Urlaubs-Verderber

Vorsicht: Smartphone-Nutzung auf Kreuzfahrtschiff ist Kostenfalle

Vor den speziellen Mobilfunknetzen auf Kreuzfahrtschiffen hat teltarif.de mehrmals gewarnt. Doch wenn das Schiff in europäischen Gewässern schippert, vermuten viele Handy-Nutzer, dass das EU-Roaming gilt - ein fataler Fehler.
Von

Schiffsnetze als Kostenfalle Schiffsnetze als Kostenfalle
Bild: AIDA Cruises
Wer auf dem Kreuz­fahrt­schiff Urlaub macht, möchte auf den gewohnten Smart­phone-Komfort nicht verzichten. Da die Welt­meere aber nicht mit zellularen Mobil­funk­netzen versorgt werden (außer vielleicht in Küsten­regionen), haben die Kreuz­fahrt-Reedereien separate Schiffs­netze an Bord als lukrative Ein­nahme­quelle entdeckt: Technischer Vorteil für den Kunden: Er hat an Bord nicht nur WLAN, sondern er kann direkt über ein Mobil­funk­netz telefonieren, simsen und bleibt unter seiner gewohnten Nummer erreichbar.

Was viele Kunden allerdings nicht wissen ist, dass die Nutzung von Schiffsnetzen sehr teuer ist. Meist gelten für die Nutzung keine Regeltarife, sondern die Provider berechnen spezielle Tarife dafür, da die Reederei den Roaming-Partnern horrende Preise abknöpft. Und diese geben die Mobilfunkanbieter an ihre Kunden weiter. Was schon gar nicht an Bord gilt, sind die EU-weit regulierten Preisobergrenzen beim Roaming (Übersicht). Doch wenn das Schiff in europäischen Gewässern unterwegs ist, kommen viele Handy-Nutzer gar nicht auf die Idee, dass das Telefonieren und Surfen an Bord teils horrende Kosten verschlingt. Davor hat teltarif.de mehrfach gewarnt, beispielsweise auch konkret bei Aida Cruises.

Leserin widerspricht Base-Rechnung erfolglos

Schiffsnetze als Kostenfalle Schiffsnetze als Kostenfalle
Bild: AIDA Cruises
Eine Leserin von teltarif.de schrieb an unsere Redaktion:

Ich hab ein Riesen-Problem mit Base. Es geht um Telefonkosten bei einer Aida-Reise, die ich getätigt habe. Ich habe eine Kostensperre einrichten lassen, bei der ab 59,90 Euro ein Cut-Off-Mechanismus greifen sollte. Stattdessen kam es zu einer Handysperrung. In jedem Schreiben von Base gibt es einen neuen Sachverhalt. [...] Ich stritt weiterhin ab, dass ich die Sperre deaktiviert habe. Ich weiß gar nicht wie man die Sperre deaktiviert. Der Kundenservice teilte im Schreiben darauf mit, dass die Kostensperre auf Übersee nicht greift. Das hat mir vorher niemand mitgeteilt. Ich wurde, trotz mehrfacher Telefonate und Besuche im Handyshop nicht darauf hingewiesen. Die Mitarbeiter wissen es anscheinend selbst nicht. Meine unstrittigen Kosten habe ich die ganze Zeit überwiesen. Ich habe mehrfach den Kundenservice aufgefordert, mein Handy freizuschalten. In keinster Form geht der Kundenservice überhaupt auf mein Anliegen ein. Ich bekomme jedes Mal Standardtexte, weil dort Call-Center Mitarbeiter sitzen, die überhaupt keinen Durchblick haben. Ich befinde mich in der zweiten Mahnstufe [...] Einen Anwalt kann ich mir nicht leisten, da ich keine Rechtschutzversicherung habe.

teltarif.de liegen die wichtigsten Teile der Korrespondenz vor, der von Base geforderte Betrag belief sich auf mehrere Hundert Euro. Auf dem Einzelverbindungsnachweis der Kundin ist separat aufgelistet, wann sie mit ihrem Handy auf See wie lange im Internet war und wie viel Datenvolumen dabei angefallen ist. Ein Einzelposten beläuft sich beispielsweise auf 213,68 Euro für 24,56 MB. Bei Gesprächen im Shop wurde die Kundin nicht darüber aufgeklärt, dass der EU-Kostenstopp nicht auf See gilt. Erst als sie gegen die Rechnung Widerspruch einlegte, schrieb Base per E-Mail:

[...] Unabhängig von der Einrichtung einer Kostenobergrenze gilt diese allerdings nicht auf See. Die EU-Regulierung bezieht sich nur auf sogenannte landgebundene, nicht auf satellitengestützte Mobilfunkverbindungen. [...]

Nach einem erneuten Widerspruch der Kundin schlüsselte Base die Kosten für die Verbindungen auf See noch etwas weiter auf und behauptete erneut, die berechneten Kosten für Datenverbindungen seien korrekt erfasst worden:

[...] Auf hoher See gilt der jeweilige Preis des Roamingpartners zuzüglich 21,85 Prozent Bearbeitungszuschlag und Mehrwertsteuer. Ausführliche Informationen finden Sie auch in der Preisliste zu Ihrem Roaming-Tarif.

