir, dass die Entscheidung der EU-Kommission zur geplanten "Fusion" von Vodafone und Unitymedia längst entschieden sei. Offenbar ist sie das aber noch nicht. "Wir warten auf Rauch aus Brüssel", formulierte es eine mit dem Geschehen vertraute Person gegenüber teltarif.de. "Die EU-Kommission wollte bis Juli entscheiden und Juli ist jetzt."
Branchenkenner wissen, dass als "offizieller Termin" die "Entscheidung bis am 23.7." im Raume steht. Erfahrungsgemäß gebe die EU ihre wichtigen Entscheidungen "immer Mitte der Woche" bekannt.
Gruß aus München nach Brüssel
Valentina Daiber, Vorständin für Recht und Unternehmensentwicklung bei Telefónica Deutschland Holding freut sich auf den Zugriff auf das TV-Kabelnetz von Vodafone-Unitymedia
Foto: Telefónica Deutschland (o2)
Nun hat sich in die aktuelle Diskussion Valentina Daiber, beim Netzbetreiber Telefónica-Germany (o2) für Recht und Compliance zuständig, im firmeneigenen Blog zu Wort gemeldet.
"Die Frequenzauktion liegt hinter uns", schreibt sie, "da steht schon die nächste richtungsweisende Entscheidung zur Zukunft des deutschen Telekommunikationsmarktes an: Die Europäische Kommission entscheidet in Kürze darüber, ob Vodafone weite Teile des europäischen Kabelnetzes von Liberty Global kaufen darf."
Zurück zum Einheitskabelnetz?
Für Deutschland gehe es (...) erstmals seit der Liberalisierungswelle der 1990er und frühen 2000er Jahre darum, ob es wieder ein einheitliches deutschlandweites Kabelnetz geben solle. Die Kommission, genauso wie zahlreiche Marktteilnehmer – auch Telefónica – sahen das kritisch, weil eine solche Konsolidierung eine deutliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs in Deutschland befürchten ließ.
Attraktive Alternative zum Netz der Telekom
Nur eine Öffnung dieses konsolidierten Kabelnetzes für einen leistungsstarken Anbieter könnte dieses Marktproblem beheben, fanden viele Kritiker. Im April entschied sich Vodafone "nach intensiven Verhandlungen", sein Kabelnetz für Telefónica Deutschland zu öffnen, falls die Transaktion von der EU-Kommission genehmigt werde. Dadurch könnte Telefónica auf diesem Netz dann Highspeed-Breitbandinternetdienste sowie Sprachtelefonie, internet-basierte TV-Dienste und Bündelprodukte anbieten.
Für Telefónica ist das interessant, da es seinen Kunden eine "attraktive Alternative zum schnellen DSL-Netz der Deutschen Telekom", das aktuell die alleinige technologische Basis der von o2 angebotenen Festnetzprodukte ist, bieten könne. Telefonica hätte dann deutschlandweit die Möglichkeit, bis zu 24 Millionen Haushalte mit kabelbasierten Diensten versorgen. "Das würde hohe Surfgeschwindigkeiten zu attraktiven Konditionen und eine größere Auswahl an Angeboten bedeuten".
Neue Struktur im Markt?
Wird die EU-Kommission die RE-Fusion der TV-Kabel-Netze von Unitymedia (inkl. Kabel-BW) und Vodafone (inkl. Kabel-Deutschland) erlauben?
Foto: Picture Alliance / dpa
Die Öffnung von Vodafones Kabelnetz verändere die Struktur des Festnetzmarktes grundlegend. Es schaffe nicht nur zum ersten Mal überhaupt Wettbewerb im Gestattungs- oder Wholesale-Markt für Festnetzprodukte. Bisher war die Telekom hier die einzige Adresse, an die man sich als Anbieter wenden konnte.
Wir bringen alles mit, um den Wettbewerb zu beleben
Diese Lösung sorge dafür, dass sich die Netzbetreiber einem Infrastrukturwettbewerb stellen müssen, um attraktiv für Wholesale-Abnehmer zu sein. Das dürfte sich doppelt positiv auswirken: Zum einen durch eine gesteigerte Leistung, von der die Kunden profitieren könnten; zum anderen durch mehr Investitionen in zugrundeliegende Infrastruktur, findet Daiber.
Und weiter: "Das Zugangs-Abkommen ist gut für den deutschen Markt. Telefónica Deutschland ist ideal positioniert, um den Festnetzwettbewerb in Schwung zu bringen. Wir haben die finanziellen Mittel, die Expertise und einen starken Anreiz, uns in den Kampf um die Gunst der Kunden zu stürzen."
Daiber stellt abschließend fest: "Jeder Zweite in Deutschland nutzt unser Netz, und wir wollen die steigende Nachfrage dieser Menschen nach konvergenten Produkten bedienen. Wir freuen uns auf die Herausforderung."
Es gibt die Telekom und sonst...?
Fakt ist, dass viele Festnetzanbieter es aufgegeben haben, eigene Leitungen zu verlegen, weil das ein teures und schwieriges Geschäft sein kann. Sie setzen lieber auf die Großhandelsprodukte der Deutsche Telekom. Deren Preise sind reguliert, werden aber von vielen Anbietern als "zu teuer" empfunden, liegen aber immer noch unter den Preisen, welche die konkurrierenden Anbieter ausgeben müssten, wenn sie es "selbst" tun wollten.
Warum keine Öffnung für alle Netzbetreiber?
Der neutrale Beobachter fragt sich, warum Vodafone nicht gezwungen wird, seine Zugänge zu den Endkunden jedem daran interessierten Telekommunikationsanbieter (einschließlich der Deutschen Telekom) zu öffnen. Dann könnte beispielsweise die Telekom auch Kabel-TV-Anschlüsse verkaufen, die technisch im bisherigen Netz von Unitymedia realisiert werden. Die reine Vermietung von unbeschalteten Kabeln wird aufgrund der Art der "Kabel"-Netze wohl kaum möglich sein. Aber die Zeiten, wo die Telekom selbst noch in allen Regionen eigene Leitungen verlegt und angeboten hat, scheinen längst vorbei zu sein.
Das Nebenkostenprivileg
Was vermutlich auch gekippt werden könnte, ist das Nebenkosten-Privileg, das es Hausbesitzern erlaubt, Kabel-TV-Anschlüsse über die Miete abzurechnen. Viele Mieter haben dann einen Kabel-TV-Anschluss, den sie mit ihrer Miete schon bezahlt haben, einzeln wäre dieser vermutlich wesentlich teurer. Die Mieter können heute schon entscheiden, ob sie ihren Telefonanschluss von der Telekom oder über die Kabel-TV-Anlage im Haus über den dahinter liegenden Anbieter beziehen wollen.