EU-Urheberrecht: Einigung erreicht
Verlierer der Urheberrechts-Reform dürften Plattformen wie Google News sein.
Bild: picture alliance/ Lukas Schulze
Nun ist dann doch schnell gegangen. Noch Ende Januar hatte es so ausgesehen, als sei eine Einigung über die umstrittene EU-Urheberrechtsreform in weite Ferne gerückt. Gestern Abend hat dann der Vizekommissionspräsident Andrus Ansip via Twitter weißen Rauch aufsteigen lassen. „Einigung geschafft“, zwitscherte er. „Die Europäer werden endlich moderne, an das digitale Zeitalter angepasste Regeln zum Urheberrecht erhalten.“
Obligatorische Lizenz-Prüfung
Verlierer der Urheberrechts-Reform dürften Plattformen wie Google News sein.
Bild: picture alliance/ Lukas Schulze
Der gemeinsame Vorschlag von EU-Staaten, Kommission und Parlament schreibt in Artikel 13 Internetseiten und Apps vor, von Nutzerinnen und Nutzern hochgeladene Inhalte auf Urheberrechtsverletzungen zu prüfen – und zwar noch vor Veröffentlichung. Bei Verstößen muss der Upload verhindert werden. Damit sind praktisch alle Plattformen, die Nutzerinhalte hosten, in der Pflicht, Upload-Filter zu installieren.
Ausnahmen sollen nur gelten, wenn die Plattform jünger als drei Jahre ist, der Jahresumsatz weniger als 10 Millionen Euro beträgt und es weniger als 5 Millionen Nutzer pro Monat gibt. Die Betreiber müssen zudem belegen können, dass sie „größte Bemühungen“ unternommen haben, um sich Lizenzen von den Urhebern einzuholen. Damit seien aber auch viele kleine Unternehmen und Organisationen betroffen, gab die Piraten-Abgeordnete Julia Reda zu bedenken. Deutschland hatte zuletzt gefordert, dass alle Unternehmen mit einem Jahresumsatz von unter 20 Millionen Euro ausgenommen werden.
Auch YouTube betroffen
Das ist mit ein Grund, warum die Upload-Filter so umstritten sind. Sie sind nämlich für kleine Anbieter teuer und schwer umzusetzen. Sie sind zudem fehleranfällig. Kritiker werfen ihnen vor, auch Parodien und Zitate zu blockieren, die eigentlich legal sind und nennen das dann Zensur.
Artikel 13 könnte auch Plattformen wie YouTube empfindlich treffen. Die Plattform müsste dann einen riesigen Anteil seines Contents lizenzieren, was enorme Kosten verursachen würde. Google hat bereits gedroht, dass die Reform dazu führen könnte, dass sich Plattformen wie YouTube gezwungen sehen, nur mehr Inhalte von wenigen großen Unternehmen zuzulassen.
Kritiker warnen auch vor einem geteilten Internet und können das auch begründen: Die bereits im Mai 2018 in Europa getretene Kraft getretene DSGVO haben verschiedene außereuropäische Plattformen erst gar nicht umgesetzt. Stattdessen sind die Seiten nun aus Europa nicht mehr zu erreichen. Aus Kostengründen könnte das neue EU-Urheberrecht ähnlich Folgen haben.
Google & Co sollen zahlen
Fast genauso umstritten wie Artikel 13 ist der Artikel 11. Er stellt Presseverlegern ein Leistungsschutzrecht in Aussicht. Das soll ihre Position gegenüber Nachrichtensuchmaschinen wie Google deutlich stärken. Plattformen wie Google News zahlen nämlich derzeit kein Geld an die Verlage, obwohl sie große Mengen ihres Contents nutzen und über Werbung monetarisieren. Der Entwurf sieht nun eine starke Einschränkung der Nutzung vor. Künftig sollen nur noch die Anzeige von Hyperlinks, einzelnen Worten und kurzer Textausschnitte lizenzfrei zugelassen werden. Überschriften oder ganze Sätze hingegen werden verboten.
Von dieser Regelung werden aber nicht alle Content-Anbieter profitieren. Vor allem die kleinen Verlage und Nachrichtenseiten sind auf die Reichweite angewiesen. Und von dem erhofften Geldregen würden besonders die großen Verlage profitieren, wie eine Analyse von golem.de ergeben hat. Danach sollen bei Einführung des EU-Leistungsschutzrechts 64 Prozent der Einnahmen in Deutschland allein an den Axel-Springer-Verlag gehen.
Aus für Google News?
Den großen Aggregatoren gefällt diese Regelung naturgemäß auch nicht. Google etwa droht als Konsequenz, den Nachrichtendienst Google News einzustellen. In Spanien hat Google diese Konsequenz bereits 2015 gezogen, nachdem dort ein ähnliches Gesetz in Kraft getreten war. Wie eine Untersuchung zeigte, waren auch hier vor allem die kleineren Verlage die Leidtragenden von der Neuregelung.
Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger hingegen begrüßten den Entwurf. Die Übereinkunft biete den Verlagen erstmals die Chance, mit den großen Tech-Plattformen über die Nutzung ihrer Inhalte zu einem fairen Preis zu verhandeln, heißt es in einer Stellungnahme. „Dieses Recht wird digitale Innovationen fördern und die Vielfalt professioneller digitaler Medienangebote deutlich erhöhen“ Und weiter: „Dies ist ein guter Tag für die Meinungs- und Pressevielfalt in Europa und der Welt.“
Auch bei der GEMA sieht man den Entwurf positiv: „Wir begrüßen die heute zwischen den EU-Institutionen erzielte Einigung zum Urheberrecht. Dank der Richtlinie müssen Online-Plattformen Urheber für die Nutzung ihrer Werke endlich fair bezahlen“, sagt Vorstandsvorsitzender Harald Heker. Der Entwurf festige die Position der Kreativschaffenden, so Heker weiter. „Nun ist das Europäische Parlament gefragt, grünes Licht für ein modernes Urheberrecht zu geben.“
Wikimedia: Positiv für gemeinfreie Werke
Zustimmung kommt auch aus einer unerwarteten Ecke, nämlich von Wikimedia: „Das Europäische Parlament und der Rat haben vereinbart, dass an originalgetreuen Reproduktionen gemeinfreier Werke keine neuen Rechte entstehen werden, wodurch sichergestellt wird, dass digitale Abbilder gemeinfreier Werke genauso frei von ausschließlichen Rechten bleiben wie die Originalwerke, die sie zeigen. Dies wird Rechtsstreitigkeiten und Ungewissheiten, wie sie etwa in der Klage des Reiss-Engelhorn-Museums zum Ausdruck kommen (teltarif.de berichtete), vorbeugen, und es wird eine leichtere Einbindung umfangreicher Bestände gemeinfreier Werke in Wikipedia und ihre Schwesterprojekte ermöglichen“, heißt es in einem Blogbeitrag.
Noch ist die Reform aber keine beschlossene Sache. Sie muss noch vom Parlament und den EU-Staaten bestätigt werden. Und Julia Reda und andere Gegner der Upload-Filter kämpfen weiter für eine Ablehnung des Textes. Auch YouTube wird seine Lobbyarbeit gegen den Entwurf nicht so ohne weiteres einstellen (s.a. YouTube-Chefin will Protest gegen EU-Urheberrechtspläne). Allerdings: Alle drei EU-Institutionen, Rat, Kommission und Parlament, haben das Papier zusammen ausgehandelt. Da dürfte es schwierig werden, es doch noch zu kippen.