Das kostet Telefonieren und Surfen auf Aida-Schiffen

Die o2-Preisliste Fähren und Schiffe, Satellitennetze und Inflight [Link entfernt] wird monatlich aktualisiert, der Nutzer muss also monatlich damit rechnen, dass sich diese Tarife ändern. Welche saftigen Preise hierbei verlangt werden, zeigt beispielsweise die Preisliste für August [Link entfernt] . Aida Cruises schreibt auf der Webseite: "Alle Aida-Schiffe sind mit einem Mobilfunknetz von Maritime Communications Partner (MCP), für Sprach-, SMS- und Datendienste (EDGE/UMTS) ausgestattet."

Für MCP verlangt o2 1,64 Euro Minutenpreis für Telefonate nach Deutschland, 1,59 Euro pro Minute für eingehende Gespräche, 89 Cent pro SMS und 2,50 Euro pro 100 kB Daten. Etwas verharmlosend schreibt Aida auf der Webseite: "Alle Dienste werden nach den gängigen internationalen Auslandstarifen berechnet und über Ihre monatliche Mobilfunkrechnung abgerechnet. Bitte erfragen Sie daher die genauen Roaming-Kosten bei Ihrem Anbieter. Der SMS Empfang ist natürlich kostenfrei."

Telefónica scheint bezüglich des Datenroamings auf Aida-Schiffen allerdings mittlerweile die Reißleine gezogen zu haben, denn Aida schreibt weiter: "Leider hat sich o2 dazu entschlossen, den Datenservice an Bord nicht mehr zu unterstützen. Wenn Sie Kunde dieses Providers sind, können Sie in Ihrem Netz telefonieren und SMS empfangen und versenden, die Datenübertragung steht Ihnen damit jedoch nicht zur Verfügung. Unser Tipp: Nutzen Sie zum Surfen einfach eines unserer Internetpakete über das schiffseigene WLAN. So haben Sie auch Ihre Kosten jederzeit im Blick!"

Diese Surftarife kosten von 19 Cent pro Minute für den kurzen E-Mail-Abruf beziehungsweise 25 Euro für 250 MB bis hin zu 99 Euro für 3 GB. Aida-Club-Grün und -Gold-Gäste sowie Premium-Gäste erhalten 250 MB gratis, allerdings nicht pro Person, sondern pro Kabine.

Klärung zieht sich über mehrere Wochen

Als die Kundin sich schließlich hilfesuchend an teltarif.de wandte, schrieb sie dazu: "Hätte ich das alles vorher gewusst, dann hätte ich das Telefon zu Hause gelassen." teltarif.de leitete den Fall an Base weiter und fragte, ob eine Kulanzlösung möglich wäre. Bei der Frage der Abschaltung des Kostenschutzes stand zwar Aussage gegen Aussage, dieser hätte auf hoher See, also netztechnisch außerhalb der EU, aber ohnehin nicht gegriffen. Die Kundin hatte sich von sich aus allerdings auch nicht auf den Webseiten von Base oder Aida über die anfallenden Kosten informiert - und im Shop war sie ungenügend beraten worden. Base bot der Kundin daraufhin an:

Wir kommen Frau [...] entgegen und erstatten ihr aus Kulanz die Hälfte des aktuell noch offenen Betrages. Frau [...]s Anmerkungen zur Beratung werden wir prüfen und unseren Service dahingehend weiter optimieren.

Aufgrund der momentanen Kundenservice-Probleme bei Telefónica dauerte es dann allerdings einige Zeit, bis Base die versprochenen Kosten in voller Höhe erstattet hatte. Außerdem schickte das automatisierte System erneut eine Mahnung an die Kundin, obwohl längst ein Kompromiss vereinbart war. Erst gut einen Monat nach dem Kompromissangebot konnte die Kundin gegenüber teltarif.de melden, dass die gesperrte SIM-Karte wieder freigeschaltet war. An unsere Redaktion schrieb sie abschließend:

Vielen Dank für Ihren Einsatz, Ihre Hilfe und Ihre Bemühungen. Ich kann erst jetzt sagen, dass es erledigt ist. Ich hab zwar immer noch keine Kündigungsbestätigung von o2 und der Empfang ist miserabel, aber das Handy ist freigeschaltet. Ich wurde vom Kundenservice noch zigmal mit Zahlungsaufforderungen attackiert und musste mühsam um die Gutschrift kämpfen, von der niemand etwas wusste. Ich glaube es ist jetzt erledigt, ich hoffe es zumindest. Vielen Dank für alles.

Derartige Kulanzentscheidungen werden bei den Providern stets im Einzelfall getroffen, dass hier die Kommunikation zwischen der Pressestelle und dem Kundenservice von Base so holprig verlief, ist aber keineswegs zufriedenstellend. Gut ist, dass o2 durch die Sperre der Aida-Datenverbindung die eigenen Kunden immerhin zukünftig vor einem Teil der Kostenfalle bewahrt. Per Telefon kann diese aber immer noch ohne Verschulden des Nutzers eintreten, beispielsweise durch eingehende Anrufe.

Es ist also tatsächlich ratsam, das Handy vor dem Betreten des Kreuzfahrtschiffs auszuschalten oder in den Flugmodus zu versetzen, damit keine ungewollten Kosten entstehen. Und wer an Bord mit den von der Reederei angebotenen WLAN-Tarifen surfen will, tut gut daran, dafür ein reines WLAN-Tablet ohne Mobilfunk-Modul zu nutzen. Der Flugmodus vieler Smartphones kann auch so konfiguriert werden, dass nur WLAN funktioniert, aber keine Verbindung zum Mobilfunknetz erlaubt wird.

Mehr zum Thema lesen Sie auf unserer umfangreichen Ratgeberseite zu Schiffsnetzen.

Mehr zum Thema BASE