Sammelwut

Tk-Anbieter betreiben "freiwillige Vorratsdatenspeicherung"

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung möchte die Speicherdauer der Anbieter transparenter machen. Kunden sollen wählen können.
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Bei Verbindungen im Internet und am Telefon fallen Daten an, die eigentlich gar nicht gebraucht würden. Sie werden aber oft trotzdem gespeichert. Bei Verbindungen im Internet und am Telefon fallen Daten an, die eigentlich gar nicht gebraucht würden. Sie werden aber oft trotzdem gespeichert.
Fotos: Tomasz Trojanowski/ponsulak - fotolia.com, Montage: teltarif.de
Obwohl Gerichte die umstrit­tene verdachts­lose Vorrats­da­ten­spei­che­rung ausge­setzt haben, sammeln einige deut­sche Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­an­bieter trotzdem von jedem Kunden weiter abrech­nungs­ir­rele­vante Infor­ma­tionen über die Telefon- und Inter­net­nut­zung. Dies ergibt sich aus einer Erhe­bung der Bundes­netz­agentur, die dem Arbeits­kreis Vorrats­da­ten­spei­che­rung vorliegt. Den Unter­nehmen, deren Name die Bundes­netz­agentur nicht bekannt gibt, droht ein Bußgeld.

Konkret wird der Aufent­haltsort bei mobiler Tele­kom­mu­ni­ka­tion (Funk­zelle) eine Woche lang, die welt­weit einma­lige Kennung mobiler Endge­räte (IMEI) bis zu vier Monate lang und die Inter­net­ken­nung (IP-Adresse) bis zu drei Monate lang gespei­chert, ohne dass dies zur Abrech­nung nötig ist. Die im Arbeits­kreis Vorrats­da­ten­spei­che­rung zusammen geschlos­senen Bürger­rechtler, Daten­schützer und Inter­net­nutzer warnen vor den Konse­quenzen dieser „frei­wil­ligen Vorrats­da­ten­spei­che­rung“:

„Dass Mobil­funk­an­bieter bei jeder Verbin­dung den Aufent­haltsort fest­halten, ermög­licht Behörden massen­hafte Funk­zel­len­ab­fragen und kann Unschul­dige in Verdacht bringen, beispiels­weise nach der Teil­nahme an einer Demons­tra­tion“, erklärt Uli Breuer vom Arbeits­kreis Vorrats­da­ten­spei­che­rung. „Zu jeder Inter­net­nut­zung die IP-Adresse zu spei­chern ermög­licht Abmahn­an­wälten, Verbrau­cher tausend­fach wegen angeb­li­cher Urhe­ber­rechts­ver­let­zungen im Internet abzu­kas­sieren, die sie oft nicht begangen haben.“

„Das Ausmaß der frei­wil­ligen Vorrats­da­ten­spei­che­rung ist selbst nach dem Maßstab des indus­trie­freund­li­chen Leit­fa­dens der Bundes­netz­agentur klar illegal und ordnungs­widrig. Wir haben deshalb Anzeige erstattet und die Bundes­netz­agentur sowie die Bundes­da­ten­schutz­be­auf­tragte zum Einschreiten aufge­for­dert.“

Trans­pa­rente Spei­cher­dauer

Bei Verbindungen im Internet und am Telefon fallen Daten an, die eigentlich gar nicht gebraucht würden. Sie werden aber oft trotzdem gespeichert. Bei Verbindungen im Internet und am Telefon fallen Daten an, die eigentlich gar nicht gebraucht würden. Sie werden aber oft trotzdem gespeichert.
Fotos: Tomasz Trojanowski/ponsulak - fotolia.com, Montage: teltarif.de
Der Arbeits­kreis Vorrats­da­ten­spei­che­rung verlangt von der Bundes­netz­agentur, die Spei­cher­dauer jedes Anbie­ters trans­pa­rent zu machen, damit Verbrau­cher Anbieter ohne Vorrats­da­ten­spei­che­rung wählen können. Der Arbeits­kreis Vorrats­da­ten­spei­che­rung warnt außerdem, die geplante ePri­vacy-Verord­nung der EU drohe die „frei­wil­lige Vorrats­da­ten­spei­che­rung“ durch Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­an­bieter massiv auszu­weiten und verlangt ein klares Verbot allge­meiner und unter­schieds­loser Vorrats­da­ten­spei­che­rungen.

Aus Sicht der im Arbeits­kreis Vorrats­da­ten­spei­che­rung zusam­men­ge­schlos­senen Daten­schützer, Bürger­rechtler und Inter­net­nutzer ist eine verdachts­un­ab­hän­gige und wahl­lose Vorrats­spei­che­rung von Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­daten für viele Bereiche der Gesell­schaft höchst schäd­lich: Sie beein­träch­tigt vertrau­liche Kommu­ni­ka­tion in Berei­chen, in denen Menschen auf Vertrau­lich­keit ange­wiesen sind (z.B. Kontakte zu Psycho­the­ra­peuten, Ärzten, Rechts­an­wälten, Betriebs­räten, Ehebe­ra­tern, Kinder­wun­sch­zen­tren, Drogen­miss­brauchs­be­ra­tern und sons­tigen Bera­tungs­stellen) und gefährdet damit die körper­liche und psychi­sche Gesund­heit von Menschen, die Hilfe benö­tigen, aber auch der Menschen aus ihrem Umfeld.

Wenn Jour­na­listen Infor­ma­tionen elek­tro­nisch nur noch über rück­ver­folg­bare Kanäle entge­gen­nehmen können, gefährdet dies die Pres­se­frei­heit und beein­träch­tigt damit elemen­tare Funk­ti­ons­be­din­gungen einer frei­heit­li­chen demo­kra­ti­schen Gesell­schaft. Die verdachts­un­ab­hän­gige und wahl­lose Vorrats­da­ten­spei­che­rung schafft Risiken des Miss­brauchs und des Verlusts vertrau­li­cher Infor­ma­tionen über unsere persön­li­chen Kontakte, Bewe­gungen und Inter­essen.

Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­daten sind außerdem beson­ders anfällig dafür, von Geheim­diensten ausge­späht zu werden und Unschul­dige unge­recht­fer­tigt straf­recht­li­chen Ermitt­lungen auszu­setzen.

Wer ist der Arbeits­kreis Vorrats­da­ten­spei­che­rung?

Der Arbeits­kreis Vorrats­da­ten­spei­che­rung ist ein Zusam­men­schluss von Bürger­recht­lern, Daten­schüt­zern und Inter­net­nut­zern, die sich in Zusam­men­ar­beit mit weiteren zivil­ge­sell­schaft­li­chen Initia­tiven gegen die ausufernde Über­wa­chung im Allge­meinen und gegen die Voll­pro­to­kol­lie­rung der Tele­kom­mu­ni­ka­tion und anderer Verhal­tens­daten im Beson­deren einsetzen wollen.

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